Berlin – Der Bundesrat hat heute das Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze gebilligt. Das Gesetz schafft die Voraussetzungen, um die Hygienequalität in Krankenhäusern und bei medizinischen Behandlungen zu verbessern. Insbesondere die Zahl von Infektionen mit Krankheitserregern, die gegen Antibiotika resistent sind, soll deutlich reduziert werden.
In Deutschland ziehen sich jährlich ca. 400.000 bis 600.000 Patientinnen und Patienten im Zusammenhang mit einer stationären oder ambulanten medizinischen Behandlung eine Infektion zu. Schätzungsweise zwischen 7.500 bis 15.000 von ihnen sterben jährlich daran. Zwanzig bis dreißig Prozent dieser nosokomialen Infektionen und Todesfälle wären durch eine bessere Einhaltung von bekannten Regeln der Infektionshygiene vermeidbar. Erschwerend kommt hinzu, dass viele der nosokomialen Infektionen durch Erreger verursacht werden, die gegen Arzneimittel resistent und deshalb schwer zu behandeln sind. Die Selektion und Weiterverbreitung von resistenten Krankheitserregern ist insbesondere durch eine sachgerechtere Verordnung von Antibiotika vermeidbar.
Zentrale Regelungsbereiche des Gesetzes sind:
Bundesländer werden zum Handeln verpflichtet
Alle Länder werden verpflichtet, bis zum 31. März 2012 Verordnungen zur Infektionshygiene und zur Prävention von resistenten Krankheitserregern in medizinischen Einrichtungen zu erlassen. Diese Verordnungen werden für Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen gelten. Durch Vorgaben zu notwendigen Inhalten der Länderverordnungen werden diese vereinheitlicht. So sind etwa Regelungen über das Vorhandensein von Hygienefachpersonal in den Krankenhäusern zu treffen. Die Länder werden außerdem ermächtigt, auch Arztpraxen, Zahnarztpraxen und Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe aufzugeben, Hygienepläne zu erstellen.
Expertenrat für sachgerechte Antibiotika-Therapie
Der Gesetzentwurf sieht die Einrichtung der “Kommission Antiinfektiva, Resistenz und Therapie” (Kommission ART) am Robert Koch-Institut vor. Sie wird allgemeine Grundsätze für Diagnostik und Antibiotika-Therapie unter Berücksichtigung der Infektionen mit resistenten Krankheitserregern empfehlen.
Die Krankenhäuser werden verpflichtet, den Verbrauch von Antibiotika zu erfassen und zu bewerten, um die Prävention resistenter Erreger zu verbessern.
Empfehlungen zur Infektionshygiene werden verbindlich
Die Leiterinnen und Leiter von Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen werden ausdrücklich dazu verpflichtet, die nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft erforderlichen Präventionsmaßnahmen zur Infektionsvermeidung und gegen resistente Erreger durchzuführen. Die Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) und die Empfehlungen der neuen Kommission ART beim Robert Koch-Institut werden als der dafür geltende Standard geregelt. Die Empfehlungen sind unter Berücksichtigung aktueller infektionsepidemiologischer Auswertungen stetig weiterzuentwickeln.
Mehr Transparenz, Qualität und Wettbewerb bei Hygiene und Versorgung
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) wird verpflichtet, in seinen Richtlinien zur Qualitätssicherung geeignete Maßnahmen zur Verbesserung der Hygienequalität vorzugeben. Darin sollen vor allem Kriterien zur Messung der Hygienequalität festgelegt werden, die eine Bewertung und Vergleichbarkeit der Hygienesituation in den Krankenhäusern ermöglichen. Die Ergebnisse werden in die Qualitätsberichte der Krankenhäuser aufgenommen. Dann können sich Patientinnen und Patienten gezielt über die Hygienequalität in einzelnen Krankenhäusern informieren.
Darüber hinaus wird die gemeinsame Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen beauftragt, eine sachgerechte Abrechnungs- und Vergütungsregelung für die ambulante Therapie (Sanierung) von Patientinnen und Patienten mit einer MRSA-Infektion oder MRSA-Besiedlung sowie für die diagnostische Untersuchung von Risikopatientinnen und -patienten mit Wirkung zum 1. Januar 2012 zu verein-baren.
Überprüfung der Wirkung des Gesetzes bei der Verbesserung der Infektionshygiene
Zur Überprüfung der Wirksamkeit der hygienebezogenen Bestimmungen des Gesetzes legt die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag bis zum 31. Dezember 2014 einen Bericht vor, den das Robert Koch-Institut mit unabhängigen Experten erstellt.
Das Gesetz enthält – neben der Verbesserung der Hygienestandards – weitere Neuregelungen zur besseren Versorgung der Patientinnen und Patienten und zur Qualitätssicherung in der Pflege, u.a.:
Schiedsstellenlösung bei der Weiterentwicklung der Pflege-Transparenzvereinbarungen
Die Partner der Pflege-Transparenzvereinbarungen müssen bisher ihre Entscheidungen einstimmig fassen. Erfahrungen haben gezeigt, dass es notwendig ist, einen Mechanismus zur Konfliktlösung zu verankern. Mit dieser Aufgabe wird die Schiedsstelle betraut. Diese Weiterentwicklung der PflegeTransparenzvereinbarungen dient dazu, die Qualität in Pflegeeinrichtungen zu verbessern.
Beteiligung der privaten Krankenversicherung an Prüfungen der Pflegequalität
Die Beteiligung der privaten Pflegeversicherung an den Qualitätsprüfungen in der Pflege wird gesetzlich geregelt. Die Landesverbände der Pflegekassen haben danach jährlich zehn Prozent der Prüfaufträge an den Prüfdienst der privaten Pflegeversicherung zu vergeben.
Das Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.