Hamburg – Der Bundestag hat am heutigen Freitag in Berlin den Weg frei gemacht für das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG). Die Hamburger Apothekerinnen und Apotheker sehen die Entscheidung mit gemischten Gefühlen. Rainer Töbing, Präsident der Apothekerkammer Hamburg, sagte am Freitag: “Wir freuen uns natürlich, dass das Thema endlich aus den Schlagzeilen kommt. Allerdings ist es ärgerlich, dass der Zwangsrabatt zu Lasten der Apotheker erhöht wird.”
Töbing bedauert die Kurzatmigkeit der Gesundheitspolitik: “Es hätte Sinn gemacht, sich um eine Neuordnung der Einnahmenseite der GKV zu kümmern. Weil dies nicht gelungen ist, wird wieder bei Apothekern, Kliniken, Arzneiherstellern und auch beim Patienten gespart.” Wichtig sei es jetzt, wieder den Blick auf die qualitative Versorgung der Bevölkerung zu stellen. “Die Zeit der Verunsicherung muss jetzt ein Ende haben”, hofft Töbing. Lob gibt es für die Entscheidung der großen Koalition, die auf die Einführung einer Höchstpreisverordnung verzichtet hatte. Töbing: “Das hätte zu Verwerfungen bei den Apotheken und bei der Arzneimittelversorgung geführt.”
Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins, befürchtet, dass die Hamburger Apotheken durch den erneuten Ertragsverlust von jährlich rund 9000 Euro weiter geschwächt werden. Die Erhöhung des Zwangsrabatts je abgegebener Packung von 2,00 auf 2,30 Euro bedeute für die deutschen Apotheken einen Einkommensverlust von bis zu 180 Millionen Euro. “Auch wenn wir bereit sind, Verantwortung für die Zukunft des Gesundheitswesens zu übernehmen, muss der Politik klar gemacht werden, dass die Zitrone nun ausgepresst ist.”
Seit dem Jahr 2002 ist der Wertschöpfungsanteil der Apotheke an den Arzneimittelausgaben kontinuierlich gesunken. Dagegen haben die Pharmahersteller prozentual deutlich stärker zugelegt. Hamburgs Apotheker hätten sich gewünscht, dass das Spargesetz AVWG vom April 2006 besser analysiert worden wäre. Graue: “Das Gesetz hat sehr gut funktioniert; die Ausgaben für Arzneimittel sind 2006 im Vergleich zum Vorjahr nur um 1,2 Prozent angestiegen.” Eine Reform bei den Medikamenten sei nicht nötig gewesen.
Allerdings führt die seit Jahresbeginn erhöhte Mehrwertsteuer unmittelbar zu massiven Ausgabensteigerungen der Krankenkassen für Arzneimittel. Die Hamburger Apotheker, aber auch viele Experten und Krankenkassen fordern deswegen, dass Arzneimittel möglichst bald vom vollen Mehrwertsteuersatz befreit werden.
Hinweis an die Redaktion: Die Apothekerkammer Hamburg ist die Berufsorganisation aller Apothekerinnen und Apotheker in der Freien und Hansestadt Hamburg. Der Hamburger Apothekerverein e.V. ist der Verband der selbständigen Apothekenleiterinnen und -leiter in Hamburg.