Neuherberg – Belastungssituationen im Job können sich negativ auf das Herz-Kreislauf-System und den Stoffwechsel auswirken. Über direkte und indirekte Signalwege führt Stress zu einer Entzündungsreaktion im Körper, die unter anderem Herz-Kreislauf-Erkrankungen auslösen kann. Zu diesen Ergebnissen kommen Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München nach Auswertung von Daten einer bevölkerungsbasierten Kohortenstudie, die in den Fachjournalen ‚Brain, Behavior, and Immunity‘ und ‚Psychosomatic Medicine‘ veröffentlicht wurden.
Die Studie basiert auf einer Langzeitbeobachtung von über 950 Personen innerhalb der bevölkerungsbasierten Kohortenstudie MONICA/KORA. Dr. Rebecca Emeny, von der Arbeitsgruppe ‚Mental Health‘ unter der Leitung von Prof. Dr. Karl-Heinz Ladwig am Institut für Epidemiologie II (EPI II) am Helmholtz Zentrum München (HMGU), analysierte dazu Daten aus Fragebögen zur psychischen Belastung am Arbeitsplatz sowie Konzentrationen entzündlicher Biomarker im Blut. Es zeigte sich, dass gesunde Arbeiter, die im Berufsleben Belastungen ausgesetzt waren, deutlich erhöhte Entzündungsparameter aufwiesen und ein verdoppeltes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen hatten.
Mehr als die Hälfte der Teilnehmer gab an, psychische Belastung und Stress am Arbeitsplatz zu erfahren. Stress gilt als kardiovaskulärer Risikofaktor. Seine Folgen werden sowohl direkt über eine Aktivierung von Botenstoffen, als auch indirekt über ein stressbedingt ungesundes Verhalten vermittelt. Insbesondere für erhöhte Konzentrationen von CRP (C-reaktives Protein), einem Entzündungsmarker, fanden die Wissenschaftler eine deutliche Assoziation mit Stress und können damit eine stressbedingte Entzündungsreaktion des Organismus nachweisen. Die berufliche Belastung führte zudem zu schädlichen psychischen Effekten wie Depressionen und Schlafstörungen, sowie ungesundem Verhalten, beispielsweise körperlicher Inaktivität. Sportliche Aktivität, wenn sie regelmäßig mindestens eine Stunde pro Woche betrieben wurde, reduzierte die Entzündungsaktivität deutlich. Die Unterschiede für das gesundheitliche Risiko zwischen Menschen mit und ohne Stressbelastung blieben aber trotzdem erhalten.
Mit ihrer Analyse leisten die Wissenschaftler am HMGU einen wesentlichen Beitrag zu einem tieferen Verständnis der stressbedingten Reaktionen im Körper. „Die Erkenntnisse aus dieser Studie liefern wichtige Ansatzpunkte, um präventive Maßnahmen zu finden, die vor stressassoziierten Erkrankungen, wie der koronaren Herzerkrankung, schützen“, sagt Emeny, Erstautorin der Studie.
Umweltfaktoren und Lebensstil tragen wesentlich zu der Entstehung weit verbreiteter Erkrankungen in Deutschland, wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes mellitus, bei. Ziel des Helmholtz Zentrums München ist es, neue Ansätze für Diagnose, Therapie und Prävention der großen Volkskrankheiten zu entwickeln.
Weitere Informationen
Original-Publikation:
Emeny, R.T. et al. (2013), Contributions of Job Strain and 9 Emerging Biomarkers of Coronary Events in Healthy Workers: the MONICA/KORA Augsburg Case-Cohort, Psychosomatic Medicine, 75(3):317-25
Emeny, R.T. et al. (2012), Job strain associated CRP is mediated by leisure time physical activity: Results from the MONICA/KORA study, Brain, Behaviour, and Immunity, 26, 1077-1084
Link zur Fachpublikation: www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0889159112001870
Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.100 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 34.000 Beschäftigten angehören. www.helmholtz-muenchen.de
Das Institut für Epidemiologie II (EPI II) erforscht die Zusammenhänge von Umwelt, Lebensstil und Genetik bei der Entstehung von Diabetes, Erkrankungen des Herzens und der Erhaltung der Gesundheit im Alter. Die Forschung stützt sich auf die einzigartigen bevölkerungsbasierten KORA-Ressourcen (Kohorte, Herzinfarktregister, Aerosol-Messstation). Folgestudien innerhalb der Kohorte ermöglichen die Untersuchung von Frühformen und Komplikationen ausgewählter chronischer Erkrankungen und deren Verbreitung in der Bevölkerung.
Die Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg (KORA) untersucht seit über 20 Jahren die Gesundheit tausender Bürger aus dem Raum Augsburg. Ziel ist es, die Auswirkungen von Umweltfaktoren, Verhalten und Genen zu verstehen. Kernthemen der KORA-Studien sind Fragen zu Entstehung und Verlauf von chronischen Erkrankungen, insbesondere Herzinfarkt und Diabetes mellitus. Hierzu werden Risikofaktoren aus dem Bereich des Gesundheitsverhaltens (u.a. Rauchen, Ernährung, Bewegung), der Umweltfaktoren (u.a. Luftverschmutzung, Lärm) und der Genetik erforscht. Aus Sicht der Versorgungsforschung werden Fragen der Inanspruchnahme und Kosten der Gesundheitsversorgung untersucht. www.helmholtz-muenchen.de/kora