Potsdam – Medizinische Leistungen müssen auch in Zukunft nach Notwendigkeit und nicht nach Kassenlage erbracht werden, fordert Gesundheitsministerin Anita Tack (Linke). Mit der heutigen Entscheidung des Bundesrates zur Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sei der Einstieg in den Ausstieg aus der solidarisch finanzierten Krankenversicherung besiegelt. Damit kommen auf Bürgerinnen und Bürger zu Jahresbeginn erhebliche Belastungen im Gesundheitsbereich zu. Jetzt bekommt der traditionelle Wunsch nach einem gesunden neuen Jahr für viele eine existenzielle Bedeutung, sagt Tack.
Auch die Bevollmächtigte des Landes Brandenburg beim Bund, Staatssekretärin Tina Fischer kritisiert die Entscheidung: Heute ist ein sehr bitterer Tag für alle gesetzlich Versicherten in Brandenburg und Deutschland. Nach dem Willen der Bundesregierung sollen die Versicherten und Rentner alle zukünftigen Kostensteigerungen alleine tragen. Den brutalen Bruch mit dem fast 130 Jahre alten Solidarsystem würden die Bürgerinnen und Bürger zunächst nur schleichend wahrnehmen, er werde sie aber voll treffen. Um diesen unsozialen Irrweg zu stoppen, brauchen wir schnell andere Mehrheiten im Bundesrat und spätestens ab 2013 auch im Bundestag. Wir Brandenburger stehen für mehr Solidarität miteinander statt für deren Aufkündigung, so Fischer.
Tack kritisiert gleichzeitig die derzeitige Anzeigenkampagne der Bundesregierung: Es ist zynisch, den Bürgerinnen und Bürgern tief in die Tasche zu greifen und gleichzeitig vorzugaukeln, dass alles besser werde. Besser wird es für die Arbeitgeber, da die Versicherten künftige Kostensteigerungen allein tragen müssen. Sie fordert eine soziale Finanzierung des Gesundheitssystems, die auch in der Zukunft tragfähig ist. Voraussetzung sei eine gerechte Verteilung der Kosten und eine Verbreiterung der Einnahmebasis. Eine solidarische Bürgerversicherung, zu deren Finanzierung alle Einkünfte herangezogen werden, ist und bleibt die beste Lösung, so Tack.
Mit dem Gesetz zur GKV-Finanzierung stehen neben dem sozial ungerechten Grundansatz auch zwei Sparmaßnahmen für die stationäre Krankenhausversorgung ins Haus. Zum einen sollen den Krankenhäusern erwartete Ausgabensteigerungen in den nächsten beiden Jahren nur noch in Höhe der Hälfte der Preiszuwachsrate, der Grundlohnrate vergütet werden, was nach Einschätzung von Experten ohnehin zu niedrig angesetzt ist. Zum anderen sollen im Jahr 2011 quantitative Leistungssteigerungen gegenüber dem Vorjahr nur noch mit einem Abschlag von 30 Prozent vom Preis für die Leistung vergütet werden. Während Brandenburg für seine Krankenhäuser als Teil der sozialen Infrastruktur kämpft, gefährdet Rösler mit seiner Reform deren Existenz. Durch gekürzte Zuwächse werden die nach wie vor untertariflich bezahlten Pflegeberufe im Osten weiter abgehängt. Diese Entwicklung halten wir für falsch, sagt Tack.
Ein Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses, der auch von Brandenburg unterstützt wurde, hat im Bundesrat keine Mehrheit gefunden.