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EU-Konferenz vereinbart Bremer Erklärung

Bundesministerium für Gesundheit

Berlin – Wir, die für Gesundheitsfragen zuständigen Minister und Regierungsvertreter aus der Europäischen Union und benachbarten Ländern, sind zusammen mit internationalen Partnern im Bereich der Bekämpfung von HIV/AIDS, der Europäischen Kommission, der Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie der Bundesministerin für Bildung und Forschung vom 12. – 13. März 2007 in Bremen auf der von der deutschen Ratspräsidentschaft der Europäischen Union veranstalteten Konferenz “Verantwortung und Partnerschaft – gemeinsam gegen HIV/AIDS” zusammengekommen und geben folgende Erklärung ab:

In Anerkennung des weltweiten Ausmaßes der HIV-Pandemie und unserer Verpflichtung, dieser Krise auf globaler Ebene, insbesondere in Afrika, zu begegnen, bekräftigen wir, die auf der Sondersitzung der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 27. Juni 2001 verabschiedete Erklärung “Globale Krise – globales Handeln” ebenso wie die “Politische Erklärung zu HIV/AIDS” der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 2. Juni 2006 vollständig umzusetzen,

In erneuter Bekräftigung der Verpflichtung, das auf der Internationalen Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung 1994 verabschiedete Aktionsprogramm in seiner nach fünf Jahren überarbeiteten Version von 1999 durchzuführen sowie die international vereinbarten Entwicklungsziele und Vorgaben zu erreichen, vor allem Ziel Nr. 6 der Millenniums-Entwicklungsziele, die Verbreitung von HIV/AIDS, Malaria, Tuberkulose und anderen großen Krankheiten zum Stillstand zu bringen und den Trend umzukehren,

In Anerkennung der auch in Europa ernsten Lage bekräftigen wir erneut die Verpflichtung, die wir in den Erklärungen von Dublin vom 24. Februar 2004 auf der Konferenz “Barrieren durchbrechen – Partnerschaft zur Bekämpfung von HIV/AIDS in Europa und Zentralasien” und von Vilnius vom 17. September 2004 über die Maßnahmen zur Verstärkung der Reaktion auf HIV/AIDS in der Europäischen Union und in den Nachbarländern eingegangen sind,

In erneuter Bekräftigung der Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 23. Dezember 2005, die UNAIDS und seine Ko-Sponsoren auffordert, den Ländern bei der eigenverantwortlichen Entwicklung und Umsetzung ihrer Strategien zur Verstärkung der HIV-Prävention, Behandlung, Versorgung und Unterstützung zu helfen mit dem Ziel, bis zum Jahr 2010 dem universellen Zugang zu Prävention, Behandlung, Versorgung und Unterstützung für alle, die sie benötigen, so nah wie möglich zu kommen,

Unter Hinweis auf die Schritte, die auf dem Wege zu freiwilligen innovativen Finanzierungsmechanismen und anderen Fördermechanismen, wie etwa UNITAID, unternommen wurden

I. Erkennen wir an,

1. dass die HIV/AIDS-Pandemie nach einem Vierteljahrhundert und trotz vielfältiger Anstrengungen auf nationaler, internationaler und globaler Ebene in vielen Regionen der Welt hohe Fallzahlen bei Männern und einen Anstieg bei Frauen aufweist;

2. dass HIV/AIDS Anlass zu ernster Besorgnis in Europa insgesamt gibt und dass besondere Aufmerksamkeit auf Osteuropa und Zentralasien und auf die am stärksten betroffenen Gruppen gerichtet werden muss: Menschen, die Drogen injizieren und deren Partner, Männer, die Sex mit Männern haben, junge Leute, Frauen, Migrantinnen und Migranten, Kinder, Menschen in Haft, Männer und Frauen, die mit Prostitution zu tun haben;

3. dass es sogar innerhalb Europas und der Europäischen Union, wo Prävention und Behandlung weitgehend zur Verfügung stehen, einen Wiederanstieg von neuen HIV-Infektionen gibt, vor allem in den am meisten gefährdeten Bevölkerungsgruppen;

