Bonn – Die Digitalisierung verändert zentrale Bereiche unserer Gesellschaft mit unglaublicher Geschwindigkeit und es gibt bereits eine Vielzahl an Online- Gesundheitsangeboten. Das deutsche Gesundheitswesen – und damit auch die Suchtkrankenhilfe und -behandlung – stehen insgesamt vor tiefgreifenden Herausforderungen, womit erhebliche Chancen, aber auch Risiken verbunden sind.
Bei psychischen Problemlagen, substanzbezogenen Störungen (z.B. Umgang mit Alkohol, illegalen Drogen) oder pathologischem Glücksspiel können niedrigschwellige und anonyme Online-Informations- und Beratungsportale einerseits ein wichtiges zusätzliches Hilfeangebot sein.
Derartige digitale Angebote lassen sich nicht nur im Bereich der Prävention und Frühintervention nutzen, sondern sie lassen sich auch mit bestehenden analogen Behandlungsangeboten und -strukturen vernetzen.
Von daher besteht für den Nutzer entsprechender Angebote andererseits die Frage nach der Qualitätssicherung und Wirksamkeit, wie auch nach der Sicherheit des Datenschutzes entsprechender gesundheits- und suchtbezogener Online-Angebote.
In Anlehnung an die bereits bestehende Patienten-Checkliste für Internetprogramme der Bundespsychotherapeutenkammer hat der FVS nun eine Nutzer*innen -Checkliste für die Beurteilung von Internetprogrammen und APPs für psychische Probleme und substanzgebundene/-ungebundene Probleme entwickelt.
Diese Checliste wurde auch unter Einbezug wissenschaftlicher Expertise von Prof. Dr. Harald Baumeister (Abteilung für Klinische Psychologie und Psychotherapie, Institut für Psychologie und Pädagogik, Universität Ulm), Prof. Dr. Christian Montag (Fakultät Ingenieurwissenschaften, Informatik und Psychologie, Institut für Psychologie und Pädagogik, Abt. Molekulare Psychologie, Universität Ulm) und Prof. Dr. Christine Knaevelsrud, (Professorin für klinisch-psychologische Intervention Freie Universität Berlin – Klinische Psychologie und Psychotherapie) erstellt.
Bei einigen der darin aufgeführten Aspekte/Fragen, die insbesondere die Überprüfung der Wirksamkeit betreffen, ist es sicherlich schwierig von Seiten der Nutzer*innen eine Bewertung vorzunehmen. Von daher ist die Zertifizierung von Internetprogrammen und APPs, insbesondere von solchen, die über die Information hinausgehen und den Bereich der Frühintervention/Behandlung betreffen, durch eine unabhängige Organisation unter Einbezug von entsprechenden Experten/innen eine wichtige gesundheitspolitische Aufgabe.
Im Rahmen der Gesetzesinitiative des Bundesministeriums für Gesundheit für das Digitale Versorgung Gesetz (DVG) sollte aus Sicht des FVS eine Zertifizierung entsprechender Internetangebote durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte vorgesehen werden.
Das wäre ein wichtiger Schritt für die Einschätzung entsprechender Angebote. Entsprechend zertifizierte und wissenschaftlich geprüfte Angebote sollten dann auch allgemein zugänglich sein und bei entsprechendem Bedarf auch von Ärzten*innen und Psychotherapeuten*innen verordnet werden können.
Die beigefügte Nutzer*innen-Checkliste mit entsprechenden einführenden Hinweisen soll auf Basis der aktuellen Situation für die Bewertung entsprechender Angebote eine erste Hilfestellung bieten.
Der Fachverband Sucht e.V. (FVS) ist ein bundesweit tätiger Verband, in dem Einrichtungen zusammengeschlossen sind, die sich der Behandlung, Versorgung und Beratung von Suchtkranken widmen. Er wurde 1976 gegründet und vertritt heute ca. 95 Mitgliedseinrichtungen mit über 6.800 stationären und vielen ambulanten Therapieplätzen.