Berlin – Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) erzielte nach den vorläufigen Finanzergebnissen (KV 45) im Jahr 2007 bei Einnahmen von rd. 155,40 Mrd. Euro und Ausgaben von 153,62 Mrd. Euro einen Überschuss von 1,78 Mrd. Euro. Das aktuelle Finanzergebnis fiel damit noch günstiger aus als im Jahr 2006, als die Krankenkassen einen Überschuss von 1,63 Mrd. Euro erzielten. Somit konnte die gesetzliche Krankenversicherung nach den Reformen 2003 und 2007 zum vierten Mal hintereinander mit einem positiven Finanzergebnis abschließen.
Finanzielle Konsolidierung weitgehend abgeschlossen Die Überschüsse der Jahre 2004 bis 2007 waren erforderlich, um die bis 2003 aufgelaufene Verschuldung der gesetzlichen Krankenversicherung abzubauen. Ende 2003 betrug die Netto-Verschuldung der GKV (damals 323 Kassen) noch rd. 6 Mrd. Euro. Nach dem positiven Finanzergebnis des vergangenen Jahres verfügt die gesetzliche Krankenversicherung jetzt insgesamt wieder über positive Finanzreserven von rd. 3,2 Mrd. Euro. Die GKV hat damit einen Beitrag geliefert, dass Deutschland das erste Mal seit vielen Jahren einen ausgeglichenen Haushalt des Gesamtstaates einschließlich der Sozialversicherung ausweisen kann. Zum ersten Mal seit sieben Jahren kann mit dieser Finanzreserve in der GKV insgesamt wieder ein Viertel einer durchschnittlichen Monatsausgabe abgesichert werden. Die tatsächliche Finanzlage der allermeisten Kassen bietet daher wenig Gründe für immer neue, interessengeleitete Beitragssatzprognosen.
Bereits Ende 2006 hatten 187 (von insgesamt 242) Kassen wieder positive Finanzreserven. Zum Jahresende 2007 hat sich die Situation noch weiter verbessert. Die exakten Betriebsmittel und Rücklagen der einzelnen Kassen (derzeit noch 219) und somit der GKV insgesamt können jedoch erst mit den endgültigen Jahresrechnungsergebnissen, die im Sommer vorliegen werden, ausgewiesen werden. Auch bei den wenigen verbleibenden Kassen, die trotz der Überschussentwicklung in 2007 ihre Schulden noch nicht in vollem Umfang abbauen konnten, wurden zwischenzeitlich die Weichen für die weitere finanzielle Konsolidierung gestellt. Die Entschuldungspläne der Kassen und Kassenarten greifen und stellen sicher, dass bei allen Kassen der jeweiligen Kassenart – z. T. mit finanzieller Hilfe des jeweiligen Verbandes – eine vollständige Entschuldung vor dem Start des Gesundheitsfonds zum 1. Januar 2009 erfolgen kann. Höchste Überschüsse bei AOKen Sämtliche Kassenarten bis auf die Knappschaft-Bahn-See und die landwirtschaftlichen Krankenkassen, die noch über erhebliche Finanzreserven verfügen, konnten das vergangene Jahr mit einem positiven Finanzergebnis abschließen.
Die Überschüsse des vergangenen Jahres konzentrierten sich vor allem auf die großen Versorgerkassen. Das Plus der Allgemeinen Ortskrankenkassen ist mit 943 Mio. Euro dabei besonders hervorzuheben. Dieser Überschuss ist auch der zum Teil deutlichen Beitragssatzanhebung vieler AOKen zum 1. Januar 2007 geschuldet, die – wie alle anderen Kassen auch – zum einen den abgesenkten Bundeszuschuss und die Mehrbelastung durch die höhere Mehrwertsteuer kompensieren mussten. Zum anderen steht diese Kassenart vor der größten Herausforderung, die Entschuldung bei sämtlichen ihrer Mitgliedskassen bis Ende 2008 vollständig abzuschließen. Das positive Finanzergebnis 2007, verbesserte Perspektiven auf der Einnahmenseite durch positive Beschäftigungs- und Lohnentwicklung sowie eine konsequente Ausschöpfung vorhandener Einsparpotenziale sorgen dafür, dass die gesetzliche Krankenversicherung mit einer stabilen finanziellen Grundlage am 1. Januar 2009 in den Gesundheitsfonds starten kann.
