Hürth – 15 Jahre nach der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) und der jüngsten Staatenprüfung durch die Vereinten Nationen bleibt die Umsetzung der Konvention in Nordrhein-Westfalen unzureichend. Die Selbsthilfeverbände in NRW kritisieren, dass die Landespolitik bisher nicht auf ihre Forderungen zur Umsetzung der UN-BRK reagiert hat.
Trotz der verbindlichen Verpflichtungen, die die UN-BRK mit sich bringt, sind viele Bereiche der Inklusion und Barrierefreiheit in NRW noch nicht zufriedenstellend umgesetzt. Die Lebenshilfe NRW und andere Selbsthilfeorganisationen forderten die Landespolitik bereits im April 2024 auf, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um die volle Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten. Diese Forderungen blieben bislang ungehört.
„Die Selbsthilfe in NRW hat mit ihren Forderungen im April gezeigt, wo in NRW bei der Teilhabe von Menschen mit Behinderung die Probleme liegen. Dass darauf bislang nicht reagiert wurde, ist beschämend. Wir bieten daher am Tag der Menschenrechte der Landespolitik nochmals das Gespräch an, um die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in NRW endlich voranzubringen. Die deutliche Kritik des UN-Ausschusses zur bisherigen Umsetzung der Konvention in Deutschland sollte alarmierend genug sein, um endlich zu handeln“, sagt Prof. Dr. Gerd Ascheid, Landesvorsitzender der Lebenshilfe NRW.
Wesentliche Forderungen der NRW-Selbsthilfeorganisationen
- Inklusiver Arbeitsmarkt: Menschen mit Behinderungen müssen Zugang zu einem inklusiven Arbeitsmarkt haben, der ihren Lebensunterhalt sichert und frei gewählt werden kann. Die Landespolitik muss mehr Maßnahmen ergreifen, um die Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderungen zu erhöhen und die Barrierefreiheit an Arbeitsstätten sicherzustellen. Die neu initiierte Kampagne zu mehr Inklusion auf dem Arbeitsmarkt in NRW darf nicht nur Papier bleiben, sondern muss zu konkreten Umsetzungsmaßnahmen vor Ort unter Beteiligung der Menschen mit Behinderung geschehen.
- Barrierefreie Gesundheitsversorgung: Der gleichberechtigte Zugang zu qualitativ hochwertiger gesundheitlicher Versorgung muss gewährleistet werden. Es fehlen barrierefreie Praxen und Einrichtungen, insbesondere in ländlichen Gebieten. Auch besteht nach wie vor ein hoher Schulungsbedarf für Mitarbeitenden in Praxen und Krankenhäusern zum Umgang mit Menschen mit unterschiedlichsten Behinderungen. Sie brauchen Unterstützung, um in ohnehin herausfordernden Zeiten den Menschen besser gerecht werden zu können. Dies nützt allen Beteiligten im Gesundheitssystem.
- Bildung: Ein inklusives Bildungssystem von der Kita bis zur Hochschule muss geschaffen werden. Die Landespolitik muss die notwendigen Ressourcen bereitstellen, um das Regelschulsystem inklusiv zu gestalten.
- Barrierefreiheit: Es bedarf gesetzlicher Verbesserungen in der Bauordnung, um barrierefreies Bauen zum Standard zu machen. Barrierefreiheit muss in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens gewährleistet sein. Spätere Umbaumaßnahmen sind in der Regel wesentlich teurer und alle Menschen profitieren von barrierefreien Möglichkeiten.
- Partizipation: Die aktive Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen und ihren Organisationen in Entscheidungsprozesse muss von Anfang an mitgedacht werden und sichergestellt werden.
Die Lebenshilfe NRW appelliert an die Landespolitik, den Tag der Menschenrechte als Anlass zu nehmen, um die notwendigen Schritte zur vollständigen Umsetzung der UN-BRK zu unternehmen und damit die Rechte von Menschen mit Behinderungen in NRW zu stärken.
Die 71 nordrhein-westfälischen Orts- und Kreisvereinigungen der Lebenshilfe, mit rund 18.000 Mitgliedern, und 60 außerordentlichen Mitgliedsorganisationen sind Träger oder Mitträger von zahlreichen Diensten, Einrichtungen und Angeboten für Menschen mit Behinderung. Sie alle sind Mitglieder im nordrhein-westfälischen Landesverband, der Lebenshilfe Nordrhein-Westfalen e.V.
In Frühförderstellen, (meist inklusiven) Kindertageseinrichtungen, Schulen und Tagesförderstätten, Werkstätten, Fortbildungs- und Beratungsstellen, Sport-, Spiel- und Freizeitprojekten, besonderen Wohnformen und ambulant unterstütztem Wohnen, familienentlastenden Diensten und vielen weiteren Angeboten werden in NRW durch die Lebenshilfe über 30.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene durch über 16.000 Mitarbeitende der Träger gefördert, unterstützt und begleitet.
Hauptamtliche und ehrenamtliche Mitarbeitende der Lebenshilfe sind mit diesen Aufgaben betraut. Angehörige von Menschen mit Behinderung können sich in Elterngruppen austauschen, Menschen mit Behinderung selbst arbeiten in Vorständen und anderen Gremien der Lebenshilfe mit.