Berlin – „Olaf lügt!“ So lässt sich nach Auffassung des Bundesverbands Ambulantes Operieren (BAO) die gesundheitspolitische Bilanz der ersten Jahreshälfte 2022 zusammenfassen. Denn die Wahlplakate des SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz, auf denen er der gesamten Bevölkerung Respekt versprach, stehen in eklatantem Gegensatz zur bisherigen Arbeit seiner Bundesregierung. Diese hat schließlich unmittelbar nach ihrem Amtsantritt 250.000 Praxismitarbeiter:innen die ihnen zustehenden Corona-Boni und damit auch den Respekt vor ihren Leistungen während der Corona-Pandemie verwehrt. Auch dass er jetzt, acht Monate später, wesentliche Elemente eines von ihm und Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach mitgetragenen Vorgängergesetz zur Strecke bringt, zeugt nicht von Respekt gegenüber niedergelassenen Vertragsärzt:innen und ihren Patient:innen.
BAO-Präsident Dr. Christian Deindl meint dazu: „Erklärtes Ziel scheint vielmehr zu sein, mithilfe des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes (GKVFinStG) gesetzlich Versicherten dringend benötigte fachärztliche Termine wieder rigoros zu streichen und Fachärzt:innen noch ein unerhörtes Stück weiter bei der Versorgung kranker Menschen zu behindern.“ In ihrer einleitenden Begründung zu diesem Wort- und Tabubruch beklagt die Politik für die kommenden Jahren vor allem den medizinisch-technologischen Fortschritt, die Alterung der Bevölkerung sowie steigende Löhne insbesondere aufgrund des Fachkräftemangels. Für BAO-Vizepräsident Dr. Axel Neumann ist das Augenwischerei: „Die Regierung verschweigt – ohne dabei abwechselnd rot, grün oder gelb zu werden – die wahren Gründe wie verfehlte Arbeitsmarkt- und Niedriglohnpolitik mit entsprechend geringen Sozialbeiträgen zugunsten steigender Unternehmens-, Konzern- und Aktiengewinne.“
Die Kosten des Gesundheitswesens lassen sich auf diese Weise nicht senken. Der Bundesrechnungshof hat schließlich vorgerechnet, wo Scholz tatsächlich Milliarden einsparen kann, ohne noch mehr Schaden anzurichten. „Wenn Scholz und Lauterbach ein zentralistisches Einheitssystem für eine minimalistische Patientenversorgung wollen, wenn die Grünen ein grundsätzliches Problem mit der Schulmedizin haben und die FDP sich als Fanclub privater Klinik- und MVZ-Ketten und deren profitorientierten Investoren versteht – warum sagen sie uns Fachärzt:innen und unseren Patient:innen nicht einfach einmal unmissverständlich und ehrlich heraus die Wahrheit?“, fragt Dr. Deindl.
„Das wirkliche Leben ist kein Untersuchungsausschuss und erfordert anderen politischen Mut als nur den zur Erinnerungslücke“, betont der BAO-Präsident. „Nicht unser Gesundheitssystem ist das eigentliche Problem, sondern eine überforderte und irrational handelnde Gesundheitspolitik! Die Parteidoktrin ersetzt noch lange keine Patientenbrille! Von Respekt zu schwadronieren heißt noch lange nicht auch den nötigen Respekt vor Patient:innen und Ärzt:innen sowie der Lebensleistung vieler Menschen zu haben!“
Während der aktuellen parlamentarischen Sommerpause wichtige Probleme im medialen Sommerloch verschwinden zu lassen, zeugt von Respektlosigkeit gegenüber dem geleisteten Amtseid. Dr. Neumann mahnt daher: „Die Bevölkerung als der eigentliche Souverän unseres Rechtsstaates hat genug von Maskenprovisionen, Konnektoren-Skandal und Digitalisierungsdebakel. Der Digitalisierung ein Einsparpotenzial von über 40 Milliarden Euro anzudichten, ist Hochstapelei – ein wahres politisches Sommermärchen, einfach zu schöngeredet, um auch noch wahr sein zu müssen.“
Vor allem von Bundesgesundheitsminister Lauterbach, der mit grenzenloser Selbstüberschätzung und unverhohlener Geringschätzung gegenüber Pflegekräften, Praxismitarbeiter:innen und Fachärzt:innen angetreten ist, erwartet der BAO eine deutlich bessere zweite Jahreshälfte 2022. Der Verband setzt begründete Hoffnung in die individuellen Kompetenzen der Mitglieder des Gesundheitsausschusses und ihre Bereitschaft, als gewählte Volksvertreter:innen bei ihrer Entscheidungsfindung mehr dem Patientenwohl als der jeweiligen Parteidoktrin zu dienen.
Der BAO vertritt mit den assoziierten Verbänden der Zukunftsgruppe Ambulantes Operieren 2022 zirka 3.000 Fachärzt*innen.