4. dass große Unterschiede bestehen in der Art und Weise, wie HIV/AIDS die verschiedenen Regionen und gefährdeten Bevölkerungsgruppen betrifft, und dass, während Männer die am stärksten betroffene Gruppe in Europa sind, der Anteil der Frauen bei neu festgestellten HIV-Infektionen in Osteuropa und Zentralasien zunimmt;

5. dass die Unsicherheit bei den Vertriebswegen zum hohen Preisniveau für antiretrovirale Arzneimittel beiträgt und somit sogar in manchen Teilen Europas ein Hindernis für den universellen Zugang zur Behandlung darstellt;

6. dass wir seit 2001 große Anstrengungen unternommen und Strategien zur Bekämpfung der Pandemie entwickelt haben und dass es nun an der Zeit ist, diese Strategien umfassend und effizient umzusetzen. Dies ist sowohl eine Frage grundlegender Menschenrechte und der Linderung persönlichen Leidens als auch ein Erfordernis der Reduzierung sozioökonomischer Belastungen innerhalb der von der Pandemie betroffenen Ländern und Bevölkerungen;

7. dass wir über das Wissen verfügen, die Verbreitung der Epidemie zum Stillstand zu bringen und den Trend umzukehren und dass dazu eine integrierte und koordinierte Konzentration auf HIV/AIDS-Prävention, Behandlung, Versorgung und Unterstützung gehört, die auf der Beachtung der Menschenrechte der mit HIV/AIDS lebenden Menschen und der betroffenen Gemeinschaften gründet;

8. dass gleichzeitig die Forschung nach besseren Instrumentarien zur Gesundheitsförderung, Prävention, zum Zugang zu Tests, zur Diagnose und Behandlung, insbesondere Arzneimittel für Kinder, Behandlung von Ko-Infektionen wie etwa Hepatitis C und multiresistente Tuberkulose, weiter fortgesetzt wird. Die Forschung zu Mikrobiziden, Impfstoffen und Präexpositionsprophylaxe sowie zu den effektivsten Methoden zum Erreichen von Verhaltensänderungen ist unerlässlich;

9. dass die Politik, Programme und Strategien eine enge Verknüpfung zwischen HIV/AIDS-Prävention und dem Recht auf sexuelle und reproduktive Gesundheit herstellen sollen;

10. dass die Europäische Union sowohl intern als auch international einen wichtigen Beitrag zur Reaktion auf die HIV-Pandemie geleistet hat. Wir schließen uns der Strategie und dem Aktionsplan an, die in der Mitteilung der Europäischen Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die Bekämpfung von HIV/AIDS in der Europäischen Union und den Nachbarstaaten 2006 – 2009 dargelegt wurde und schätzen die maßgebliche Beteiligung der Zivilgesellschaft, einschließlich der mit HIV/AIDS lebenden Menschen, denen bei der Gestaltung von Politik und der Entwicklung von Dienstleistungen zur Erfüllung ihrer Bedürfnisse eine zentrale Rolle zukommen muss.

II. Verpflichten wir uns

11. die politische Führung auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene zu übernehmen, um diese Pandemie zu bekämpfen und unsere Verantwortung für die eingegangenen Verpflichtungen nachvollziehbar und zurechenbar zu übernehmen;

12. die Menschenrechte zu achten, einzuhalten und falls erforderlich Gesetze zur ihrer Förderung und Garantie, einschließlich der Bekämpfung von Diskriminierung und Stigmatisierung, zu erlassen. Dies gilt insbesondere für die mit HIV/AIDS lebenden Menschen und die von der Pandemie in Europa und den Nachbarstaaten am stärksten Betroffenen: Menschen, die Drogen injizieren und deren Partner, Männer, die Sex mit Männern haben, junge Leute, Frauen, Migrantinnen und Migranten, Kinder, Menschen in Haft, Männer und Frauen, die mit Prostitution zu tun haben;

13. als zentralen Schwerpunkt einer erfolgreichen Strategie zur Minderung der Auswirkungen von HIV/AIDS den universellen Zugang zur evidenzbasierten Prävention zu fördern einschließlich umfassender Schadensbegrenzung;

14. die bewährten Verfahren zur Prävention von HIV/AIDS und anderer sexuell übertragbarer Krankheiten auszutauschen und umzusetzen;

15. die Mutter-Kind-Übertragung von HIV weiter zu reduzieren;

