München – Bundesweit bekommen Vertragsärzte in diesen Tagen mitgeteilt, wie viel sie im kommenden Jahr für die Versorgung ihrer gesetzlich versicherten Patienten ausgeben dürfen. Für viele Kardiologen kommt die Post von der Kassenärztlichen Vereinigung einer bösen Bescherung gleich. Denn anders, als vom Bundesministerium für Gesundheit kommuniziert, wird sich die Honorarsituation für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte in Kürze keineswegs pauschal verbessern. Für Kardiologen scheint sich vielmehr sogar das zu bewahrheiten, was der Bundesverband Niedergelassener Kardiologen (BNK) bereits seit Längerem befürchtet: eine weitere Verschärfung der Lage durch eine viel zu knapp bemessene Honorierung. Wird hier nicht unverzüglich nachgebessert, lässt sich die qualifizierte ambulante Versorgung in Wohnortnähe für gesetzlich versicherte Herzpatienten vielerorts nicht mehr aufrecht erhalten. Ein erster Schritt in Richtung “Staatsmedizin” wäre damit getan.
Ein Drittel aller Leistungen wird nicht mehr vergütet
Ursache für die prekär gewordene Situation vieler Kardiologen sind in erster Linie die hohen Kosten für Technik, Personal und Räume, die mit der Erbringung von hoch spezialisierten Facharztleistungen verbunden sind: In kardiologischen Praxen liegt der Kostenanteil in der Regel bei deutlich über 50 Prozent; bereits heute bekommen niedergelassene Herzspezialisten im Schnitt etwa 30 Prozent ihrer Leistungen nicht mehr bezahlt. In einigen Regionen sollen künftig außerdem kostenintensive Leistungen wie Katheteruntersuchungen in das normale Praxisbudget verlagert werden. In Niedersachsen haben diese Praktiken schon jetzt dazu geführt, dass einzelne Praxen vor dem finanziellen Ruin stehen. Bleibt es bei der für das kommende Jahr festgesetzten Leistungsvergütung, dürfte es in Deutschland ausgerechnet im Fall von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, der Volkskrankheit und Todesursache Nr. 1, in einigen Regionen zu einer dramatischen Verschlechterung der Patientenversorgung kommen. Dem Kostendruck zum Opfer fielen vor allem kardiologische “Extras” wie Gefäßuntersuchungen mit Ultraschall, Untersuchungen von Herzschrittmachern und Defibrillatoren, Venenuntersuchungen oder die Betreuung von Patienten mit Herztransplantaten.
BNK-Vorsitzender Smetak: “Unterfinanzierung trifft Patienten am härtesten und vernichtet Arbeitsplätze”
Für Dr. Norbert Smetak, 1. Vorsitzender des BNK, steht fest, dass die Folgen der Unterfinanzierung weniger die Kardiologen als vielmehr mitunter schwerkranke Patienten sowie Angestellte beträfen: “Über kurz oder lang müssten wir aus Kostengründen Wartelisten einführen. Für Routinebehandlungen müssten Patienten dann entweder sehr lange auf einen Termin beim Arzt ihres Vertrauens warten oder mitunter weite Wege in Krankenhausambulanzen auf sich nehmen, wo sie Einheitsmedizin und Anonymität erwartet. Darüber hinaus würden in Praxen und in angrenzenden Branchen in großer Zahl Arbeitsplätze verloren gehen. Das mag alles wie eine düstere Endzeitprognose klingen, kann aber bald Realität sein.” In Richtung der Kassenärztlichen Vereinigungen spricht der BNK-Vorsitzende deshalb eine deutliche Botschaft aus: “Damit wir Kardiologen unsere Patienten auch weiterhin bestmöglich versorgen und Arbeitsplätze sichern können, fordern wir die Entscheider auf, unverzüglich für eine aus betriebswirtschaftlicher Sicht realistische Honorierung sowie für mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit bei den Berechnungen zu sorgen.”