Berlin – Der Kind-Philipp-Preis 2008 geht an den Arzt und Wissenschaftler Dr. Stefan Pfister, der im Deutschen Krebsforschungszentrum forscht und im Universitätsklinikum Heidelberg krebskranke Kinder behandelt. Stefan Pfister entdeckte bei bösartigen Hirntumoren von Kindern bestimmte Veränderungen des Erbguts, die eine Vorhersage des Krankheitsverlaufs ermöglichen. So kann die Behandlungsmethode der individuellen Erkrankung angepasst werden. Die Ergebnisse eröffnen außerdem neue Ansätze für spezifische und zielgerichtete Behandlungsmöglichkeiten.
Krebserkrankungen bei Kindern können einen unterschiedlich schweren Verlauf nehmen. Da die Behandlungen aber oft Spätfolgen nach sich ziehen, ist es wichtig, das weitere Fortschreiten der Erkrankung möglichst genau einschätzen zu können. Ganz besonders gilt dies für Hirntumoren des Kindesalters, denn Operation, Strahlen- und Chemotherapie können das Gehirn der Kleinen dauerhaft schädigen und so zu Entwicklungsstörungen und anderen langfristigen Folgeschäden führen.
Der Arzt und Wissenschaftler Dr. Stefan Pfister sucht daher nach molekularen Markern, die eine Vorhersage des Krankheitsverlaufs erlauben. Seine kleinen Patienten betreut er in der Abteilung für pädiatrische Hämatologie, Onkologie, Immunologie und Pulmologie des Universitätsklinikums Heidelberg, seine Forschung führt Stefan Pfister in der Abteilung Molekulare Genetik am Deutschen Krebsforschungszentrum durch.
Das Medulloblastom, der häufigste Hirntumor bei Kindern, wird in Deutschland jedes Jahr über hundertmal diagnostiziert. Stefan Pfister und seine Mitarbeiter untersuchten Gewebeproben von 340 dieser Tumoren und fanden dabei charakteristische Erbgutveränderungen, die mit dem Grad der Bösartigkeit der individuellen Krebserkrankung in Zusammenhang stehen. Dazu zählt etwa die Vervielfältigung bestimmter Krebsgene. Außerdem entdeckten die Forscher, dass in den Krebszellen oft spezifische Chromosomenbereiche in dreifacher Kopie vorliegen – gesunde Zellen dagegen enthalten nur zwei Ausgaben jedes Chromosoms.
Häufig fehlt in den Hirntumorzellen auch eine der beiden Kopien des Chromosoms 6: “Das ist ein gutes Beispiel für den Informationsgewinn, den uns diese molekularen Marker bringen”, erklärt Stefan Pfister. “Wir haben erkannt, dass der Verlust des Chromosoms 6 für die Patienten eine hervorragende Prognose bedeutet, so dass wir hier riskieren können, die Intensität der Therapie zu reduzieren. Damit vermeiden wir mögliche Spätfolgen der Behandlung.”
Insgesamt definiert der Erbguttest, der auch in der Routinediagnostik durchzuführen ist, fünf verschiedene Risikogruppen. Dazu zählen auch bestimmte Hochrisikopatienten, die mit den üblichen klinischen und feingeweblichen Untersuchungen nicht erfasst werden. “Diese Patienten”, so Pfister, “können wir von Anfang an intensiver behandeln und damit ihre Heilungschancen verbessern.”
Der Kind-Philipp-Preis, den sich Stefan Pfister mit zwei Mitbewerbern teilt, wird jährlich für die beste wissenschaftliche Arbeit zu Tumorerkrankungen des Kindesalters vergeben und gilt als der renommierteste Preis auf diesem Forschungsgebiet in Deutschland. Jeder der drei diesjährigen Preisträger erhält ein Preisgeld in Höhe von 5000 Euro. Der Preis wird am 22. Mai bei der wissenschaftlichen Halbjahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie in der Charité in Berlin verliehen.
Der Textilfabrikant Walter Reimers aus Gelsenkirchen rief 1972 die Stiftung ins Leben, nachdem sein Sohn Philipp mit 14 Jahren trotz aller damals verfügbaren Therapien an einer akuten Leukämie verstorben war.