16. umfassende Sexualaufklärung, Beratung und Angebote zum Thema Safer Sex und Gebrauch von Kondomen, insbesondere für junge Menschen, zu fördern;

17. bei diesem Prozess unsere Partner maßgeblich zu beteiligen, insbesondere Organisationen der mit HIV/AIDS lebenden Menschen, andere Organisationen der Zivilgesellschaft, gefährdete Gruppen, das Regionalbüro der Weltgesundheitsorganisation für Europa, das gemeinsame HIV/AIDS-Programm der Vereinten Nationen (UNAIDS) und andere Organisationen im Bereich der Vereinten Nationen, den Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria (GFATM), das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC), die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) sowie die Privatwirtschaft;

18. das Engagement für Forschungs- und Entwicklungsarbeiten für neue Technologien zu verstärken, die den Präventionsbedürfnissen von Menschen, die mit HIV/AIDS leben oder am stärksten gefährdet sind, besser entsprechen, einschließlich verstärkter Investitionen des öffentlichen Sektors in Impfstoffe und Mikrobizide zur Prävention einer HIV-Infektion;

19. zusammenzuarbeiten, um den Zugang zu preiswerten Arzneimitteln zu sichern.

III. Bitten wir die Europäische Kommission,

20. ihren Aktionsplan durchzuführen, wie er in ihrer Mitteilung an den Rat und das Europäische Parlament zur Bekämpfung von HIV/AIDS in der Europäischen Union und den Nachbarstaaten 2006 – 2009 dargelegt ist;

21. die HIV/AIDS-Prävention, Behandlung, Versorgung und Unterstützung in den Aktionsprogrammen der Gemeinschaft in allen Bereichen, welche gesundheitliche Aspekte beinhalten, zu betonen;

22. die Fragen der öffentlichen Gesundheit betreffend HIV/AIDS-Prävention, Behandlung, Versorgung und Unterstützung im 7. Europäischen Rahmenprogramm für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration (2007-2013) einzubeziehen;

23. den Austausch der besten Präventionsmethoden durch Einrichtung einer Clearing-Stelle für Modelle bewährter Praktiken zu fördern;

24. die Vertreter der Zivilgesellschaft in Twinningprojekte mit einzubeziehen, um Erfahrungen weiterzugeben und die Zusammenarbeit zu vertiefen;

25. die Erweiterung der Verordnung 953/2003 des Rates auf Länder zu veranlassen, die preisreduzierte Arzneimittel für Menschen benötigen, die mit HIV/AIDS leben.

IV. Rufen wir

26. die Vertreter der Zivilgesellschaft, einschließlich der Organisationen der mit HIV/AIDS lebenden Menschen und der gefährdeten Gruppen auf der Grundlage ihres spezifischen Know-hows zu vertrauensvoller Zusammenarbeit mit den Regierungen auf;

27. die Privatwirtschaft dazu auf, zur Stärkung des Bewusstseins für die Risiken von HIV/AIDS beizutragen und Solidarität mit den Menschen zu zeigen, die mit HIV leben, insbesondere

* die Medien, Informationen und Aufklärung über wirkungsvolle Maßnahmen gegen HIV/AIDS in ihren Aufgabenbereich aufzunehmen,

* die Arbeitgeber und Gewerkschaften, nicht diskriminierenden Umgang mit Menschen, die mit HIV/AIDS leben und gefährdeten Gruppen am Arbeitsplatz zu gewährleisten und die Ängste vor Infektion, Stigma und Diskriminierung bei den Mitarbeitern abzubauen, indem sie objektive, evidenzbasierte Informationen und Zugang zu Prävention, Test, Behandlung und Versorgung gemäß dem IAO-Verfahrenskodex zu HIV/AIDS in der Arbeitswelt bereitstellen,

* die pharmazeutische Industrie – den Zugang zu preisgünstiger Behandlung zu erleichtern, – Partnerschaften mit dem öffentlichen und privaten Sektor einzugehen, um Forschung und Entwicklung und Technologietransfer zu unterstützen, – bei der Sicherung von Vertriebswegen für Arzneimittel gegen HIV/AIDS in Abstimmung mit den Regierungsstellen und Nichtregierungsorganisationen zusammenzuarbeiten.