Hamburg – Nach den jüngsten Veröffentlichungen der Weltgesundheitsorganisation WHO und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) fordern auch die Hamburger Apotheker ein Verbot von Internet-Apotheken. Kürzlich hatte das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker bei Testkäufen unter Arzneimittelversendern, die in ihren Angeboten zum Beispiel wegen fehlender Geschäftsbedingungen negativ aufgefallen waren, eine Fälschungsquote von 50 Prozent festgestellt.
Der Präsident der Apothekerkammer Hamburg, Rainer Töbing, fordert ein konsequentes Vorgehen gegen die Betrüger aus dem Netz: „Jetzt geht es darum, weiteren Schaden von den Patienten abzuwenden.“ Deshalb müsse der Hamburger Senat eine Bundesratsinitiative aus Nordrhein-Westfalen unterstützen. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) will den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln verbieten. Eine erste Abstimmung unter den Ländern wird für Mai erwartet.
Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins e.V., fordert Gesundheitsministerin Ulla Schmidt auf, den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu untersagen. Graue: „Apotheken sind gelebter Verbraucherschutz. Arzneimittel-Missbrauch und Fälschungen werden durch zweifelhafte Angebote aus dem Internet Tür und Tor geöffnet. Das muss ein Ende haben.“
In vielen Entwicklungsländern ist WHO-Angaben zufolge bereits jedes zweite Medikament gefälscht. Das Drogenkontrollgremium der Organisation hat daher alle Länder explizit aufgefordert, den Arzneimittelhandel via Internet schärfer als bisher zu kontrollieren. Graue: „Im günstigsten Fall ist ein gefälschtes Präparat wirkungslos. Aber in schlimmeren Fällen beispielsweise überdosiert – und damit lebensgefährlich.“
Basierend auf einer Studie des von der Bundesregierung finanzierten BfArM schätzt dessen früherer Leiter Professor Dr. Harald Schweim, dass auch in Deutschland bereits 10 Prozent der Internet-Medikamente Fälschungen seien.
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hatte das Versandhandelsverbot vor drei Jahren aufgehoben, obwohl der Europäische Gerichtshof im Dezember 2003 den Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten das Recht eingeräumt hatte, Internet-Apotheken im Interesse ihrer Bürger zu verbieten. In einer Umfrage des Branchendienstes Gesundheit Adhoc stimmten kürzlich zwei Drittel der Befragten für ein solches Verbot. Auch Töbing fordert Konsequenzen: „Es ist falsch, dieses Thema weiterhin politisch zu missbrauchen. Die Gefahren eines Arzneikaufs im Internet sind enorm. Jetzt ist es Aufgabe der Politik, Verbraucher und Patienten zu schützen.“ Hinweis an die Redaktion: Die Apothekerkammer Hamburg ist die Berufsorganisation aller Apothekerinnen und Apotheker in der Freien und Hansestadt Hamburg. Der Hamburger Apothekerverein e.V. ist der Verband der selbständigen Apothekenleiterinnen und -leiter in Hamburg.