Berlin – Viereinhalb Jahre lang hatten zwei Brüder aus Hamburg das häufig verordnete Magenmittel Omeprazol gefälscht und an deutsche Pharmagroßhändler verkauft. Zwischen Mai 2008 und Februar 2013 sollen rund 600.000 Packungen in die legale Lieferkette geschleust worden sein – das sind rein rechnerisch 10.000 Stück pro Monat. Gestern ging vor dem Landgericht Stuttgart der Prozess zu Ende. Wie der Branchendienst APOTHEKE ADHOC berichtet, muss der Hauptbeschuldigte für vier Jahre ins Gefängnis.
Produziert wurden die Kapseln bei einem spanischen Lohnhersteller, der in bar bezahlt wurde. Ein Kurier holte die Fässer alle zwei Monate ab. Umverpackt wurde die Ware in einer Lagerhalle in Henstedt-Ulzburg nördlich von Hamburg. Umkartons und Beipackzettel wurden im Vorfeld in einer Druckerei auf Grundlage der Originalpackungen hergestellt. Über einen Zwischenhändler, bei dem die Pharmagroßhändler bestellten, gelangten die Packungen schließlich in die Apotheken.
Der Fall flog erst auf, als die Fälscher, die unter falschem Namen und wechselnden Firmenidentitäten auftraten, einen Fehler machten: Ende 2012 reklamierte eine Apotheke beim Originalhersteller, dass in einem Umkarton für die Variante mit 40 Milligramm tatsächlich Kapseln zu 20 Milligramm enthalten waren. Nach zwei bis drei Wochen Recherche war klar, dass etwas nicht stimmte.
Anfang März 2013 wurden in ganz Deutschland knapp 40 Niederlassungen und Geschäftsräume von Pharmagroßhändlern durchsucht. Kurz darauf wurden die beiden Brüder in Hamburg verhaftet, im März dieses Jahres reichte die Staatsanwaltschaft Stuttgart schließlich Anklage gegen die beiden 55 und 51 Jahre Männer ein.
Der Hauptangeklagte muss nach dem Urteil des Landgerichts wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs, widerrechtlicher Nutzung fremder Marken und Inverkehrbringens gefälschter Arzneimittel in 22 Fällen für vier Jahre in Gefängnis. Für seinen Bruder gibt es eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren, da er nur Beihilfe geleistet haben soll. Die Beteiligten haben das Urteil bereits akzeptiert.
Spannend wird die Frage, auf wie viel Schadenersatz die betroffenen Hersteller – unter anderem Ratiopharm und Hexal – hoffen können. Denn von den Einnahmen, die sich laut Staatsanwaltschaft auf knapp 15 Millionen Euro summieren, ist angeblich nicht viel übrig außer einer Sammlung von 2000 Weinflaschen im Gesamtwert von einer Million Euro.
Fälschungen sind in deutschen Apotheken ausgesprochen selten. Umso gravierender war der jetzt abgeschlossene Fall – auch wenn laut Gericht zu keiner Zeit eine gesundheitliche Gefährdung bestand. Die Täter hatten sich ein Produkt ausgesucht, das jährlich rund 11 Millionen auf Kassenrezept verordnet wird. Auf die betroffenen Firmen entfiel in dem Zeitraum rund ein Drittel des Marktes. Entsprechend könnte jede 25. Packung gefälscht gewesen sein.
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