Bruxelles – “Die Europäische Kommission verharmlost das Thema Organhandel in unverantwortlicher Weise.” Dies erklärte der Vorsitzende der AG Bioethik der größten Fraktion (EVP-ED) im Europäischen Parlament, Dr. med. Peter Liese. In einer Mitteilung der Europäischen Kommission, die zurzeit in den Ausschüssen des Europäischen Parlaments diskutiert wird, werden viele Fragen der Organspende und -transplantation angesprochen. Dem international immer problematischer werdenden Organhandel werden jedoch nur wenige Zeilen gewidmet. Durch die Recherche von Journalisten, NGOs und durch die Arbeit des Europarates wissen wir, dass Organhandel ein Problem ist. Gerade die schwächsten Menschen, insbesondere in ärmeren Ländern, werden unter Druck gesetzt. Sie setzen sich hohen medizinischen Risiken aus, damit reiche Menschen, vor allen Dingen in den Industrieländern, ein Organ bekommen. Viele Mitgliedstaaten und jetzt auch die Europäische Kommission ziehen es allerdings vor, wegzuschauen. Nach Auskunft der Europäischen Kommission schätzt Europol den Organhandel innerhalb der Europäischen Union auf null. Angesichts von Berichten über Länder wie Rumänien und die Tschechische Republik ist dies kaum zu glauben. Auf jeden Fall wäre es eine Aufgabe für Europol und die Europäische Kommission, dem Problem stärker auf den Grund zu gehen”, so der CDU-Politiker und Arzt.
Die anderen Aspekte der Kommissionsmitteilung sieht der CDU-Europaabgeordnete und Arzt Dr. Peter Liese weniger kritisch. Die Kommission plant, eine Richtlinie zu Qualität und Sicherheit von Organen vorzuschlagen. Dadurch soll verhindert werden, dass im Rahmen der Organtransplantation Krankheitserreger wie der Hepatitisvirus oder HIV/AIDS übertragen werden. “Ein hoher Standard zugunsten der Patienten ist in jedem Fall wünschenswert und noch nicht in allen europäischen Ländern erreicht. Wir müssen allerdings aufpassen, dass keine übertriebenen Belastungen für die Krankenhäuser mit der Richtlinie verbunden sind.”
Ein weiteres Element der Kommissionsmitteilung befasst sich mit dem Thema, wie die Zahl an freiwilligen Spendern und Spendeorganen in ganz Europa erhöht werden kann. Es gibt erhebliche Unterschiede (zwischen 0,8 und 35,1 Organspenden pro Millionen Einwohner). “Wir sollten gemeinsam überlegen, welche Maßnahmen man treffen kann, um die Zahl der Spenderorgane in der gesamten EU zu erhöhen. Dabei geht es nicht vor allen Dingen um Änderungen der Gesetze (hier sind die Mitgliedstaaten zuständig), sondern um organisatorische Fragen. In Spanien, aber auch in Mecklenburg-Vorpommern hat man durch eine klare Struktur in den Krankenhäusern, z.B. durch die Bestellung eines Transplantationsbeauftragten, in jedem Krankenhaus erreicht, die Zahl der Spenderorgane drastisch zu erhöhen”, so Liese abschließend.