Berlin – Rund vier Millionen Menschen in Deutschland leiden an so genannten seltenen Erkrankungen, europaweit sind es rund 20 Millionen Menschen. Bundesforschungsministerin Annette Schavan und die Gattin des Bundespräsidenten, Eva Luise Köhler, stellten am Mittwoch in Berlin das europäische Netzwerk E-RARE und seine neue Förderinitiative vor. Durch die gezielte Bündelung von Forschung in Europa soll die Situation der Betroffenen deutlich verbessert werden.
“Durch die Zusammenarbeit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus ganz Europa können seltene Erkrankungen künftig viel effektiver erforscht werden. Das ist die Grundlage für schnellere Diagnosen, wirksamere Therapien und bessere Versorgung für viele Patientinnen und Patienten”, sagte Bundesforschungsministerin Annette Schavan. Das Netzwerk E-RARE wird künftig die Forschungsaktivitäten von fünf europäischen Ländern zu seltenen Krankheiten koordinieren. “Die seltenen Erkrankungen gehören zu den Forschungsfeldern, die von einer internationalen Kooperation ganz besonders profitieren”, so Schavan. Leiden beispielsweise unter einer Erkrankung in einem Land wenige hundert Patienten, ist es hilfreich, wenn Mediziner sich europaweit über Krankheitsverläufe austauschen, gemeinsame Datenbanken aufbauen, Studien mit größeren Patientenzahlen durchführen und gemeinsam neue Therapien entwickeln. Mit E-RARE, für das die beteiligten Länder insgesamt zunächst 12,8 Millionen Euro für 3 Jahre ausgeben, ergänzt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) seine laufende nationale Förderung von Netzwerken für seltene Erkrankungen. Seit 2003 stellt das BMBF dafür 30 Millionen Euro zur Verfügung.
“Mit diesen Fördermaßnahmen ist ein Schritt gemacht worden, um langfristig die Situation von Menschen mit seltenen Erkrankungen in unserem Land zu verbessern”, sagte Eva Luise Köhler, Schirmherrin von ACHSE, der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen. ACHSE ist ein Netzwerk von Patientenorganisationen, die Betroffenen und ihren Familien hilft. “Viele Patientinnen und Patienten machen die Erfahrung, dass ihre seltene Erkrankung noch nicht richtig erforscht ist, es keine Medikamente gibt und es aufgrund der wenigen Menschen, die an dieser Krankheit leiden, nicht viel Hoffnung gibt, dass in naher Zukunft die Forschung helfen kann. Und genau hier ist die internationale Vernetzung so wichtig und kann Abhilfe schaffen”, betonte Köhler.
Krankheiten gelten als selten, wenn weniger als eine von 2.000 Personen davon betroffen ist. Das bedeutet: An einer einzelnen Krankheit leiden zwar nur wenige Patienten. Aber da es rund 5.000 bis 8.000 solcher Erkrankungen gibt, sind insgesamt Millionen Menschen betroffenen. Der größte Teil Erkrankungen hat einen genetischen Ursprung. Viele der Krankheiten haben verheerende Konsequenzen, nicht nur für die Patienten auch für die betroffenen Familien: sie senken die Lebenserwartung, führen zu chronischen Leiden und führen zum Teil absehbar zum Tod.
Ziel von E-RARE ist es, durch multinationale Koordination von Forschungsförderung die Voraussetzungen für eine bessere Diagnose und Behandlung von seltenen Erkrankungen zu schaffen. Bisher wird die Forschung dadurch erschwert, dass Ressourcen auf verschiedenen Gebieten fehlen. Zu jeder einzelnen Krankheit forschen nur wenige Wissenschaftler. Die Patienten sind räumlich weit verteilt, was die gemeinsame Beobachtung in aussagekräftigen Studien erschwert. Datenbanken über die Krankheitsverläufe sind kaum standardisiert und für Wissenschaftler oft nur schwer zugänglich. Zudem sind die betreffenden Krankheitsbilder oft sehr komplex und müssen daher interdisziplinär erforscht und behandelt werden. Die neue Fördermaßnahme wird Expertenwissen und Ressourcen zahlreicher qualifizierter Arbeitsgruppen zusammenführen. Angestrebt werden Fortschritte, die allein auf nationaler Ebene unerreichbar sind. Daher wird das BMBF zusammen mit Forschungsförderern aus Frankreich, Israel, Italien, Spanien und der Türkei eine gemeinsame Förderung multinationaler Forschungsprojekte durchführen.
Weitere Informationen zur aktuellen Ausschreibung E-RARE unter: http://www.gesundheitsforschung-bmbf.de
Weitere Informationen zur BMBF-Förderung zu seltenen Erkrankungen unter: http://www.gesundheitsforschung-bmbf.de