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forsa-Umfrage für Schleswig-Holstein: Weniger Menschen zufrieden mit medizinischer Versorgung AOK sieht akuten Handlungsbedarf in der Gesundheitspolitik – AOK-Chef Ackermann: „Gesundheit mehr vernetzt denken.“
Hausärzte und Hausärztinnen haben für die Menschen in Schleswig-Holstein nach wie vor einen sehr hohen Stellenwert im Vergleich mit anderen Infrastruktureinrichtungen.

forsa-Umfrage für Schleswig-Holstein: Weniger Menschen zufrieden mit medizinischer Versorgung
AOK sieht akuten Handlungsbedarf in der Gesundheitspolitik – AOK-Chef Ackermann: „Gesundheit mehr vernetzt denken.“

Pressemitteilung

Kiel – Die Mehrheit der Menschen in Schleswig-Holstein ist derzeit zufrieden mit der medizinischen Versorgung an ihrem Wohnort. Doch im Verlauf der andauernden Corona-Pandemie haben sich die Zustimmungswerte deutlich verschlechtert. Nach der ersten Corona-Welle im Sommer 2020 lag die Zufriedenheit noch bei 79 Prozent, im Juli 2022 waren es nur noch 61 Prozent. Außerdem meinen nur noch 40 Prozent, dass sich die dezentrale Organisation des Krisenmanagements während der Pandemie bewährt habe. Aus Sicht der Menschen in Schleswig-Holstein besteht im Gesundheitswesen für die neue Bundesregierung jedenfalls ein großer Handlungsbedarf. Das sind die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage bei 400 Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein durch das Meinungsforschungsinstitut forsa, die die AOK NordWest im Rahmen ihrer Initiative ‚Stadt.Land.Gesund‘ in Auftrag gegeben hat. „Unsere Befragung zeigt eindrucksvoll, wie wichtig den Menschen die Gesundheitsversorgung ist. Längst überfällige und im Koalitionsvertrag bereits definierte Reformen müssen von der Bundesregierung nun endlich angegangen und im Sinne einer besseren Patientenversorgung rasch umgesetzt werden“, sagt Tom Ackermann, Vorstandsvorsitzender der AOK NordWest.

Nach den aktuellen Umfrage-Ergebnissen sind unter den verschiedenen Infrastruktureinrichtungen vor Ort für 93 Prozent der Befragten die Hausärzte nach wie vor am wichtigsten. Dahinter folgen die Internetversorgung und Schulen und Bildungseinrichtungen mit jeweils 87 Prozent sowie Krankenhäuser (85 Prozent). Auch bei der Zufriedenheit mit der Gesundheitsversorgung vor Ort zeigen sich weiterhin robuste Werte: 78 Prozent der Befragten sind mit den Hausärzten zufrieden. Bei der letzten Befragung in 2020 waren es noch 82 Prozent. Unverändert ist die Zufriedenheit mit 72 Prozent bei den Krankenhäusern. Die Zufriedenheit mit den Fachärzten liegt derzeit bei 51 Prozent (59 Prozent in 2020), bei ambulanten Pflegeangeboten bei 51 Prozent (58 Prozent) und bei den stationären Pflegeangeboten bei 45 Prozent (50 Prozent). „Hier machen sich offenbar verstärkt die Erfahrungen aus der zweiten bis vierten Corona-Welle bemerkbar“, so Ackermann. In der Wahrnehmung der Befragten lagen die Hauptprobleme während der Corona-Pandemie in erster Linie bei den verschobenen Krankenhaus-Behandlungen und überforderten Gesundheitsämtern. Auch die Mehrbelastung für pflegende Angehörige durch das Wegbrechen von Hilfestrukturen und Dienstleistungen werden genannt.