Ausgaben und Einnahmenentwicklung Die Beitragseinnahmen der Krankenkassen sind in 2007 bei einem Anstieg des Beitragssatzniveaus um 0,6 Beitragsssatzpunkte um 4,9 v.H. je Mitglied gestiegen; bei den beitragspflichtigen Einnahmen (Grundlöhnen der Krankenkassen) gab es ein Plus von 0,7 v.H. Dem stand ein Zuwachs bei den Leistungsausgaben von 3,7 v.H. je Mitglied gegenüber.
Grundlohnzuwächse auch durch Mitgliederanstieg Die Zuwächse der beitragspflichtigen Einnahmen, die die Einnahmebasis der GKV aus Löhnen und Gehältern sowie aus Renten bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze widerspiegeln, waren 2007 mit 0,73 v.H. je Mitglied noch moderat. Durch die steigende Zahl der versicherungspflichtig Beschäftigten ist es jedoch in 2007 wieder zu einem deutlichen Zuwachs der beitragszahlenden Mitglieder gekommen. Dies hat dazu geführt, dass der absolute Zuwachs der beitragspflichtigen Einnahmen in der GKV, mit 1,3 v.H. deutlich höher lag. So waren nach der Mitgliederstatistik für den Monat Januar 2008 rd. 581 Tsd. mehr beitragszahlende Personen (als erwerbstätige Pflicht- oder freiwillige Mitglieder mit einem 6-wöchigen Entgeltfortzahlungsanspruch) in der GKV registriert als im Januar 2007. Noch bis Mitte 2006 fiel der Vergleich der Beitragszahler zum entsprechenden Vorjahresmonat negativ aus.
Steigende Beschäftigtenzahlen sowie zwischenzeitlich vereinbarte und noch anstehende Tarifabschlüsse wirken sich erst mit zeitlicher Verzögerung positiv auf die Einnahmeentwicklung der Krankenkassen aus und werden voraussichtlich dazu führen, dass die Grundlohnzuwächse der Krankenkassen in 2008 höher liegen werden als in 2007. Die für die Einnahmeentwicklung relevanten Tarifabschlüsse begannen häufig erst in der 2. Jahreshälfte 2007 zu wirken und weitere große Tarifbereiche sind noch im Verhandlungsstadium. Einen deutlichen Zuwachs gab es 2007 bei den Beitragseinnahmen aus geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen, die im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rd. 8 v.H. gestiegen sind.
Differenzierte Entwicklungen auf der Ausgabenseite Die Entwicklung der Ausgaben ist in den einzelnen Leistungsbereichen sehr unterschiedlich verlaufen. Der Anstieg der Arzneimittelausgaben von 6,7 v.H. (ohne Impfkosten) ist zu einem Teil auf die Anhebung der Mehrwertsteuer von 16 auf 19 v.H. zum 1. Januar 2007 zurückzuführen. Ohne diesen Sonderfaktor hätte der Zuwachs rd. 4 v.H. betragen. Im Arzneimittelbereich ist die konsequente Nutzung von Einsparmöglichkeiten durch Rabattverträge, die das GKV-WSG eröffnet hat, weiterhin besonders geboten. Eine wirksame Steuerung der Arzneimittelausgaben darf sich allerdings nicht auf die erfolgreiche Ausschöpfung von Preissenkungsspielräumen beschränken. Vielmehr sollten auch die verbesserten Möglichkeiten zur Kosten-Nutzen-Bewertung vor allem bei Arzneimitteln mit geringem therapeutischen Zusatznutzen genutzt und überflüssige Arzneimittelverordnungen vermieden werden. Der moderate Anstieg bei den Krankenhausausgaben in 2007 von 0,6 v.H. je Mitglied ist vor dem Hintergrund deutlicher Zuwächse von jeweils rd. 3 v.H. in den Jahren 2005 und 2006 zu relativieren. Der absolute Zuwachs der Krankenhausausgaben lag mit 1,1 v.H. (ca. 550 Mio. Euro) um einiges höher. Hier ist sicherlich zu beachten, dass Ausgabenzuwächse von rd. 10 v.H. je Mitglied bei häuslicher Krankenpflege und ein Ausgabenzuwachs von 41 v.H. je