Brüssel – Das Europäische Parlament hat am Mittwoch mit großer Mehrheit eine Änderung des gemeinsamen Standpunktes der Mitgliedstaaten zur Arbeitszeitrichtlinie beschlossen. Der gemeinsame Standpunkt, der im Frühjahr unter slowenischer Präsidentschaft verabschiedet wurde, war bei Ärzteverbänden, insbesondere beim Marburger Bund und der Bundesärztekammer auf massive Kritik gestoßen, da er die inaktive Bereitschaftszeit grundsätzlich nicht als Arbeitszeit qualifizierte. Das Europäische Parlament drehte den Spieß nun um und nahm einen Änderungsantrag mit 576 zu 122 Stimmen an, der die inaktive Zeit des Bereitschaftsdienstes grundsätzlich als Arbeitszeit qualifiziert. Zwar haben die Mitgliedstaaten durch nationale Gesetze oder Tarifverträge die Möglichkeit hier Ausnahmen festzulegen, aber die Verhandlungsposition, etwa des Marburger Bundes, wird nach dem Beschluss des Parlamentes sehr viel stärker sein als nach dem Beschluss des Ministerrates. Die Sache wird nun im Vermittlungsausschuss behandelt.
Dazu erklärte der CDU-Europaabgeordnete und Arzt Dr. Peter Liese: “Aus meiner Erfahrung als angestellter Arzt in einer Kinderklinik weiß ich, wie belastend für Ärzte und Patienten Endlosdienste sind. Wir haben in den letzten Jahren große Fortschritte erreicht. Durch das Votum des Europäischen Parlaments ist die Gefahr gebannt, dass all diese Fortschritte zunichte gemacht werden. Der Beschluss ist eine schallende Ohrfeige für Bundesarbeitsminister Olaf Scholz, der den arbeitnehmerfeindlichen Kompromiss des Ministerrates ausdrücklich unterstützt hat.”