Essen – Als „völlig unzureichend und inakzeptabel“ bezeichnen Vorstandsmitglieder der Freien Ärzteschaft den so genannten Honorarkompromiss zwischen KBV und Spitzenverband der Krankenkassen.
Diese Bewertung gelte sowohl für das kurzfristige Ziel einer Honorarverbesserung, als auch für die von Köhler selbst formulierten grundsätzlichen Ziele, teilt Wieland Dietrich, 1. Vizepräsident der FÄ, in einer aktuellen Stellungnahme mit. „Nur eine deutliche Erhöhung des Punktwertes von 3,5 auf die vor 10 Jahren betriebswirtschaftlich errechneten 5,11 Cent plus Inflationsausgleich hätte die haus- und fachärztliche Grundversorgung wirklich gestärkt – so haben wir noch nicht einmal einen Inflationsausgleich selbst“, ergänzt Dietrich.
Dies sei auch deshalb eine Mogelpackung, weil aus dem Honorartopf neben zusätzlichen neuen Leistungen nun auch 1.150 neue Sitze für Psychologen und mindestens viele hundert neuer Sitze für Humangenetiker, Immunologen, Strahlentherapeuten und Laborärzte finanziert werden müssten, die sich im Herbst noch rasch vor einem Zulassungsstopp in geplanten MVZs privater Klinikkonzerne niederlassen wollten – aus Sicht des FÄ-Vize eine weitere Aufblähung der Konzernmedizin zu Lasten der wohnortnahen Versorgung.
„Das verantwortungslose Kartell der Krankenkassen hat im letzten Moment eine Fata Morgana angeblicher Honorarerhöhungen suggeriert und die Spitze der kassenärztlichen Bundesvereinigung ist vor dieser politischen Erpressung eingeknickt“ ergänzt Dr. Silke Lüder, 2. Vizepräsidentin der FÄ. „Die Geister, die Köhler rief, sollten schnell wieder in der Flasche verschwinden – welche Methoden von Seiten des Bundesgesundheitsministeriums genutzt wurden, um diese Einigung durchzudrücken, kann man nur mutmaßen“ so die Hamburger Allgemeinärztin weiter.
“Eine neuerliche Kehrtwendung um 180 Grad”, meint Dr. Axel Brunngraber, FÄ Vorstand aus Hannover. “In den nächsten Wochen, im Vorfeld der Bundestagswahl 2013 geht es uns vor allem um unsere unverhandelbare Forderung nach festen, Kosten deckenden Preisen für jede ärztliche Leistung in einer transparenten Gebührenordnung für jeden Patienten. In diesem Sinn ist zumindest die Diskussion über den Sicherstellungsauftrag, die jetzt in Gang gekommen ist, als Erfolg zu werten. Aber wir haben auch gesehen, dass nur freie Verbände ohne Körperschaftsstatus die Interessen der Praxisärzte vertreten können“ stellt Brunngraber heute in Hannover weiter fest. „Wobei auch diesmal einige Berufsverbandsvertreter ohne Not die Rolle der Bremser mit übernommen haben.”
Der öffentliche Druck der Ärzteschaft hin zu festen Preisen für alle ärztlichen Leistungen muss aufrechterhalten werden, darin sind wir uns auch mit den Kollegen des Bayrischen Facharztverbandes einig“, so Wieland Dietrich zum weiteren Vorgehen der Vorstandsmehrheit in der Freien Ärzteschaft.