Anaphylaxie ein Symptom mit bedrohlichem Ausmaß, das heute am 21.November 2024 – und das völlig zu Recht – seinen ersten weltweiten Tag erhält.
Die Anaphylaxie war früher als „Allergieschock“ bekannt und kann lebensbedrohlich verlaufen. Für die Betroffenen ist die Möglichkeit durch den versehentlichen Verzehr womöglich auf der Intensivstation zu landen, bedrohlich, einschüchternd und raubt sehr viel Lebensqualität. Da die Anaphylaxie vor allem bei Kindern durch schwerwiegende Lebensmittelallergien stark zugenommen hat, ist dies für die betroffenen Eltern geradezu traumatisch. Anlässlich des von der Europäischen Akademie für Allergologie und Klinische Immunologie (EAACI) ausgerufenen „Anaphylaxie-Awareness-Tages“ am 21. November möchte der Deutsche Allergie und Asthmabund (DAAB) auf die Ergebnisse einer aktuellen DAAB-Umfrage bei den Länderministerien zur Versorgung von Kindern mit Nahrungsmittelallergien und Anaphylaxierisiko in Kita & Schule hinweisen.
Die Befragung zeigt: es besteht trotz Verbesserungen nach wie vor dringender Bedarf an Nachhilfe
Jährlich werden circa 800.000 Kinder eingeschult und auch die Betreuungszahlen der Kinder bis zum Schulalter steigt stetig an. Zum Stichtag 1. März 2023 besuchten bundesweit 2.690.925 Kinder im Alter von drei Jahren bis zum Schuleintritt ein Angebot der Kindertagesbetreuung. Im Durchschnitt leidet jedes Dritte Kind unter allergischen Erkrankungen. Alleine die Anzahl der Schulkinder mit schweren Lebensmittelallergien hat sich in den letzten 10 Jahren versiebenfacht. Im Schul- und Kitaalltag ergeben sich viele Situationen,
z.B. in der Mittagsverpflegung, bei Ausflügen, Kindergeburtstagen oder bei der Notfallbehandlung allergischer Reaktionen, die sowohl für Eltern und Schüler als auch für Schul- und Kitamitarbeiter beziehungsweise Betreuungspersonal eine Herausforderung darstellen.
Eltern nahrungsmittelallergischer Kinder berichten dem DAAB täglich von Schwierigkeiten in Kita & Schulen: Ausschluss von Aktivitäten und Klassenfahrten, mangelnde Bereitschaft zur Medikamentengabe im Notfall, Mitbringverbot für Medikamente und kein Verpflegungsangebot oder die Möglichkeit mitgegebenes Essen zu erwärmen. Unzureichende Aufklärung und uneinheitliche rechtliche Auslegungen verschärfen das Problem. Eine 2023/2024 durchgeführte DAAB-Befragung der Kultusministerien zur Versorgung Anaphylaxie-gefährdeter Kinder und Jugendliche in Kita und Schule zeigt im Vergleich zur gleichen Befragung von 2014/15 zwar eine positive Entwicklung, jedoch auch weiteren Handlungsbedarf zur Verbesserung der Situation.
Verpflegung und Notfallmedikamente
Die Schul- bzw. Kitaverpflegung wird meist von Schulträgern geregelt. Von den Ministerien gibt im Schulbereich allgemeine Empfehlungen, nahrungsmittelallergische Kinder zu berücksichtigen, während die Kita-Verpflegung nur teilweise verbindlich auf Landesebene geregelt ist. Der übergeordnete „DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in Kitas bzw. Schulen“ der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, dass nahrungsmittelallergische Kinder möglichst uneingeschränkt am Essen teilnehmen können, etwa durch ein spezielles Essensangebot, eine Auswahl einzelner Komponenten oder (falls nicht anders möglich) durch ein von zu Hause mitgebrachtes Essen.
In der Praxis scheitert die Teilhabe an der Kita & Schulverpflegung leider allzu oft daran, dass beispielsweise die Deklaration der kennzeichnungspflichtigen Allergene noch immer nicht zuverlässig erfolgt, die Zubereitung ein womöglich gefährdendes Maß an Kreuzkontamination nicht ausschließen kann oder Anbieter/Caterer die Verpflegung allergischer Kinder ablehnen. Auch das Mitbringen eines warmen oder aufzuwärmenden Mittagessens wird aus hygienischen Gründen untersagt, obwohl alle teilnehmenden Bundesländer der „Möglichkeit, eigenes Essen für Kinder mit medizinischer Indikation mitbringen und aufwärmen zu können“ voll zustimmen, bis auf Bremen, wo teilweise zugestimmt wird. Besonders positiv ist der Ansatz des Berliner Senats für Bildung, Jugend und Familie, der Kindern mit Nahrungsmittelallergien als einziger in Deutschland einen Anspruch auf Sonderkost einräumt, so dass Schulcaterer hier geeignetes Essen zur Verfügung stellen müssen.
