Köln – Körperliche Aktivität und Sport tun gut. Allerdings bergen sie auch Risiken für Muskeln, Bänder und Gelenke. Wer akute und chronische Schäden durch körperliches Training vermeiden will, sollte sich daher nicht unvorbereitet in sportliche Abenteuer stürzen. Ein hausärztlicher Check-up des Herzkreislauf- und Muskelsystems ist wichtig in Sachen Vorbeugung. Worauf es bei einem solchen Check-up aus orthopädischer Sicht ankommt, erklärt der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie Professor Rüdiger Krauspe, zugleich Direktor der Klinik und Poliklinik für Orthopädie der Heinrich Heine Universität Düsseldorf, am 11. April im Rahmen seines Vortrags beim 3. FIBO MED KONGRESS in Köln.
Auch für Gesundheits- und Fitness-Sportler gilt der bekannte Grundsatz: Vorbeugen ist besser und meist leichter als Heilen. Denn werden Schäden etwa durch falsches oder zu intensives Training chronisch, dann bleibt nicht selten nur noch eine längere Trainingspause als therapeutische Option. Manchmal muss sogar für immer auf die bislang ausgeübte Sportart verzichtet werden. Zu den gefürchteten Schäden zählen etwa chronische Entzündungen der Achillessehne, Knorpelläsionen, das „berühmte Läuferknie“, der bekannte Tennis- und Golferellbogen, außerdem Stressfrakturen und auch Risse der Rotatorenmanschette.
Nicht jede Sportart ist für jeden geeignet
Man könne im Prinzip zwar jeden Sport betreiben, sagt Dr. Markus Konieczny, Mitarbeiter von Professor Rüdiger Krauspe und Oberarzt an der Orthopädischen Universitätsklinik Düsseldorf. „Etwas körperliche Bewegung ist in der Regel immer besser als gar keine“, betont Konieczny. Doch vor allem jene, die sich mehr bewegen wollen oder auch sollten, aber noch nie Sport getrieben hätten oder viele Jahre inaktiv gewesen seien, sollten sich zuvor im Rahmen eines medizinischen Check-ups von einem Arzt untersuchen und beraten lassen. Beispielsweise dazu, welche Art von körperlicher Bewegung mit welcher Intensität für sie geeignet sei. Denn nicht jede Sportart ist für jeden die richtige.
Stärken und Schwächen richtig einschätzen
Wie im Arbeitsleben ist es auch beim Sport: Manche untertreiben, andere hingegen übertreiben, trainieren zu oft, zu lange und auch zu intensiv. Bis es dann zu dauerhaften Schäden kommt. Eine wichtige Rolle in der Prävention spielen Hausärzte. Denn eine beim Check-up besonders schwierige Aufgabe ist die, zu erkennen, ob ein Gesundheits- und Fitness-Sportler beim Training eher zum Untertreiben oder zum Übertreiben neigt oder neigen würde, ob er eher angetrieben oder gebremst werden sollte. Am ehesten meistern könnten diese Aufgabe Hausärzte, sagt Markus Konieczny. Aufgrund ihrer oft langjährigen Kenntnis eines ratsuchenden Patienten könnten sie dessen „Stärken und Schwächen“ sicher am besten einschätzen.
Damit eine solche „Einschätzung“ und die daraus abgeleiteten Empfehlungen auf sicheren Füßen stehen, ist außer einer Untersuchung des Herzkreislauf-Systems auch ein Check-up des „Bewegungs-Apparates“ nicht nur sinnvoll, sondern erforderlich. Im Kern handelt es sich dabei um eine systematische, allgemeine orthopädische Untersuchung des Rumpfes sowie der Extremitäten und der Gelenke.
Die Anamnese steht am Anfang
Ein Check-up beginnt mit einer allgemeinen Anamnese, also mit vielen Fragen, zum Beispiel nach Erkrankungen, etwa Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus, nach Verletzungen und Operationen, zum Beispiel Hüft- und Knie-Gelenk-Operationen einschließlich Endoprothesen-Implantationen. Körperliches Training oder Sport sind Patienten mit einer Hüft- oder Knie-Endoprothese zwar nicht verboten, aber es komme eben darauf an, welche Sportart sie betreiben wollten, welche Erfahrungen sie damit hätten und wie trainiert sie seien, sagt Konieczny. So wären alpines Skifahren oder auch Fuß- und Handball für Endoprothesen-Träger nicht ratsam. Bestandteil der allgemeinen Anamnese sollte demzufolge auch stets eine spezifische Sport-Anamnese sein.
Die Inspektion: Erste Hinweise erkennen
Der Anamnese folgen eine Inspektion (von vorne und hinten) sowie die körperliche Untersuchung der vollständig entkleideten Person. Zu achten ist dabei zunächst auf Asymmetrien des Muskel-Reliefs (Rumpfmuskulatur, Schultergürtel und Extremitäten), denn diese Inspektion kann bereits Hinweise auf mögliche Nervenläsionen oder auf eine schmerzbedingte Schonhaltung liefern. Es folgt die Beurteilung der Wirbelsäule. Zu klärende Fragen lauten hierbei zum Beispiel: Ist die Wirbelsäule im Lot, gibt es eine Fehlrotation, liegt eine korrigierbare Haltungsstörung vor oder eine strukturell bedingte Deformität?
Vom Rücken zum Fuß – was kann was muss?
Vor allem für Läufer wichtig ist eine sorgfältige Inspektion der Beinachsen (Valgus-Varus-Stellung) und natürlich der Füße – und zwar entspannt und im Zehen-Spitzenstand. Zu achten ist unter anderem auf Form (Längs- und Quergewölbe) und Stellung der Füße (nach außen oder nach innen gedreht). Hinweise auf mögliche Störungen orthopädischer wie auch neurologischer Art kann das ebenso erforderliche Gangbild liefern.
Fester Bestandteil des orthopädischen Check-up ist darüber hinaus eine Untersuchung und Beurteilung der Gelenke und ihrer Funktion (Neutral-Null-Methode), denn eine eingeschränkte Beweglichkeit etwa kann auf eine Kontraktur oder Sehnenverkürzung hinweisen.
Bildgebende Verfahren (Ultraschall, CT, MRT) sollten gezielt eingesetzt werden, sagt Markus Konieczny. Ein Routine-MRT der Wirbelsäule zum Beispiel ohne klinischen Verdacht auf einen krankhaften Befund ist sicher nicht indiziert. Auch die Indikation zur laborchemischen Diagnostik sollte in Abhängigkeit von Anamnese und klinischen Untersuchungsbefunden gestellt werden.
Der 3. FIBO MED KONGRESS findet in Köln am Samstag, den 11.04.2015, statt. Mit dem Thema „Medizinischer Check-up vor dem Fitnesstraining durch den Haus- und Allgemeinarzt“ richtet sich die Veranstaltung an Ärzte und an Sportinteressierte, die Wert auf eine gesunde Fitness legen. Partner und Organisator der FIBO für 2015 ist die MEDICA e.V.
Autor: Dr. med. Thomas Kron