Vulnerable Gruppen nicht abhängen

AOK-Chef Ackermann mahnt vor diesem Hintergrund, stärker auf Belange von vulnerablen Gruppen im Gesundheitswesen zu achten. „Viele Menschen haben weiterhin große Probleme, verständliche Informationen für eine gesicherte und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung zu bekommen und diese zu be-werten“, so Ackermann. Dafür brauche es unbedingt einen niederschwelligen Zugang zu verständlichen Informationen in verschiedenen Sprachen. Auch strukturelle Zugangshürden führen im Gesundheitswesen weiterhin zu schlechteren Gesundheitschancen. „Die Menschen erwarten einen schnellen und barrierefreien Zugang zu guter Gesundheitsversorgung – unabhängig von Alter, Geschlecht, Sprache, Erkrankung, Wohnort oder sozialem Status“, so Ackermann. Um gesundheitliche Teilhabe insbesondere in strukturschwachen Gebieten oder sozialen Brennpunkten zu verbessern, brauche es einen verlässlichen Rahmen für die Zusammenarbeit der Akteurinnen und Akteure vor Ort. Gemeinsam mit den Kommunen gelte es, neuartige Angebote wie Gesundheitszentren oder Gesundheitskioske zu schaffen, so Ackermann. Entsprechende Vorhaben der Ampel im Koalitionsvertrag werden von der AOK ausdrücklich unterstützt.

Erfahrungen aus der Corona-Pandemie

Eine deutliche Verschiebung gegenüber der letzten Befragung in 2020 zeigt sich bei den Angaben zu möglichen Lehren aus der Pandemie. So finden nur noch 40 Prozent, dass sich das dezentrale Krisenmanagement bewährt habe. In 2020 waren es noch 47 Prozent. Hohe Zustimmungswerte gibt es weiterhin dafür, dass es eine flächendeckende gute Versorgung auch in ländlichen Regionen brauche (99 Prozent), Pflegeangebote aufrechtzuerhalten sind (97 Prozent) und Gesundheitsberufe mehr Wertschätzung verdienen (97 Prozent).

Behandlungsqualität wichtiger als schnelle Erreichbarkeit

„Die Corona-Effekte spiegeln sich in fast allen Ergebnissen dieser Befragung wider“, so Ackermann. Gefragt nach den Themen, die aktuell wichtig sind und worum sich die Bundesregierung kümmern sollte, liegt die „Stärkung des Gesundheitssystems“ mit 79 Prozent auf Platz zwei, gleich hinter „Investitionen in Schule, Bildung und Kinderbetreuung (85 Prozent). Mit Abstand am häufigsten nennen 89 Prozent der Befragten den Fachkräftemangel als derzeit größtes Problem für das deutsche Gesundheitswesen, noch vor der mangelnden Koordination der beteiligten Akteure (59 Prozent). „Das sollten alle Akteure als Auftrag verstehen und sie motivieren, das deutsche Gesundheitswesen für die Menschen noch leistungsfähiger und gerechter zu gestalten“, so Ackermann. Dabei ergab die forsa-Umfrage, dass der Bevölkerung bei der Arzt- oder Krankenhauswahl eine gute Behandlungsqualität deutlich wichtiger als eine schnelle Erreichbarkeit ist.

Digitale Lösungen

AOK-Chef Ackermann kündigte an, sich weiterhin für innovative Versorgungsformen im Land einzusetzen. Ein gutes Beispiel sieht der AOK-Chef vor allem in Videosprechstunden als Ergänzung zum Praxisbesuch. Etwa zwei Drittel (67 Prozent) der Menschen in Schleswig-Holstein können sich inzwischen vorstellen, sich mit Fragen zu ihrer Gesundheit per Videosprechstunde an einen Arzt oder Ärztin zu wenden. Allein mit Versicherten der AOK NordWest wurden in 2021 insgesamt 12.882 Videosprechstunden durchgeführt, vor der Pandemie in 2019 waren es gerade einmal sieben. Dabei zeigten sich 97 Prozent der Befragten mit dem Angebot zufrieden oder sehr zufrieden. „Die Videosprechstunden haben sich weiter etabliert. Wir sehen Telemedizin als eine sinnvolle Ergänzung zum persönlichen Kontakt zwischen Patient und Arzt. Nicht nur auf dem Land, wo die Wege zur Praxis weiter sein können, machen digitale Lösungen wie die Videosprechstunde Sinn“, so der AOK-Chef.

