Berlin – Die Deutsche Gesellschaft für Integrierte Versorgung im Gesundheitswesen e.V. (DGIV) sieht die gesundheitspolitischen Vereinbarungen im Koalitionsvertrag von Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen auf dem richtigen Kurs für die Etablierung einer integrierten Gesundheitsversorgung. „Bereits der zweite Satz des Gesundheitskapitels im Koalitionsvertrag formuliert die zukünftige Gesundheits- und Pflegepolitik als sektorenübergreifend – das ist ermutigend,“ so der DGIV-Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. mult. Eckhard Nagel in einer ersten Stellungnahme. Auch im weiteren Verlauf erwähne gerade der Abschnitt „Ambulante und stationäre Gesundheitsversorgung“ eine Reihe von Bausteinen, die für eine besser Verschränkung der Sektoren unverzichtbar seien. „Hier sehen wir vor allem die Etablierung einer gemeinsamen, sektorenunabhängigen Finanzierungsebene als zentrales Element zur dringend notwendigen Überwindung sektoraler Grenzen,“ erläutert der DGIV-Vorstand. Besonders wichtig sei in diesem Zusammenhang, dass mit bevölkerungsbezogenen Versorgungsverträgen prinzipiell auch der Einstieg in eine ergebnisorientierte Teamvergütung aufgezeigt werde. „Es ist die feste Überzeugung der DGIV, dass wir auch dem immer drängender werdenden Fachkräftemangel im Gesundheitswesen erst dann wirkungsvoll entgegentreten können, wenn wir eine integrierte Kooperation aller Versorgungspartner zulassen und leben,“ so Nagel.
Bedauerlich sei jedoch, so Prof. Nagel, dass der gesundheitspolitische Entwurf der Koalitionäre sich zwar an den aktuellen Nöten des Systems, nicht aber an dessen gewandelten Leistungsanforderungen orientiere. „Dass eine älter werdende Bevölkerung mit einem wachsenden Anteil chronischer Erkrankungen ganz andere Anforderungen an Koordination, Kooperation und Kommunikation in der Versorgung stellt, bildet sich leider im Koalitionsvertrag nicht ab,“ so Nagels Analyse. Umso wichtiger wird es, die zukünftigen gesundheitspolitischen Verantwortungsträger davon zu überzeugen, dass ein grundsätzlicher Wandel in Gesundheitssystem notwendig ist. Zwar wird die Prävention mehrmals an exponierter Stelle genannt, doch ist eine neue Vision einer zukünftigen am Patientenbedarf orientierten Versorgung ohne Brüche zwischen Sektoren und Professionen nur an wenigen Stellen des Gesundheits-Kapitels im Koalitionsvertrag erkennbar. „Wir sehen aktuell in anderen Bereichen des Koalitionsvertrages wesentlich mehr Aufbruch als im Gesundheitsabschnitt,“ so Nagel.
Die Zusammenfassung ist aus der Sicht des DGIV-Vorsitzenden dennoch positiv: „Wichtige und grundlegende Eckpfeiler für ein zukünftige Überwindung der Sektorengrenzen werden im Koalitionsvertrag benannt,“ so Nagel abschließend. „Es wird darauf ankommen, dass Regierung und Parlament den Mut und die Energie aufbringen, die Folgen der Pandemie und die Erkenntnisse daraus in einen echten Systemumbau einmünden zu lassen.“