Mitglied bei integrierter Versorgung erheblich zu Entlastungen der Krankenhäuser beigetragen haben. Bei den Zuwächsen von 550 Mio. Euro ist der mit dem GKV-WSG eingeführte Sparbeitrag der Krankenhäuser für das Jahr 2007 bereits ausgabenmindernd berücksichtigt. Der Zuwachs von 3,3 v.H. je Mitglied bei den Ausgaben für ambulante ärztliche Behandlung geht ähnlich wie im vergangenen Jahr deutlich über den Zuwachs der beitragspflichtigen Einnahmen der Krankenkassen hinaus und ist der höchste Anstieg, der in diesem Leistungsbereich seit 1994 zu verzeichnen war. Der Anstieg ist maßgeblich von einem Zuwachs von 5,8 v.H. in den neuen Ländern geprägt. Diese Entwicklung deutet wie bereits im vergangenen Jahr auf eine erhebliche Verbesserung der Honorarsituation der Ärzte hin, zumal die zusätzlichen vergüteten Ausgaben für ärztliche Früherkennungsuntersuchungen einen Anstieg von 5,7 v.H. aufweisen. Durch die Honorarreform im Bereich der vertragsärztlichen Vergütung wird sich die wirtschaftliche Situation in den Arztpraxen in den nächsten Jahren weiter deutlich verbessern.
Aufwertung von Prävention und Rehabilitation Die Ausgabenentwicklung der Krankenkassen dokumentiert auch die gesundheitspolitische Aufwertung von Präventions- und Rehabilitationsleistungen. Hohe zweistellige Ausgabenzuwächse von fast 55 v.H. bei den Ausgaben für Präventionsleistungen und Schutzimpfungen sind gesundheitspolitisch geboten. Für Schutzimpfungen haben die gesetzlichen Krankenkassen in 2007 rd. 660 Mio. Euro (plus 70 v.H.) mehr ausgegeben als 2006. Diesen Mehrausgaben stehen erhebliche Verbesserungen im Impfschutz der Bevölkerung gegenüber. Seit Mitte 2007 ist es nicht mehr den einzelnen Krankenkassen überlassen, welche Impfleistungen sie ihren Mitgliedern zur Verfügung stellen. Vielmehr stehen medizinisch gebotene Impfungen jetzt allen Versicherten zur Verfügung. Allerdings muss darauf geachtet werden, dass die Verbesserungen beim Impfschutz in enger Kooperation mit dem öffentlichen Gesundheitsdienst umgesetzt werden und es nicht zu Ausgabenverlagerungen zum Nachteil der gesetzlichen Krankenversicherung kommt. Außerdem müssen auch bei den Impfstoffen verstärkt preiswerte Verordnungsalternativen zur Anwendung kommen.
Positiv zu bewerten ist auch die Entwicklung bei den Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen, die nach Jahren mit rückläufiger Entwicklung in 2007 mit einem Plus von 3,5 v.H. erstmals wieder Zuwächse aufweisen, bei den Mütter/Väter/Kind-Kuren gab es sogar einen Anstieg von 14,8 v.H.; eine Entwicklung, die auch auf die Umwandlung dieser Leistungen von Ermessens- zu Regelleistungen der Kassen zurückzuführen ist. Erstmalig gab es bei den Krankengeldausgaben, die in den letzten Jahren bei ungünstiger konjunktureller Entwicklung und einem sehr niedrigen Krankenstand stark rückläufig waren, mit 5,1 v.H. wieder Zuwächse.
Die Verwaltungskosten der Krankenkassen sind ähnlich wie in den Vorjahren mit 0,4 v.H. nur geringfügig gestiegen, bei den AOK’en und Ersatzkassen waren sie sogar annähernd konstant oder rückläufig. Deutliche überproportionale Zuwächse bei den Betriebskrankenkassen und der Knappschaft-Bahn-See von 7 bis 8 v.H. müssen hingegen kritisch betrachtet werden.
Veränderungsraten 1. bis 4. Quartal 2007 zu 1. bis 4. Quartal 2006 je Mitglied (M) und je Versicherten (V) in v.H. siehe Link zur Pressemitteilung
Link zur Pressemitteilung: http://www.bmg.bund.de