Heidelberg – Bei einem Überangebot von Fettmolekülen drosseln Leberzellen die Produktion eines wichtigen Regulationsproteins. Dies ist ein zentraler molekularer Schritt bei der Entstehung einer Fettleber, wie Wissenschaftler der gemeinsamen Forschungsabteilung Molekulare Stoffwechselkontrolle des Deutschen Krebsforschungszentrums, des Zentrums für Molekulare Biologie der Universität Heidelberg und des Universitätsklinikums nun veröffentlichen. Speckrollen um Hüfte und Bauch sind zwar mit unseren derzeitigen Schönheitsidealen kaum vereinbar, stellen aber bis zu einem gewissen Umfang eine normale, ja sogar lebenswichtige Energiereserve des Körpers dar. Anders sieht es dagegen aus, wenn der Organismus Fett in Organen wie Leber, Bauchspeicheldrüse oder Muskulatur einlagert: Dies sind klare Anzeichen für eine Stoffwechselstörung. Bis zu 80 Prozent aller stark übergewichtigen Menschen entwickeln eine Fettleber, die als typisches Kennzeichen für das gefährliche Metabolische Syndrom gilt. Die Fetteinlagerung in der Leber kann zu chronischer Leberentzündung und sogar zum Leberkarzinom führen. Daneben wird die Fettleber als unabhängiger Risikofaktor für koronare Herzerkrankungen und für Artherosklerose angesehen. Die Fettleber tritt oft als schwerwiegende Begleiterkrankung von Insulinresistenz und Typ 2-Diabetes auf. Wissenschaftler um Dr. Stephan Herzig untersuchten nun, welche molekularen Schalter in der Zelle umgelegt werden, wenn die Ernährung ein Überangebot von energiereichen Fetten, den Triglyceriden, liefert. Dazu ermittelten die Forscher im Lebergewebe von Mäusen den Gehalt an bestimmten Proteinen, die an der gezielten Genaktivierung beteiligt sind. Die so genannten Ko-Aktivatoren der Transkription regulieren, welche Gene in einer Zelle abgelesen werden. An übergewichtigen Mäusen beobachteten die Wissenschaftler, dass ein hoher Triglycerid-Spiegel in der Leber immer mit verminderter Produktion des Ko-Aktivators TBL1 einherging. Dies galt sowohl für Tiere, die aus erblichen Gründen eine Fettleber entwickeln, als auch für Artgenossen, die kalorienreiches Futter erhielten. In der Leber, nicht jedoch in anderen Geweben, drosselt ein Überangebot von Fett die Produktion von TBL1. Dies bewirkt, dass die Leber weniger Fett verbrennt und stattdessen mehr Fettmoleküle einlagert: Das wiederum könnte dann zu einem weiteren Rückgang der TBL1-Produktion führen, erklärt Stephan Herzig. Ob sich die an Mäusen gewonnenen Erkenntnisse auf den Menschen übertragen lassen, untersuchten die Forscher an Gewebeproben menschlicher Lebern. Je höhere Triglycerid-Spiegel sie maßen, desto weniger TBL1 fanden sie in den Proben. Stephan Herzig erwartet einen praktischen Nutzen der Ergebnisse: Möglicherweise können wir in Zukunft anhand der TBL1-Spiegel unter den Übergewichtigen die Personen herausfiltern, die ein besonderes Risiko haben, eine Fettleber zu entwickeln. Dem könnte man dann gezielt durch Diätempfehlungen gegensteuern. Philipp Kulozik, Allan Jones, Frits Mattijssen, Adam J. Rose, Anja Reimann, Daniela Strzoda, Stefan Kleinsorg, Christina Raupp, Jürgen Kleinschmidt, Karin Müller-Decker, Walter Wahli, Carsten Sticht, Norbert Gretz, Christian von Loeffelholz, Martin Stockmann, Andreas Pfeiffer, Sigrid Stöhr, Geesje M. Dallinga-Thie, Peter P. Nawroth, Mauricio Berriel Diaz und Stephan Herzig: Hepatic deficiency in transcriptional co-factor TBL1 promotes liver steatosis and hypertriglyceridemia. Cell Metabolism, 2011, DOI: 10.1016/j.cmet.2011.02.011 Ein Bild zur Pressemitteilung steht im Internet zur Verfügung unter http://www.dkfz.de Legende: Dreidimensionale Darstellung einer Leber mit Blutgefäßen (rot und blau) sowie Gallengängen und Gallenblase (grün) Bildquelle: Prof. Dr. Hans-Peter Meinzer, Deutsches Krebsforschungszentrum Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 2.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Ansätze, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Daneben klären die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs auf. Das Zentrum wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren. Diese Pressemitteilung ist abrufbar unter http://www.dkfz.de