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Grenzsituationen in der Notfallmedizin: Südwestdeutsche Notärzte fordern Sicherheit bei der Gabe von Medikamenten durch Rettungsassistenten

Experten erarbeiten Entwurf für bundesweite Initiative

Mainz – Gemeinsame Pressemitteilung der Arbeitsgemeinschaft Südwestdeutscher Notärzte, des Berufsverbands Deutscher Internisten, des Bundesverbands der Ärztlichen Leiter Rettungsdienst Deutschland, der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin, der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, des Deutschen Rates für Wiederbelebung – German Resuscitation Council, des Instituts für Notfallmedizin und Medizinmanagement, Klinikum der Universität München, der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz, des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen Rheinland-Pfalz und der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz:

Ist die Gabe von Medikamenten durch nichtärztliches Assistenzpersonal im Rettungsdienst eine Kompetenzüberschreitung oder ist die Nichtverabreichung eine unterlassene Hilfeleistung? Da diese Fragen seit langem rechtlich und medizinisch umstritten sind, handeln Rettungsassistenten und Notärzte täglich in einer Grauzone. Die Arbeitsgemeinschaft Südwestdeutscher Notärzte (agswn) und die Klinik für Anästhesiologie der Universitätsmedizin Mainz fordern gemeinsam mit Vertretern der medizinischen Fachgesellschaften, Juristen und Pharmazeuten Klarheit. Im Rahmen eines Expertentreffens haben sie nun in Mainz einen Entwurf für eine bundesweite Initiative erarbeitet, die einer größeren Handlungssicherheit und einer besseren Patientenversorgung dienen soll.

Deutschland verfügt über ein gut strukturiertes und international anerkanntes arztgestütztes Rettungswesen. Dieses System stellt in Notfällen rund um die Uhr eine hochwertige außerklinische Patientenversorgung mittels speziell ausgebildeter Teams aus Notärzten (Notarzteinsatzfahrzeug oder Rettungshubschrauber) und Rettungsassistenten (Rettungswagen) sicher. Bei bestimmten lebensbedrohlichen Krankheitsbildern kann es jedoch erforderlich werden, Medikamente sofort zu geben, um das Leben des Patienten zu retten, auch wenn der Notarzt erst nach dem Rettungsassistenten am Notfallort eintrifft. „Allerdings ist die Gabe von Medikamenten durch Rettungsassistenten rechtlich und medizinisch in kritischer Diskussion. Nur Notärzte dürfen nach Aufklärung des Patienten die hochwirksamen verschreibungspflichtigen Notfallmedikamente verordnen“, erklärt Prof. Dr. Christian Werner, Direktor der Klinik für Anästhesiologie der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

Seit einigen Jahren gibt es spezielle Regelungen (Notkompetenz), die es auch Rettungsassistenten ermöglichen sollen, in Einzelfällen unter definierten Bedingungen Medikamente anzuwenden. Standardisierte Ablaufprotokolle, spezielle Schulungen und regelmäßige Prüfungen geben den Rettungsassistenten eine relative Sicherheit in Diagnosestellung und Therapie einzelner Erkrankungen. Diese lebensrettenden Maßnahmen ersetzen nicht die erforderliche medizinische Behandlung durch einen Notarzt.

Eine Ausnahme stellt die Behandlung starker Schmerzen dar. Sind diese nicht Symptom eines akut lebensbedrohlichen Krankheitsbildes besteht keine absolute Behandlungsindikation. Jedoch bedeutet dieses für Notfallpatienten eine erhebliche – auch subjektive – Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes. Eine zufriedenstellende Behandlung kann oft durch konservative Maßnahmen, wie Schienen eines Bruchs oder Lagerung, erreicht werden. In den übrigen Fällen ist es aus medizinischer Sicht sinnvoll, eine frühzeitige und effektive Schmerztherapie zu beginnen. Derzeit erlauben die Regelungen des Betäubungsmittelgesetzes keinen Einsatz von hochpotenten Schmerzmitteln (Opioiden) durch Rettungsassistenten. Daher wird in wenigen Rettungsdienstbereichen ersatzweise das Narkosemedikament Ketamin verwendet. Jedoch ist dieses Medikament – wie andere Nichtopioide auch – aufgrund möglicher schwerwiegender Nebenwirkungen zur Behandlung schwerer Schmerzzustände vergleichsweise ungeeignet.

