Neuherberg – Wissenschaftler des GSF – Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit in der Helmholtz-Gemeinschaft konnten gemeinsam mit Kollegen des französischen Instituts für Gesundheit und medizinische Forschung INSERM zeigen, dass die Exposition von schwangeren Frauen mit Feinstaubpartikeln aus dem Verkehr zu einer Minderung des Geburtsgewichts ihres Kindes führen kann. Nachdem die Forscher in der Vergangenheit die Effekte der Feinstaubbelastung bei Erwachsenen und Kindern untersucht hatten, konzentrieren sie sich mit dieser neuen Untersuchung nun erstmals auf die Risiken für das ungeborene Leben. Die GSF setzt damit ihre erfolgreiche Kooperation mit der international renommierten französischen Forschungseinrichtung fort, in dem gemeinsamen Ziel, den Ursachen umweltbedingter Störungen der Gesundheit weiter auf die Spur zu kommen.
Für die nun veröffentlichte Studie wurden Daten aus der Kohortenstudie LISA verwendet, in der der Einfluss von Lebensbedingungen und Verhaltensweisen auf die Entwicklung von Immunsystem und Allergien untersucht wird. Untersucht wurden 1016 Mütter und ihre Kinder, die im Zeitraum von 1998 bis 1999 in München geboren waren. Es wurden nur Frauen einbezogen, die während der Schwangerschaft keinen Wohnortwechsel vorgenommen hatten. Auf Basis einer Messkampagne an 40 Standorten im Stadtgebiet von München konnte die Exposition der Mütter verkehrsbedingten Luftschadstoffen während ihrer Schwangerschaft, darunter lungengängigen Feinstaubpartikeln mit einem Durchmesser kleiner 2,5 Mikrometer (PM2,5), modelliert werden. Das Modell bezog die Entfernung des Wohnstandorts zu Straßen ein, die Populationsdichte in der Nähe der Wohnung sowie die zeitlichen Konzentrationsschwankungen der Luftschadstoffe während der Schwangerschaft.
Mittels eines detaillierten Fragebogens ließ sich der Einfluss von Luftschadstoffen aus anderen Faktoren herausfiltern, die bekanntermaßen für das Geburtsgewicht eine Rolle spielen. Dazu zählen insbesondere mütterliches Rauchen, Größe und Gewicht der Mutter vor der Schwangerschaft, das Ausbildungsniveau der Mütter sowie Dauer der Schwangerschaft und Geschlecht des Kindes.
Frauen, die während ihrer Schwangerschaft höheren Konzentrationen an lungengängigem Feinstaub mit einem Durchmesser von kleiner als 2,5 Mikrometer (= PM2,5) exponiert waren, brachten überdurchschnittlich viele Kinder mit einem Geburtsgewicht von weniger als 3000 Gramm zur Welt. Ein ähnlicher Zusammenhang wurde zwischen der Schwärze von Feinstaub und dem Geburtsgewicht beobachtet. Dieser Faktor gilt als Marker für die Herkunft der Partikel aus dem Verkehr und insbesondere aus Diesel-Fahrzeugen.
Frühere amerikanische Studien hatten bereits darauf hingewiesen, dass Feinstaub das Geburtsgewicht beeinflussen könnte. Die nun vorliegende Untersuchung ist die erste Studie aus Deutschland und Westeuropa und zugleich die erste die so deutlich auf den Einfluss verkehrsabhängiger Luftschadstoffe hinweist.
Die biologischen Mechanismen, die den Einfluss von Luftschadstoffen auf das Wachstum des ungeborenen Kindes erklären könnten, sind bis jetzt nicht bekannt. Feinstaub setzt sich aus hunderten von chemischen Substanzen zusammen. Geringe Anteile des Feinstaubs könnten durch die Lunge bis ins Blut gelangen. Es ist auch denkbar, dass diese Anteile des Feinstaubs die Plazenta oder andere Organe, die für die Regulierung des Wachstums des Fötus zuständig sind, beeinflussen. Studien in den USA und Polen haben beispielsweise gezeigt, dass polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAH), die während unvollständiger Verbrennungsprozesse entstehen, den Fötus erreichen und sein Wachstum beeinflussen können.
Das französische Institut für Gesundheit und medizinische Forschung INSERM ist mit 13.000 Beschäftigten eine der größten mit öffentlichen Mitteln finanzierten Forschungseinrichtungen Frankreichs. INSERM widmet sich ganz der Erforschung der menschlichen Gesundheit in den Bereichen Biologie, Medizin und Public Health. Seine Mission ist es, den Austausch zu fördern zwischen Grundlagenforschung und klinischer Forschung sowie therapeutischen und diagnostischen Fragestellungen wie auch Fragen im Bereich Public Health. Das GSF – Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit erforscht die Grundlagen einer zukünftigen Medizin und Versorgung sowie Ökosysteme mit wesentlicher Bedeutung für die Gesundheit. Im Mittelpunkt stehen chronische, degenerative Krankheiten wie Lungenerkrankungen, Allergien, Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die in erheblichem Maße durch persönliche Risikofaktoren, Lebensstil und Umweltbedingungen beeinflusst werden.
Weitere Informationen: Slama R, Morgenstern V, Cyrys J, Zutavern A, Herbarth O, Wichmann HE, Heinrich J and the Lisa study group. 2007 (in press). Traffic-related Atmospheric Pollutants Levels During Pregnancy and Offspring’s Term Birth Weight: an Approach Relying on a Land-Use Regression Model. Environ Health Perspect (doi:101289/ehp10047). On-line access: http://www.ehponline.org