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Hessischer Apothekerverband warnt vor eigenmächtigem Absetzen von Medikamenten

Auch bei Arzneimitteln ist Geiz nicht geil

Offenbach – Bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr müssen sich die hessischen Apotheken bemühen, verunsicherte AOK-Versicherte aufzuklären. Nach AOK-Angaben wurden im November rund 99.000 Versicherte angeschrieben und u.a. darüber informiert, dass “viele Patienten die Wirkung von Medikamenten überschätzen würden”. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Arzneimittel “gefährliche Komplikationen verursachen” können. Dies sei vor allem dann der Fall, “wenn viele verschiedene Medikamente täglich genommen werden”.

“Gerade ältere und chronisch kranke Patienten kommen mit diesem Schreiben in die Apotheken und sind wegen des Briefes ihrer Krankenkasse total verunsichert. Wir müssen sie nun davon überzeugen, dass sie keinesfalls eigenmächtig eines der Arzneimittel absetzen sollen”, so der Vorsitzende des Hessischen Apothekerverbandes, Dr. Peter Homann. Weshalb die Kassenärztliche Vereinigung (KV) diese Kampagne auch noch unterstütze und damit das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient untergrabe, könne der Apothekerverband ebenso wie zahlreiche niedergelassene Ärzte nicht nachvollziehen.

Eine kürzlich in der renommierten Ärztezeitschrift ‚Archives of Internal Medicine’ veröffentlichten Studie bei Herzinfarktpatienten und Diabetikern aus den USA hatte folgendes Ergebnis: Fast jeder achte Infarktpatient setzte die üblichen drei Medikamente schon im ersten Monat nach der Krankenhausentlassung ab. Und jeder fünfte hielt mindestens ein Arzneimittel für entbehrlich. Das hatte zur Folge, dass jeder zwölfte Todesfall eines Totalverweigerers im ersten Jahr nach der Akutbehandlung vermeidbar gewesen wäre.

“Es gibt überhaupt keine Diskussion darüber, dass durch die Arzneimitteltherapie die Lebensqualität der Patienten erheblich verbessert wird und teure Krankenhausaufenthalte vermieden werden können. Gerade bei Arzneimitteln sei Geiz nicht geil. Hier könne das Motto nur lauten: Mit dem Arzneimittel und nicht an dem Arzneimittel sparen. Wenn die AOK Kosten einsparen wolle, würden die Apotheker ihr dabei gerne behilflich sein. Ein gutes Beispiel sei hier der Hausarzt-/Hausapothekenvertrag mit der Barmer Ersatzkasse, wo das Zusammenspiel zwischen Arzt, Patient und Apotheke hervorragend funktioniere. Dadurch könne die Kasse nicht nur bei Doppelverordnungen von Arzneimitteln, sondern auch bei nicht notwendigen Doppeluntersuchungen bei verschiedenen Ärzten Geld sparen. Allerdings habe die AOK von dieser bereits seit dem Jahr 2004 bestehenden Möglichkeit bisher noch keinen Gebrauch gemacht”, ergänzte Homann.

Beim Hausarzt-/Hausapothekenvertrag schreibt sich der Patient zuerst bei einem Hausarzt seiner Wahl ein. Dieser wird bei einer Erkrankung immer zuerst konsultiert und behält damit den Überblick über die medizinische Behandlung. Anschließend wählt der Patient die Hausapotheke seiner Wahl. Diese führt sein persönliches Medikationskonto und hat damit den Überblick über die Arzneimitteltherapie. Bei Doppelverordnungen oder bei Unverträglichkeiten zwischen verschiedenen Arzneimitteln nimmt der Apotheker Kontakt mit dem Arzt auf.