Köln – „Epoxidharze werden in der Bauwirtschaft und anderen Branchen zunehmend eingesetzt. Wegen der guten technischen Eigenschaften sind sie inzwischen Standardwerkstoffe. Die Schattenseite: Immer mehr Berufstätige leiden unter Epoxidharz-Allergien. Zahlreiche Beschäftigte müssen ihren Beruf deswegen aufgeben.“ Das sagte Hansjörg Schmidt-Kraepelin, Mitglied der Geschäftsführung der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) auf einer Fachtagung am 17. April 2015 in Köln. Dazu kommt, dass verschiedene Epoxidharze auch von Baumärkten und Discountern angeboten und von Heimwerkern gern genutzt werden – und das nicht immer fachgerecht. Aus diesen Gründen rät die BG BAU dringend zum professionellen Umgang mit Epoxidharzprodukten. Bestärkt wird sie durch die Ergebnisse einer Befragung unter Beschäftigten, die die BG BAU gemeinsam mit einem niederländischen Institut für Arbeitsschutz durchführte.
Seit fünfzehn Jahren haben die Erkrankungen durch den Einsatz von Epoxidharzen stark zugenommen. Tausende Menschen sind betroffen und jedes Jahr registrieren die gewerblichen Berufsgenossenschaften knapp 250 neue Fälle. Für Heilbehandlungen, Rehabilitationen und Renten von Epoxid bedingten Erkrankungen zahlten die Berufsgenossenschaften in den Jahren zwischen 1999 und 2013 über 54,6 Millionen Euro. Nach Einschätzung von Dermatologen ist das jedoch nur die Spitze des Eisbergs, denn viele Beschäftigte arbeiten trotz Hauterkrankungen weiter und zeigen ihre Berufskrankheit nicht an. Oder sie gehen mit allergischen Hauterkrankungen lediglich zum Hausarzt.
Deshalb ermittelte die BG BAU gemeinsam mit der niederländischen ARBOUW (Wissens- und Dienstleistungsinstitut für Arbeitsbedingungen im Bauwesen) Ursachen, warum Berufstätige durch ihre Arbeit mit Epoxidharzen erkranken: Zwischen 2011 und 2014 wurde eine Untersuchung mit Beschäftigten durchgeführt, bei der eine Fallgruppe von über 500 Erkrankten sowie eine Kontrollgruppe von über 800 nicht Erkrankten befragt wurden. Wichtigste Ergebnisse: Bei den Erkrankten fehlten chemikalienbeständige Handschuhe; die Arbeitskleidung war ungeeignet – beispielsweise kurzärmlige Hemden; die Epoxidharze wurden ohne Schutz kniend verarbeitet; Beschäftigte duschten nicht am Arbeitsplatz oder wechselten ihre Arbeitskleidung nach Arbeitsschluss erst am Wohnort. Und eine Einweisung durch den Arbeitgeber hat bei den Erkrankten viel seltener stattgefunden, als bei der Kontrollgruppe.
„Diese Untersuchung macht den hohen Stellenwert eines professionellen Umgangs mit Epoxidharzen deutlich“, sagte Schmidt-Kraepelin. Dies, zumal es meist keine Ausweichmöglichkeit auf alternative Baustoffe gibt: Die technischen Eigenschaften von Epoxidharze sind hervorragend, etwa bei der Boden- und Wandbeschichtung, als Schutz von Fassaden, gegen Korrosion und Säuren oder zum Beschichten von Industriefußböden. Zusammen mit Härtern reagiert die Harzkomponente zu einem vielseitig einsetzbaren Formstoff, der eine hohe Beständigkeit gegen viele Chemikalien und Feuchtigkeit aufweist. So kommen immer mehr Beschäftigte in Kontakt mit Epoxidharz. Doch die Risiken sind vielen Anwendern und Betrieben noch immer zu wenig bekannt.
Schutzmaßnahmen wichtig – für Beschäftigte und Heimwerker
Die Epoxidharze und Härter können bereits nach wenigen Tagen Verätzungen an Händen, Beinen und im Gesicht sowie schlimme und dauernde Hautallergien auslösen. Häufig unbekannt sind die Gefahren für die Gesundheit auch bei privaten Anwendern und Heimwerkern, die oft sorglos drauf los spachteln und kleben. So können mit von Baumärkten oder Discountern angebotenen Epoxidharz-Produkten zum Beispiel schadhafte Stellen im häuslichen Bad – etwa an Fliesen oder Badewannen – erneuert oder Wasserrohre abgedichtet werden. Wie Prof. Dr. med. Johannes Geier vom Informationsverbund Dermatologischer Kliniken (IVDK) ausführte, schließt der IVDK aus den vorliegenden Untersuchungswerten, dass in Deutschland etwa 200.000 Menschen gegen Epoxidharz sensibilisiert sind.
„Daher sind die Kenntnis der Gefahren sowie Schutzmaßnahmen im Beruf unerlässlich. Und im privaten Bereich haben Epoxidharze gar nichts zu suchen“, betonte Dr. Reinhold Rühl, Leiter des Bereichs Gefahrstoffe der BG BAU. Denn Epoxidharze sind hochreaktive Chemikalien, für deren Umgang Fachkenntnisse notwendig sind. Unternehmen haben darauf zu achten, dass ihre Mitarbeiter die Vorgaben der Betriebsanweisungen und Sicherheitsdatenblätter beachten. Die Produktinformationen auf den Verpackungen und Gebinden müssen genau berücksichtigt werden – private Nutzer sind hier überfordert.
„Zudem ist bei der Arbeit für eine ausreichende Lüftung zu sorgen. Bei Spritzverfahren und beim Einsatz von lösemittelhaltigen Produkten muss zusätzlich Atemschutz verwendet werden“, so Rühl. Insbesondere sei wichtig, einen direkten Hautkontakt mit Epoxidharzen zu vermeiden, das gelte auch für das Mischen der Komponenten Harz und Härter. Am besten sei es, die Gebinde in geschlossenem Zustand zu mischen. Um den Hautkontakt zu verhindern, gebe es Verarbeitungsgeräte mit Spritzschutz, langstielige Roller, Wisch- und Verteilgeräte sowie Handrührwerke mit stufenlos regelbarer Rührgeschwindigkeit.
Selbstverständlich müssen die Beschäftigten geeignete Schutzanzüge, wie Overall, Schutzhose oder eine Schürze, tragen, ebenso wie Schutzbrillen und spezielle Handschuhe. Bei lösemittelhaltigen Epoxidharzen sind oft nur Handschuhe aus Fluorkautschuk geeignet. Für die Arbeit mit lösemittelfreien Epoxidharzen empfiehlt die BG BAU spezielle Chemikalienschutz-Handschuhe, die mehrfach am Tag zu wechseln sind.
„Schon vor Beginn der Arbeit“, schloss Rühl, „müssen sich die Arbeitnehmer arbeitsmedizinisch untersuchen lassen“. Und die Betriebe seien in der Pflicht, ihre Mitarbeiter über Gefahren und Schutzmaßnahmen zu unterweisen. Über den Einsatz der richtigen Werkzeuge, notwendiger Schutzmaßnahmen sowie Ersatzstoffe beraten die Fachleute der BG BAU ihre Mitgliedsunternehmen.