Berlin – Neuer ZQP-Ratgeber „Gewalt vorbeugen. Praxistipps für den Pflegealltag“ vermittelt pflegenden Angehörigen Tipps, wie sie mit Aggressionen in der Pflege umgehen und Gewalt verhindern können.
Die neue Pflegestatistik zeigt: Über 1,7 Millionen pflegebedürftige Menschen werden in Deutschland ausschließlich durch Angehörige versorgt. Die oft sehr aufwendige häusliche Pflege kann viel Kraft kosten und mitunter zu Konflikten führen – gerade auch bei der Betreuung von Menschen mit Demenz. Dabei können Konflikte und Aggressionen zum Beispiel zwischenmenschlich eskalieren oder sich auch aus dem Krankheitsbild des pflegebedürftigen Menschen ergeben. Sowohl Pflegebedürftige als auch pflegende Angehörige können in einer Pflegesituation also von Gewalt betroffen sein.
Wie wichtig Gewaltprävention in der Pflege ist, verdeutlicht eine Analyse der Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP). Für die Studie wurden über 1.000 pflegende Angehörige zu ihren Erfahrungen mit Konflikten und Gewalt in der häuslichen Pflege rückblickend auf die letzten sechs Monate befragt. Unter anderem berichteten 47 Prozent der Teilnehmer, von psychischem oder körperlichem Gewaltverhalten ihres pflegebedürftigen Angehörigen betroffen gewesen zu sein; 40 Prozent gaben an, dass sie selbst schon gewaltsam gegenüber dem Pflegebedürftigen gehandelt hatten.
Vor diesem Hintergrund gibt die Stiftung nun einen kostenlosen Ratgeber heraus, der Basiswissen und Praxishinweise in einfachen Worten vermittelt. „Wir möchten pflegende Angehörige mit praktischen Tipps dabei unterstützen, Risiken für Eskalationen und Gewalt zu erkennen, zu verstehen und mit pflegetypischen Konflikten möglichst gut umgehen zu können“, erklärte Dr. Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender des ZQP, anlässlich der Vorstellung der Broschüre in Berlin.
Der Ratgeber gibt zunächst Antworten auf grundlegende Fragen, zum Beispiel was genau Gewalt in der Pflege bedeutet, warum sie vorkommt und welche Grundregeln beachtet werden sollten, um vorbeugen zu können. Außerdem bietet die Broschüre viele praktische Empfehlungen, unter anderem wie man das Selbstwertgefühl pflegebedürftiger Menschen stärken, herausforderndem Verhalten von Menschen mit Demenz begegnen und akute Aggressionen entschärfen kann.
Angehörige erfahren in dem Heft zudem, wie sie mit eigener Wut umgehen, Überlastung erkennen und ihre Gesundheit schützen können. Dazu gehört, sich bewusst Auszeiten von der Pflege zu organisieren – auch wenn es schwerfällt. Pflegende sollten prüfen inwieweit sie andere Familienmitglieder oder enge Freunde auf Unterstützung ansprechen können. Außerdem ist es möglich, die Pflege teilweise, vorübergehend oder auch dauerhaft auf professionelle Pflegeangebote zu übertragen.
Falls sich Angehörige bereits in einer schwierigen gewaltnahen Situation befinden, über die sie mit jemandem direkt sprechen wollen, hält der Ratgeber Kontaktinformationen zu Beratungseinrichtungen bereit, die auf das Thema Gewalt in der Pflege spezialisiert sind.
„Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, Pflegebedürftige und Angehörige besser zu unterstützen und vor Gewalt zu schützen. Denn das Thema ist schambesetzt und wird darum leider häufig unter den Teppich gekehrt. Auch in den Familien wird teilweise ungern nachgefragt, selbst wenn man sieht, dass etwas grundsätzlich aus dem Ruder läuft. Damit wird aber die Chance auf Hilfe vertan“, erklärt Suhr, warum sich das ZQP seit Jahren intensiv für Aufklärung und Wissensvermittlung bei dem Thema engagiert.
Der neue ZQP-Ratgeber „Gewalt vorbeugen. Praxistipps für den Pflegealltag“ ist vom Netzwerk Patienten- und Familienedukation e.V. und der Universität Witten/Herdecke im Broschüren-Wettbewerb für Informationsschriften für Patienten ausgezeichnet worden: patientenedukation.de/weiterlesen/archiv/broschuerenwettbewerb-2018
Der Ratgeber ist Teil einer Publikationsreihe, die Angehörigen fundierte, alltagstaugliche Tipps für verschiedene Aspekte der häuslichen Pflege an die Hand gibt. Druckausgaben können kostenlos über die Webseite des ZQP bestellt, die vollständige PDF-Datei direkt heruntergeladen werden: www.zqp.de/bestellen.
Mehr zu diesem Ratgeber und anderen Angeboten der Stiftung gibt es auch auf www.zqp.de.