Berlin – Das Bundeskabinett hat heute den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung beschlossen. Es sieht ein Bündel von Maßnahmen für eine gute ärztliche Versorgung in unterversorgten oder von Unterversorgung bedrohten Gebieten vor. Damit soll sichergestellt werden, dass in allen Regionen Deutschlands genügend Ärztinnen und Ärzte für eine wohnortnahe, medizinische Versorgung zur Verfügung stehen. Eine bessere Verzahnung zwischen Krankenhausärzten und niedergelassenen Fachärzten ermöglicht Menschen mit schweren oder seltenen Erkrankungen eine bestmögliche und reibungslose Behandlung.
Hierzu sagte Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr: “Ohne mehr Flexibilität in der Bedarfsplanung und ohne die notwendigen Anreize für die Mediziner in unterversorgten Gebieten droht ein zunehmender Mangel an Hausärzten, aber auch an Fachärzten. Das hat am Ende nicht nur negativen Folgen für die Versorgung der Patientinnen und Patienten, sondern kostet auch mehr. Denn schon heute sind die Ausgaben für Rettungsfahrten und Krankenhauseinweisungen in einigen ländlichen Regionen deutlich höher als in Gebieten mit einem guten ärztlichen Angebot.”
Einige Elemente des Gesetzes im Detail
Keine Nachteile für Versicherte bei Kassenschließung
Das Recht der Versicherten, eine Kasse frei zu wählen, wird gestärkt. Bei unrechtmäßigen Abweisungen durch einzelne Krankenkassen werden die Rechtsfolgen des Eingreifens der Aufsichtsbehörden deutlich verschärft. Auch wird geregelt, dass im Falle von Kassenschließungen ein reibungsloser Übergang sichergestellt wird.
Mehr wettbewerbliche Spielräume für die Krankenkassen
Die Krankenkassen können ihren Versicherten über das gesetzlich festgelegte Angebot hinaus ergänzende Leistungen bei Vorsoge- und Rehamaßnahmen, bei häuslicher Krankenpflege und Haushaltshilfe, bei den nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln oder den Leistungen zur künstlichen Befruchtung anbieten.
Schnellerer Zugang zu Innovationen
Es wird ein rascher und gezielter Zugang von Innovationen in die Versorgung gesichert, indem dem Gemeinsamen Bundesausschuss ein neues Instrument zur Erprobung nichtmedikamentöser Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gegeben wird.
Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung
Der Sicherung einer wohnortnahen, flächendeckenden medizinischen Versorgung dienen insbesondere:
* Eine flexible Ausgestaltung der Bedarfsplanung mit erweiterten Einwirkungsmöglichkeiten für die Länder. Planungsbereiche müssen künftig nicht mehr wie bisher den Stadt- und Landkreisen entsprechen. * Anreize im Vergütungssystem, indem Ärztinnen und Ärzte in unterversorgten Gebieten von Maßnahmen der Mengenbegrenzung ausgenommen werden. Möglichkeit, Preiszuschläge für besonders förderwürdige Leistungen sowie Leistungen von besonders förderungswürdigen Leistungserbringern, die in strukturschwachen Gebieten tätig sind (z.B. mit höherer Versorgungsqualität), zu vereinbaren. * Die Förderung mobiler Versorgungskonzepte. * Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. * Verbesserung der Rechtsgrundlagen für den Betrieb von Eigeneinrichtungen durch Kassenärztliche Vereinigungen und Möglichkeit zum Betrieb von Eigeneinrichtungen durch kommunale Träger. * Ausbau der Möglichkeiten der Delegation ärztlicher Leistungen und der Telemedizin.
Um Überversorgung abzubauen, wird die bestehende Möglichkeit der Kassenärztlichen Vereinigungen erweitert, den freiwilligen Verzicht auf die vertragsärztliche Zulassung finanziell zu fördern. Zudem wird den Kassenärztlichen Vereinigungen ermöglicht, bei der Ausschreibung von Vertragsarztsitzen zur Nachbesetzung in überversorgten Planungsbereichen ein Vorkaufsrecht auszuüben. Das gilt, wenn sich kein Kind, Ehegatte oder Lebenspartner oder ein Vertragsarzt, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich ausgeübt wurde, um die Nachbesetzung bewerben.
Reform des vertragsärztlichen Vergütungssystems
Die vertragsärztliche Vergütung wird flexibilisiert und regionalisiert. Die Kassenärztlichen Vereinigungen erhalten mehr Gestaltungsmöglichkeiten bei der Honorarverteilung. Kassen und Ärzte auf regionaler Ebene haben mehr Eigenständigkeit bei der Vereinbarung der Vergütung. Die Verpflichtung der Selbstverwaltungspartner auf Bundesebene, für die Ärztinnen und Ärzte Richtlinien zur Dokumentation der ärztlichen Behandlungsdiagnosen zu erarbeiten (ambulante Kodierrichtlinien), entfällt. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung wird hierzu verpflichtet. Sie veröffentlicht für jedes Quartal zeitnah nach Abschluss des jeweiligen Abrechnungszeitraums einen Bericht über die Ergebnisse der Honorarverteilung.
Ambulante spezialärztliche Versorgung
Mit der ambulanten spezialärztlichen Versorgung erhalten Menschen mit bestimmten Erkrankungen wie HIV/ Aids, Krebs, Multiple Sklerose und anderen schweren oder seltenen Erkrankungen eine reibungslose interdisziplinäre Behandlung.
Verbesserung des Entlassungsmanagements nach Krankenhausaufenthalt
Das Entlassmanagement wird als Teil des Anspruchs auf Krankenhausbehandlung konkretisiert. Die Verbindlichkeit des Entlassungsmanagements wird hierdurch erhöht.
Stärkung der ambulanten Rehabilitation
Ambulante Rehabilitationseinrichtungen werden den stationären gleichgestellt, indem einheitliche Versorgungsverträge geschlossen werden. Zudem wird für die ambulante Rehabilitation ein Schiedsverfahren zu den Vergütungsverträgen vorgesehen.
Das Gesetz soll im Wesentlichen am 1. Januar 2012 in Kraft treten.
Den Kabinettentwurf und weiter Informationen finden Sie unter: http://www.bundesgesundheitsministerium.de