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EuGH verwirft Rx-Boni-Verbot: Ist der Apotheker der eigentliche Gewinner?

Medienmitteilung BMC

Berlin – Der EuGH hat mit seinem Urteil vom 19. Oktober 2016 entschieden, dass ausländische Arzneimittelhändler nicht an die deutschen Apothekenabgabepreise gebunden sind. Damit öffnet sich die Tür für den Arzneimittel-Versandhandel und möglicherweise eine flexiblere Preisgestaltung in der deutschen Apothekenlandschaft. Diese Entscheidung ist im Sinne der Patienten, sie bietet aber auch erhebliche Chancen für Apotheker, ihr Berufsbild weiterzuentwickeln und stärker in der Versorgungskette der Patienten mitzuwirken.

Die Entscheidung des EuGH setzt neue Parameter für den Wettbewerb im Apothekenmarkt: Sie liberalisiert die Preisgestaltung – und bietet die Chance für mehr: „Neue Wettbewerbsparameter im Apothekenmarkt haben enormes Entwicklungspotential für das Berufsbild des Apothekers“, erklärt Ralf Sjuts, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Managed Care e.V. (BMC). Der niedergelassene Apotheker sollte sich von einem Versandhändler über mehr abgrenzen als nur über die Preisgestaltung. „Hier ist vor allem die Politik gefordert, die Rahmenbedingungen für ein Tätigkeitsfeld zu schaffen, das sich von dem in den letzten Jahrzenten verfestigtem Bild des Apothekers als schlichtem Arzneimittelverkäufer abhebt“, appelliert Sjuts und meint, „durch die Entscheidung des EuGH könnte dieser Prozess nun endlich Fahrt aufnehmen“.

„Die Aufhebung des Mehrbesitzverbotes, Implementierung von Strukturen des Medikationsmanagements und Einbeziehung von Apotheken in die Integrierte Versorgung, das sind die Bereiche, die es anzupacken gilt“, bekräftigt auch Dr. Susanne Ozegowski, Geschäftsführerin des BMC e. V., „dann ist der Weg frei für eine Einbeziehung des Apothekers in das Versorgungsmanagement, womit auch eine Aufwertung des Apothekerberufes insgesamt verbunden ist“. Dies ist besonders sinnvoll im Bereich der Versorgung multimorbider Patienten und könnte sich etwa auf die Durchführung von Schnelltest und die Überprüfung von Adhärenz und Compliance beziehen. „Die Abkehr von der alleinigen Ausrichtung auf den Arzneimittelverkauf hin zur Übernahme einer aktiven Rolle als Bestandteil eines Versorgungsteams – das sollte das neue Apothekerbild sein“, betont Sjuts. Zudem sollte die Rolle des Apothekers im modernen Medikationsmanagement gestärkt werden und die Bereiche der Begleitung, Beratung, Koordinierung und Betreuung bei der Arzneimitteltherapie umfassen.

„Durch das Urteil des EuGH gewinnt außerdem die Einbeziehung von Apotheken als Leistungserbringer in die Verträge der Besonderen Versorgung nach § 140a SGB V durch die Krankenkassen an Attraktivität“, ist sich Dr. Susanne Ozegowski sicher. Dies ist nicht nur für die Krankenkassen, sondern auch für den Apotheker erstrebenswert, denn Selektivverträge stellen nur für denjenigen ein Problem dar, der nicht mitmacht. Für die Apotheker, die sich daran beteiligen, können solche Verträge auch finanziell interessant sein.

Ganz deutlich stellt der EuGH mit seiner Entscheidung auch Verbraucherinteressen in den Mittelpunkt und stärkt die Chancen der Patienten auf kostengünstigere Arzneimittel. Ozegowski erläutert hierzu: „Diese Zielrichtung dürfte auch im Interesse der Krankenkassen liegen, die grundsätzlich alles unternehmen sollten, um Versicherten einen kostengünstigen Zugang zu Medikamenten zu ermöglichen“. Die bestehenden Effizienzreserven sollten gehoben werden, statt sie zu Lasten der Versicherten fortzuschreiben.

Der BMC sieht daher auch keine Grundlage für die in der öffentlichen Diskussion geäußerten Ängste vor einer Gefährdung der Sicherstellung der Arzneimittelversorgung: „Die Argumentation, ein solcher Wettbewerb wirke sich negativ auf die Patientenversorgung aus, überzeugt nicht“, bekräftigt Sjuts. In städtischen Räumen ist die Apothekendichte ohnehin sehr hoch. So weist allein die Stadt Berlin eine Zahl von 860 Apotheken auf – und damit eine Apotheke je 3.500 Einwohner. Auch in NRW gibt es mit insgesamt 4.400 Apotheken ein sehr hohes Apothekenversorgungsnetz.

Der Rückgang der Apothekendichte in ländlichen Regionen liegt hingegen insbesondere in dem Mangel an KandidatInnen für die Nachbesetzung von Apotheken begründet. Diesem Nachwuchsmangel sollte mit attraktiveren Arbeitskonditionen in ländlichen Regionen für die junge PharmazeutInnen-Generation begegnet werden. Dazu gehören die Aufhebung des Mehrbesitzverbotes von Apotheken, erweiterte Möglichkeiten für eine Tätigkeit in einem Anstellungsverhältnis sowie – in Einzelfällen – die Gewährung von Sicherstellungszuschlägen.

Sjuts und Ozegowski sind sich daher sicher: Die Entscheidung des EuGH bietet das Potential, den Wettbewerb in der Apothekenlandschaft anzukurbeln und damit – im Sinne aller Akteure – gute und kosteneffiziente Versorgungsmodelle zu implementieren.

Vorstand: Prof. Dr. Volker Amelung (Vorsitzender), Susanne Eble, Ralf Sjuts, Dr. Rolf-Ulrich Schlenker, Ralph Lägel, Franz Knieps, Dr. h.c. Helmut Hildebrandt
Geschäftsführung: Dr. Susanne Ozegowski