BERLIN – Außenarbeiter haben ein erheblich höheres Risiko, an Hautkrebs zu erkranken, als der Durchschnittsdeutsche. Deshalb sind nach der Aufnahme von berufsbedingtem hellen Hautkrebs (BK 5103) in die Liste der Berufskrankheiten am 1. Januar 2015 nun bessere UV-Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz dringend erforderlich. Darauf machen Experten zum Auftakt der Aktionswoche Haut&Job, die vom 9. bis 13. November 2015 bundesweit stattfindet.
Die Zahlen steigen: „Bereits von Januar bis Mai 2015 sind mit rund 2.000 Fällen mehr Meldungen zu beruflichem Hautkrebs bei der Sozialversicherung Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau sowie bei der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft eingegangen als zu irgendeiner anderen beruflichen Gesundheitsgefahr“, sagt Prof. Swen Malte John, Leiter der Abteilung Dermatologie, Umweltmedizin, Gesundheitstheorie an der Universität Osnabrück. In der Vergangenheit waren bei den beiden gesetzlichen Unfallversicherungsträgern berufliche Ekzem-Erkrankungen die häufigsten gemeldeten Berufskrankheiten. „
Mit der Einführung von Hautkrebs als Berufskrankheit hat sich der Hautkrebs nun noch vor die anderen beruflichen Hauterkrankungen geschoben“, betont John. Er rechnet für das laufende Jahr insgesamt mit 5.000 bis 7.000 Meldungen von beruflichem Hautkrebs.
Damit rückt der Schutz vor solarer UV-Strahlung im Beruf in den Fokus. Sie gilt als Hauptrisikofaktor für die Entstehung von hellem Hautkrebs und seiner Vorstufen.
„Zuerst sind technische Maßnahmen zu ergreifen wie Überdachungen, Sonnensegel oder auch Unterstellmöglichkeiten in den Arbeitspausen“, erläutert Gerhard Citrich von der IG Bauen-Agrar-Umwelt mit Blick auf das Arbeitsschutzgesetz, das diese Maßnahme bereits vorsieht. Dazu zählen auch organisatorische Aspekte, so beispielsweise, die Hauptarbeitszeit in die weniger UV-belasteten Tageszeiten zu verlegen, für Unterbrechungen durch längere Pausen zu sorgen und das Arbeiten zu den Sonnen-Spitzenzeiten am Mittag zu vermeiden.
Damit nicht genug: „Es müssen auch persönliche Schutzmaßnahmen ergriffen werden“, fordert Prof. Andrea Bauer von der Universitätshautklinik Dresden. Neben dem Schutz der Augen rät sie zur 4-H-Regel: Hemd, Hose, Hut und hoher Sonnenschutz. „Der Standard-Schutzhelm bietet keinen Schutz des Gesichts, des Nackens und der Ohren vor solarer UV-Exposition“, erläutert dauzu die dresdener Dermatologin. Besser sind Helme mit breitem, umlaufendem Blendring. Wer keinen Helm tragen muss, sollte auf jeden Fall eine Kopfbedeckung mit breiter Krempe oder einem Schutztuch für den Ohren-, Hals- und Nackenbereich haben. „Intensive Anstrengungen müssen unternommen werden, um eine Kultur der Prävention in Außenberufen einzuführen und die zukünftige Entwicklung von Hautkrebs bei Außenarbeitern zu vermeiden“, lautet ihr Fazit.
Dass der UV-Schutz am Arbeitsplatz dringend einen höheren Stellenwert erfahren muss, unterstreichen erste Auswertungen von Messungen, die die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) seit 2014 bei Außenarbeitern durchführt. „Ein Blick auf die Daten, die etwa 28.000 einzelne Messtage in über 100 Berufen umfassen, zeigt, dass es in vielen Berufen zu hohen Bestrahlungen kommt“, fasst Dr. Marc Wittlich, Leiter des Referats Strahlung am Institut für Arbeitsschutz der DGUV, erste Ergebnisse zusammen. Dabei sind nicht nur die viel zitierten Bauberufe und Berufe in der Landwirtschaft von dieser Gefährdung betroffen. „Grundsätzlich müssen alle Berufe mit regelmäßigen Anteilen im Freien sorgfältig analysiert werden“, so Wittlich.
Wer bereits den Verdacht hat, möglicherweise an einem berufsbedingten Hautkrebs zu leiden, findet im Hautarzt den richtigen Ansprechpartner. „Wir informieren die Patienten über ihren gesetzlichen Anspruch“, sagt Dr. Ralph von Kiedrowski vom Vorstand des Berufsverbandes der Deutschen Dermatologen (BVDD). Dabei ist die Erstellung der BK-Anzeige eine reine Formsache, wenn beim Patienten die entsprechenden Voraussetzungen wie eine ausreichend lange berufliche UV-Exposition geprüft wurden.
„Parallel dazu sollten auch die in das gesetzliche Hautkrebsscreening eingebundenen Allgemeinmediziner dahingehend sensibilisiert werden, dass schon die chronisch-UV-geschädigte Haut eine Weiterleitung des Patienten an den Dermatologen bewirken sollte und nicht erst der Verdachtsbefund eines hellen Hautkrebs“, fordert von Kiedrowski.