Bielefeld – 5 Jahre ist es her, dass das Evangelische Klinikum Bethel (EvKB) ein in Deutschland bis heute einmaliges Programm eingeführt hat: „help+ – Ein Plus für ältere Patienten“ hilft mit großem Erfolg dabei, Delirieren während des Krankenhausaufenthalts zu verhindern.
„Zuhause ist mein Mann ganz anders.“ Diesen Satz hört Dr. Stefan Kreisel oft, aber heute seltener als noch vor fünf Jahren. Denn allein in der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, in der help+ im EvKB startete, konnte der Anteil der Patienten, die während des Krankenhausaufenthalts ein Delir erleiden, auf 10 von ursprünglich 30 Prozent reduziert werden. Bei einem Delir handelt es sich um akute Verwirrtheitszustände, die durch die Belastungen des Aufenthalts, durch Entzündungen oder den Stress einer Operation ausgelöst werden können und die das Risiko für einen ungünstigen Heilungsverlauf deutlich vergrößern. Dr. Kreisel, ärztlicher Leiter der Abteilung für Gerontopsychiatrie im EvKB und des help+-Programms, kennt die Symptome: „Neben anderen Symptomen sind Bewusstsein, Denken und Handeln der Patienten verändert, sie sind häufig zeitlich und örtlich desorientiert, wissen nicht, wo sie sich befinden und warum sie im Krankenhaus sind. Häufig ist ihr Tag-Nacht-Rhythmus gestört. Sie können sich auch oft gerade Gesagtes oder Geschehenes nicht merken und geben daher ungewöhnliche oder unpassende Antworten und sind oft wechselhaft und streitbar.“ Früher wurde dieser Zustand als „Durchgangssyndrom“ verharmlost, dabei steigt für die Betroffenen tatsächlich das Risiko, dauerhaft an einer Demenz zu erkranken.
Unterstützung für Patienten ab 70
Bei der help-Geburtstagsfeier sieht Julia Bringemeier zufrieden aus. Sie hat zum Jubiläum Zahlen mitgebracht, die für sich sprechen: „HELP steht für ‚Hospital Elder Life Program‘, es richtet sich demnach gezielt an ältere Patienten im Krankenhaus. 2.800 Personen ab 70 Jahren wurden seit Frühjahr 2012 durch das Programm betreut. Diese Altersgruppe gilt als besonders gefährdet, ein Delir zu erleiden“, so die Koordinatorin des Programms, die schon beteiligt war, als es im Frühjahr 2012 eingeführt wurde.
Um Delirien vorzubeugen bietet help eine ganze Palette an Unterstützung für die Patienten: Die Mitarbeitenden des help-Teams begleiten ihren Krankenhausaufenthalt und sorgen während der Besuche im Patientenzimmer für geistige Anregung und motivieren zur Mobilisation. Das Team setzt sich zusammen aus Ehrenamtlichen und Mitarbeitenden des Bundesfreiwilligendienstes, die die Arbeit auf den beteiligten Stationen begleiten. Speziell ausgebildete Krankenpflegefachkräfte und ein Facharzt sind ebenfalls einbezogen.
Erfolg gibt recht
Mit dem Erfolg im Rücken expandierte help. Heute profitieren davon auch Patienten der Klinik für Neurologie und der Kardiologie, weitere Kliniken haben Interesse an einer zukünftigen Umsetzung von help+. Außerdem hat help+ einen jüngeren Bruder bekommen: BoBB richtet sich an Patienten des Zentrums für Behindertenmedizin. „Dieses Programm können wir nur aufgrund des hohen Engagements der Freiwilligen anbieten und da die v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel es unterstützen“, so Dr. Kreisel. Das EvKB ist nach wie vor das einzige Krankenhaus in Deutschland, das help+ strukturiert in diesem Umfang anbietet.