Frechen – Simon McDonald ist der Britische Botschafter in Berlin. McDonald ist seit 2010 im Amt und erlebt 2012 das wohl größte Sportjahr für Großbritannien seiner Amtszeit. Die Britische Botschaft und der Deutsche Behindertensportverband führen im paralympischen Jahr zahlreiche gemeinsame Projekte durch.
Unmittelbar nach den Olympischen Spielen finden in London die Paralympischen Spiele statt. Sie stehen immer noch im Schatten des spektakulären Medien-Großereignisses. Welche Bedeutung hat dieses Ereignis für Sie?
Entscheidend ist, diese Paralympischen Spiele werden die größten in der Geschichte sein und die barrierefreisten. Mehr als 4200 Athleten aus 160 Ländern werden sich in 20 Sportarten messen. Über 75% aller Tickets sind bereits verkauft – wahrscheinlich erleben wir die ersten ausverkauften Spiele der Geschichte – und die Medienaufmerksamkeit ist schon jetzt größer als je zuvor. Die Spiele haben erstmals einen eigenen Mediensponsor und mit dem Verkauf der Übertragungsrechte wurde ein Rekorderlös erzielt.
Kennen Sie eine(n) Sportler(in) mit Behinderung persönlich? Wenn ja, schildern Sie doch bitte Ihre Eindrücke.
Ja, ich kenne Heinrich Popow persönlich. Er war einer der 100- Meter-Läufer bei einer Veranstaltung, die die Botschaft 100 Tage vor Beginn der Olympischen Spiele vor dem Brandenburger Tor veranstaltet hat. Einige Wochen später hat mich ein Geschäftsmann auf einer Messe in Leipzig ihm unbedingt vorstellen wollen und war sehr überrascht, als Heinrich und ich uns gleich herzlich umarmt haben.
Wen werden Sie bei den Paralympischen Spielen in London besonders beobachten?
Ich werde Heinrich (Popow) bei den Paralympischen Spielen ganz besonders im Auge behalten. Ich hoffe sehr, er schafft es, die magischen 12-Sekunden auf 100 Metern zu unterbieten – das wäre dann genau so eine Sensation, als würde Usain Bolt 9,25 Sekunden laufen!
Welche nachhaltigen Auswirkungen – gerade auf den Behindertensport – erhoffen Sie sich von den Spielen in London?
Seit wir 2005 in Singapur den Zuschlag für London bekommen haben, haben wir hart daran gearbeitet, dass der Sport von und für Menschen mit Behinderung auch nach den Spielen langfristig profitiert. Ich denke, dass wir auf einem sehr guten Weg sind. Allein die gestiegene Aufmerksamkeit für die Paralympischen Spiele hilft, Anerkennung für den Sport zu erhöhen und zu einer inklusiven Gesellschaft beizutragen. Sie ist aber hoffentlich auch ein Anreiz für viele Behinderte, selbst Sport zu treiben und aktiv zu sein. Mit dem „Inspiration“-Programm haben wir darüber hinaus viele Schüler in Großbritannien über die Barrieren, die Sportler mit Behinderung überwinden müssen, aufgeklärt – und damit zum Abbau von Vorurteilen beigetragen.
UEFA Champions League-Finale zwischen englischer und deutscher Mannschaft, Fußball-Europameisterschaft mit englischer Beteiligung, Olympische und Paralympische Spiele auf britischem Boden. Was ist Ihr Sport-Highlight 2012?
Diese Frage kann ich Ihnen heute leider noch nicht endgültig beantworten. Da müssen Sie mich am Ende des Jahres noch einmal fragen!
Da ich aber der festen Überzeugung bin, dass Sport immer dann am spannendsten und mitreißendsten ist, wenn man selbst dabei sein kann würde ich mich für das Spiel Irland gegen Spanien entscheiden, das am 14. Juni in Danzig ausgetragen wurde. Als Irland in der 88. Minute 4:0 zurücklag und es sicher war, dass sie aus der EM 2012 ausscheiden würden, hat dennoch jeder irische Fan im Stadion inbrünstig das „Fields of Athenry“ Volkslied mitgesungen. Im Sport geht es eben darum, dabei zu sein, sein Bestes zu geben und sich nicht von Niederlagen entmutigen zu lassen.