„Daher ist eine Überarbeitung des Betäubungsmittelgesetzes, mit dem Ziel spezielle Opioide in definierten Darreichungsformen bei strenger Indikationsstellung zur Anwendung durch Rettungsassistenten verfügbar zu machen, sinnvoll. Dieses setzt gleichzeitig eine entsprechend erweiterte Ausbildung der Rettungsassistenten sowie die Einbindung der für die Umsetzung verantwortlichen Ärztlichen Leiter Rettungsdienst (ÄLRD) voraus. Ohne die Struktur einer von Hilfsorganisationen unabhängigen ärztlichen Supervision ist diese Verantwortungsübernahme nicht umsetzbar. Aus diesem Grund empfiehlt das Expertengremium eine breite Diskussion der Thematik mit Vertretern der Gesetzgeber, ÄLRD und Rettungsassistenten“, betont Dr. Carsten Lott, Landesvorsitzender Rheinland-Pfalz der Arbeitsgemeinschaft Südwestdeutscher Notärzte e.V. (agswn). Die agswn wird gemeinsam mit der Klinik für Anästhesiologie zeitnah entsprechende Treffen initiieren.

Neben den lebensbedrohlichen Notfallsituationen und starken Schmerzen gibt es auch eine Vielzahl von Akutsituationen, die eine medikamentöse Therapie durch den Notarzt erforderlich machen. In diesen Situationen kommt eine Medikamentengabe durch den Rettungsassistenten nicht in Frage, da das mögliche Risiko von Nebenwirkungen und deren Behandlung die Kompetenz des Rettungsassistenten übersteigt, den zu erwartenden Nutzen eliminiert und damit die Patientensicherheit gefährdet. Zudem fehlt bei diesen „relativen Indikationen“ die rechtliche Grundlage zur Gabe von Medikamenten.

Kontakt

Dr. Carsten Lott Klinik für Anästhesiologie Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Telefon: 06131 17-1, Fax: 06131 17-2628 E-Mail: lott@anaesthesie.klinik.uni-mainz.de Internet: www.klinik.uni-mainz.de

Pressekontakt

Dr. Thomas Luiz, Öffentlichkeitsarbeit agswn e.V. Telefon: 0711-72257657, E-Mail: geschaeftsstelle@agswn.de

Über die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die einzige Einrichtung dieser Art in Rheinland-Pfalz. Mehr als 50 Kliniken, Institute und Abteilungen sowie zwei Einrichtung der medizinischen Zentralversorgung – die Apotheke und die Transfusionszentrale – gehören zur Universitätsmedizin Mainz. Mit der Krankenversorgung untrennbar verbunden sind Forschung und Lehre. Rund 3.500 Studierende der Medizin und Zahnmedizin werden in Mainz kontinuierlich ausgebildet. Weitere Informationen im Internet unter http://www.klinik.uni-mainz.de

Über die agswn

Die agswn, die Arbeitsgemeinschaft Südwestdeutscher Notärzte e.V., wurde im Juli 1983 gegründet. Sie ist der Berufsverband der Notärzte in den Bundesländern Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Saarland und vertritt die berufspolitischen Interessen von rund 1700 Mitgliedern. Mit den anderen Länder-Arbeitsgemeinschaften bildet sie die BAND e.V. (Bundesvereinigung der Arbeitsgemeinschaften der Notärzte Deutschlands). Die agswn steht hierzu mit den beteiligten Länderministerien, den Trägern und Betreibern der Rettungsdienste, den Landesärztekammern und weiteren am Notarzt- und Rettungsdienst beteiligten Organisationen und Institutionen in engem Kontakt und übt eine Beratungsfunktion aus. Der Verein fördert die Aus- und Fortbildung im Notarztdienst sowie wissenschaftliche Tätigkeiten auf dem Gebiet der prä- und innerklinischen Notfallmedizin. Die agswn veranstaltet jährliche notfallmedizinische Tagungen und berufspolitische Seminare zu aktuellen Themen. Darüber hinaus engagiert sich die agswn seit Jahren auf dem Gebiet des notärztlichen Qualitätsmanagements und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Optimierung und Fortentwicklung eines weltweit als vorbildlich anerkannten Notarztsystems in Deutschland.