Bonn – Gefäßerkrankungen sind eine Volkskrankheit und nehmen nicht nur aufgrund der demographischen Entwicklung an Bedeutung zu. So hat beispielsweise bereits jeder dritte Deutsche über 40 Jahren erste Anzeichen einer Gefäßverkalkung, einer sogenannten Arteriosklerose. Rund um die Uhr steht das Gefäßzentrum des Universitätsklinikums Bonn eine fächerübergreifende Kooperation von Angiologen, Radiologen und Gefäßchirurgen – für gefäßkranke Menschen offen. Da die Betroffenen oft unter anderem auch an Diabetes oder Bluthochdruck leiden, ist für eine optimale Therapie der Patienten eine enge Zusammenarbeit verschiedenster Fachärzte nötig. Jetzt bestätigten die Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie (DGG), die Deutsche Gesellschaft für Angiologie (DGA) und die Deutsche Röntgengesellschaft (DRG) dem Uni-Gefäßzentrum ein hohes Qualitätsniveau. Erstmals in Deutschland führten die drei Fachgesellschaften gemeinsam eine Erstzertifizierung zum Anerkannten Gefäßzentrum durch.
Seine Bauchschlagader hatte eine Aussackung mit einem Durchmesser von etwa fünf Zentimetern. Ursache war eine Arteriosklerose in Kombination mit Bluthochdruck. Günther G. wusste um die Gefahr, wie sein Vater und sein Vetter innerlich zu verbluten, sollte dieses so genannte Bauchaortenaneurysma plötzlich platzen. Kompetente Hilfe fand der 64-Jährige im Gefäßzentrum des Universitätsklinikums Bonn.
Jeden Tag im Jahr rund um die Uhr sind Angiologen, Radiologen und Gefäßchirurgen auf dem Venusberg und in der Wilhelmstraße für gefäßkranke Menschen da. Wir setzen uns alle an einen Tisch. Denn für die Patienten ist ein fachübergreifendes Team ausschlaggebend für die beste Therapiewahl und eine optimale Versorgung, sagt Oberärztin Dr. Frauke Verrel, Koordinatorin des Gefäßzentrums. Die räumlich und fachlich gebündelte Kompetenz innerhalb der Gefäßmedizin sowie die enge Zusammenarbeit unter anderem mit der Diabetologie, Kardiologie und Neurologie gewährleistet eine speziell auf den Patienten abgestimmte Diagnostik und Therapie ohne Doppeluntersuchungen.
Kleiner Eingriff erfordert Fingerspitzengefühl
Bei Günther G. entschlossen sich die Bonner Ärzte, sein Bauchaortenaneurysma mit einer schonenden Methode zu behandeln, die ihn im Vergleich zu einer Operation mit großem Bauchschnitt viel weniger belastete. Das Team aus Radiologen und Gefäßchirurgen machte zwei kleine Einschnitte in der Leiste. Unter Röntgenkontrolle schob es vorsichtig mittels Katheter über die beiden Beckenarterien einen sogenannten Stentgraft in die Aussackung, die unterhalb der Nierenarterie lag. Länge und Durchmesser des Stentgraft eine Kombination aus Metallstütze und Gefäßprothese waren vorher für Günther G. speziell ausgemessen worden. Im Aneurysmasack öffnete sich der Stentgraft, verankerte sich fest in der gesunden Gefäßwand oberhalb und unterhalb des Aneurysmas und dichtete dieses ab. Denn es darf kein Blut durch die Aussackung mehr fließen, da sonst weiterhin eine Rissgefahr der Arterienwand besteht. Derzeit kann diese komplikationsarme Methode bereits bei jedem dritten Betroffenen eingesetzt werden. Bereits am Tag nach der Operation ist Günther G. wieder mobil und erleichtert: Ich bin froh, nicht mehr mit dieser ständigen Angst leben zu müssen, dass mein Aneurysma platzt.
Ein Ordner so dick wie ein Telefonbuch
Die Auszeichnung bestätigt eine qualitativ hochwertige Versorgung unserer Patienten, freut sich Professor Dr. Andreas Hirner, Direktor der Chirurgischen Klinik, unter deren Federführung die Zertifizierung vorangetrieben wurde. Das Gefäßzentrum steht auf den drei gleichberechtigten Säulen Angiologie (Privatdozent Dr. Thomas Mengden), Radiologie (Privatdozent Dr. Kai Wilhelm) und Gefäßchirurgie (Dr. Frauke Verrel). In ihm sind ambulante und stationäre Versorgung eng verzahnt. Die beteiligten Ärzte diagnostizieren und behandeln alle Gefäßerkrankungen fachübergreifend von der arteriellen Verschlusskrankheit und Halsschlagaderverengung über das diabetische Fußsyndrom bis hin zu Venenthrombosen und Krampfadern. Erste Anlaufstelle für Patienten sind die Gefäßsondersprechstunden der Gefäßchirurgie und Angiologie. Außerdem ist eine 24-stündige Notaufnahme gewährleistet. Sechs Monate erforschte und dokumentierte Verrel alle Arbeitsläufe und Schnittstellen innerhalb des Gefäßzentrums. Dabei erfasste sie auch Fallzahlen für bestimmte Therapien und Operationen, die internen Behandlungsleitlinien und das Fortbildungskonzept. Ergebnis war ein telefonbuchdickes Handbuch, das zusammen mit der örtlichen Führung und Qualitätsbeurteilung die drei Fachgesellschaften überzeugte. Bis Ende 2010 ist die erfolgreiche Zertifizierung gültig und muss dann erneuert werden. Das ist ein enormer Anreiz für unsere weitere Arbeit. Denn wir wollen nicht nur den erreichten hohen Standard halten, sondern auch stetig die Qualität der Versorgung für unsere Patienten verbessern, sagt Verrel.
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