Gesundheit vernetzt denken

Nach Worten von Ackermann habe die Corona-Pandemie gezeigt, wie dringend solche digitalen Lösungen im Gesundheitswesen benötigt werden. „An allen Ecken und Enden offenbart sich, was digitale Vernetzung leisten könne. Gerade die telemedizinischen Services wie die digitale Fernuntersuchung, -diagnose und -überwachung können mit dazu beitragen, die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum sicherzustellen. So stehen zum Beispiel einer sinkenden Anzahl verfügbarer Pflegefachkräfte steigende Bedarfe unserer älter werdenden Gesellschaft gegenüber. Vernetzung, Telemedizin und sektorenübergreifende Versorgung tragen dazu bei, dieser Herausforderung zu begegnen. Dabei wollen wir eine intelligente und qualitativ hochwertige telemedizinische Struktur in Schleswig-Holstein mit aufbauen und mit innovativen auch digitalen Projekten Versorgung aktiv mitgestalten. Wir brauchen ein Versorgungsmanagement aus einer Hand“, so Ackermann.

Medizinische Versorgung flexibel koordinieren

Die Corona-Pandemie habe deutlich gemacht, dass die medizinische Versorgung bislang zwar gut funktioniert habe, sie künftig aber noch viel stärker sektorenübergreifend organisiert und flexibel koordiniert werden müsse. Das empfinden auch die Menschen in Schleswig-Holstein so. Nur 41 Prozent der Befragten findet, dass die Abstimmung zwischen medizinischen Einrichtungen während einer Behandlung gut oder sehr gut funktioniert. Als Gründe werden zu wenig Zeit (81 Prozent), zu wenig fachlicher Austausch (62 Prozent) oder eine fehlende digitale Vernetzung (58 Prozent) gesehen. „Ohne entsprechende Reformen ist davon auszugehen, dass wir auch nach der Pandemie zum alten Auslastungsrad mit unnötigen Doppel- und Mehrfachuntersuchungen, unwirtschaftlichen Strukturen, zu viel Krankenhausbetten und Defizite in der Notdienst- und Notfallversorgung zurückkehren werden. Denn die Corona-Ereignisse haben weder die Verhältnisse noch das Verhalten von Patienten nachhaltig verändert“, so Ackermann.

AOK unterstützt ‚Zielbild für die Gesundheitsversorgung 2030‘

Ausdrücklich unterstützt wird von der AOK NordWest, dass die Landesregierung in Schleswig-Holstein ein „Zielbild für die Gesundheitsversorgung 2030“ entwickeln wolle. Damit sollen grundlegende Zukunftsfragen der medizinischen Versorgung, absehbare Probleme und deren Lösungen definiert und schließlich zu Ergebnissen führen. „Hier werden wir uns gern als größte gesetzliche Krankenkasse im Land mit unserer Expertise einbringen“, so Ackermann. Auch der von der Landesregierung im Koalitionsvertrag angekündigte „Pakt für die Gesundheits- und Pflegeberufe“ werde von der AOK unterstützt. „Die weichenstellenden Prozesse für die Absicherung der Gesundheitsversorgung in Schleswig-Holstein müssen rasch angegangen werden“, sagt Ackermann. Das gilt auch für die Krankenhausversorgung.

Umsetzung einer neuen Krankenhausplanung für Schleswig-Holstein rasch erforderlich

Im Krankenhausbereich in Schleswig-Holstein wurden nach Meinung von Ackermann die Voraussetzungen für eine bedarfsgerechte Klinikplanung mit dem ersten Landeskrankenhausgesetz (LKHG) bereits in 2021 eingeleitet. „Jetzt müssen aber zügig weitere Schritte folgen“, so der AOK-Chef. Vorbild könnte dabei Nordrhein-Westfalen sein. „Statt einer rein bettenorientierten Krankenhausplanung werden dort Leistungsbereiche und Leistungsgruppen im Plan ausgewiesen und Qualitätsvorgaben für die Versorgungsangebote definiert. Damit wird die Behandlungsqualität für die Patientinnen und Patienten gestärkt und der Ressourceneinsatz optimiert“, so Ackermann.

AOK NordWest im Profil

Die AOK NordWest mit Sitz in Dortmund zählt zu den zehn größten gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland. Die über 7.100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beraten in den 86 AOK-Kundencentern rund 2,9 Millionen Versicherte, davon 2,3 Millionen in Westfalen-Lippe und fast 600.000 in Schleswig-Holstein. Das Haushaltsvolumen beläuft sich auf rund zwölf Milliarden Euro. Über 95 Prozent der geplanten Ausgaben werden direkt in die Gesundheit der Versicherten investiert.