Im Bereich Notfallmedikamente zeigen sich deutliche Fortschritte: Notfallmedikamente dürfen von Lehrkräften und Kitapersonal verabreicht werden, viele Ministerien unterstützen dies klar. Dennoch fehlt eine bundesweit einheitliche Regelung, um Bedenken bezüglich rechtlicher Konsequenzen auszuräumen. Die Info-Schriften „Medikamentengabe in Kindertageseinrichtungen“ bzw. “Medikamentengabe in Schulen“ der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) benennen die Verpflichtung zur Hilfeleistung bei einer schweren allergischen Reaktion und erläutern, dass Hilfe-leistende Personen unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen. Im DGUV „Handbuch zur Ersten Hilfe in Bildungs- und Betreuungseinrichtungen für Kinder“ wird zudem darauf verwiesen, dass die Medikamentengabe im Fall einer schweren allergischen Reaktion zur Ersten Hilfe dazu gehört.
Ein Großteil der teilnehmenden Länder haben inzwischen allgemeine Empfehlungen zur Medikamentengabe in Kitas & Schulen. Trotz der vorhandenen Rahmenbedingungen kommt es jedoch weiterhin vor, dass die Aufnahme betroffener Kinder in Kitas und die Gabe von Notfallmedikamenten abgelehnt wird. Begründet wird dies abermals mit der Trägerhoheit. Während aufgrund der Schulpflicht ein Ausschluss von Kindern in Schulen nicht erfolgt, bestehen hier trotz eindeutiger Positionierung der Ministerien nach wie vor Probleme hinsichtlich der Verabreichung der Medikamente im Notfall.
Forderungen des DAAB
Oberstes Ziel ist die uneingeschränkte und flächendecke Inklusion von nahrungsmittelallergischen Kindern in Kindertageseinrichtungen und Schulen. Um dies zu erreichen fordert der DAAB eine verbindliche gesetzliche Regelung für die Verpflegung nahrungsmittelallergischer Kinder und einheitliche Richtlinien zur Notfallmedikation. Eine umfassende Aufklärung und Schulung von Betreuungspersonal sind daher essenziell, um die Inklusion von allergiegefährdeten Kindern in Kitas zu gewährleisten. Die Ergebnisse der Umfrage sollen als Grundlage für weitere Maßnahmen und die Förderung der Inklusion dienen.
Die vollständigen Ergebnisse der Befragung können in der Zeitschrift Allergie konkret 2/2024 und 3/2024 nachgelesen werden.
Kostenlose Webinare bieten Hilfe
„Eine oft geäußerte Sorge beim Betreuungspersonal besteht darin, einen möglichen anaphylaktischen Schock nicht richtig einschätzen und behandeln zu können“, so Sonja Lämmel Pressesprecherin des Deutschen Allergie- und Asthmabundes. Unsicherheit bereite hier vor allem die Gabe des Adrenalin-Autoinjektors, da das Medikament über eine Injektion verabreicht wird. Aus diesem Grund bietet der DAAB regelmäßig kostenfreie Webinare zu den unterschiedlichsten (auch rechtlichen) Themen der Anaphylaxie für Eltern sowie für Schul- und Kitapersonal an. Aktuelle Termine und Themen finden Sie unter www.daab.de.
Netzwerk Kita & Schule im DAAB
Anlässlich der Herausforderungen, die sich für Kita & Schulpersonal ergeben und um die Teilhabe der Kinder zu unterstützen hat der DAAB ein neues Netzwerk initiiert. Mit der Mitgliedschaft im „Netzwerk Kita & Schule“ (Mitgliedsbeitrag pro Einrichtung 60 Euro/Jahr) stehen Betreuungspersonen und Einrichtungen viele Vorteile zur Verfügung. Neben kostenfreien Webinare, Infomaterial, Hilfsmittel Trainings-Pens, gibt es einen extra Mitgliederbereich und ein E-Learning-Tool und natürlich individuelle Beratung bei Fragen.
Über den DAAB
Der Deutsche Allergie- und Asthmabund (DAAB) ist der älteste (seit 1897) und größte Patienten- und Verbraucherschutzverband für Kinder und Erwachsene mit Allergien, Anaphylaxie, Asthma, COPD, Urtikaria, Neurodermitis und Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten.
Zu unserem Engagement gehört die individuelle Beratung und der unabhängige, unbürokratische Einsatz für Mitglieder und Ratsuchende sowie die Interessenvertretung gegenüber Politik, Wirtschaft und Medizin. Zu Ernährungsthemen halten wir ebenso wie zu vielen weiteren Allergie-, Atemwegsthemen und Hautthemen umfangreiche Informationen und Tipps bereit. Wissenswertes finden Sie auch auf den Internetseiten des DAAB (www.daab.de).