Mehr Reichweite im Gesundheitsmarkt

Schließen

Registrierung

Melden Sie sich noch heute an, um gezielt und effektiv Ihre Nachrichten in der Gesundheitsbranche verbreiten zu können.

Kontoinformationen

Ansprechpartner:in

Adresse

Kontakt

Es wurde eine E-Mail zur Bestätigung an Sie gesendet. Nach der Bestätigung sind Sie erfolgreich registriert.


Erhöhte Resilienz gegen Angst möglich
Medikament könnte Auslöschung von Furcht verstärken

Pressemitteilung

Mainz – Ein Medikament, das in der Behandlung von Parkinson eingesetzt wird, könnte möglicherweise auch Menschen helfen, die unter Phobien oder post-traumatischen Störungen (PTSD) leiden. Wissenschaftler des Forschungszentrums Translationale Neurowissenschaften (FTN) der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg Universität Mainz untersuchen derzeit die Erfolge einer Kombination zweier Therapieoptionen: eine Psychotherapie, die Ängste abbauen soll, gepaart mit der Einnahme des Medikaments L-Dopa. Dieses Medikament kam bislang zum Einsatz um Bewegungsstörungen zu behandeln, könnte nach Einschätzung der Forscher aber auch dazu dienen, negative Erinnerungen zu überwinden.

Prof. Dr. rer. nat. Raffael Kalisch, Leiter des Neuroimaging Center Mainz (NIC) am FTN der Universitätsmedizin Mainz forscht in Kooperation mit der Universität Innsbruck über die psychologischen und neurobiologischen Mechanismen von Angst und Furcht. Der Mainzer Wissenschaftler berichtete heute in Mailand auf dem „9th FENS Forum of Neuroscience“, Europas größtem Neurowissenschaftlichem Kongress, über seine Forschungen.

„Angstreaktionen sind sehr wichtig für die Gesundheit und das eigene Überleben, aber Erinnerungen an derartige Situationen können langfristig eine Angststörung oder Phobien auslösen“, erläuterte Prof. Kalisch. Um diese zu behandeln, verwenden Psychotherapeuten die sogenannte ‚Angst-Exposition‘, d. h. die Person wird der angstauslösenden Situation ausgesetzt, erlebt aber nicht die befürchteten Konsequenzen. Jüngste Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass überwundene Ängste sich positiv auf die geistige Gesundheit eines Menschen, der ein Trauma erlitten hat, auswirken. Exposition könnte also als ein schützender und selbstregulierender Mechanismus (Resilienzfaktor) wirken.

In der Angst-Exposition bekommt die Person zunächst einen neutralen Reiz zu sehen, beispielsweise einen Kreis auf einem Computerbildschirm, und gleichzeitig wird bei ihr ein schmerzhaftes Empfinden ausgelöst. Schon bald verbindet die Person den ehemals neutralen Reiz Kreis auf einem Computerbildschirm mit Schmerz. Die Angst hat sich verfestigt. In der nächsten Phase wird die Person wieder mit dem gleichen Reiz konfrontiert, allerdings ohne den schmerzauslösenden Stimulus. So lernt sie, die Reize wieder entkoppelt wahrzunehmen und dass das Objekt harmlos ist. Beispielsweise werden Menschen, die Angst vor Spinnen haben, in der Psychotherapie auf eine beruhigende, ermutigende und sichere Weise mit Spinnen konfrontiert.

In einem anderen Forschungsprogramm testeten Wissenschaftler aus Löwen/Belgien (nicht unter der Leitung von Prof. Kalisch), Soldaten, die später in Kriegsgebieten eingesetzt werden sollen, wie gut sie extinguieren. Die, die besser extinguierten, hatten später eine geringere Wahrscheinlichkeit, nach dem Kriegseinsatz Stressymptome zu entwickeln. „Wenn ein Mensch mental flexibel genug ist, um bereits bestehende Assoziationen auszutauschen, ist er möglicherweise besser in der Lage Langzeitschäden zu vermeiden“, so Prof. Kalisch. Zusammen mit anderen Wissenschaftlern hat er Hinweise dafür gefunden, dass der für Belohnung und Freude zuständige Teil des Gehirns an diesem Prozess des Auswechselns negativer Assoziationen beteiligt sein könnte – allerdings abhängig davon, ob der diesen Prozess fördernde Neurotransmitter Dopamin ausgeschüttet wird.

Doch selbst nach einer erfolgreichen Exposition ist nicht auszuschließen, dass in anderen Stresssituationen die Angstassoziationen wieder hochkommen. Dies könnte sich dann sowohl auf die Entwicklung einer PTSD auswirken als auch einen Rückfall (Rezidiv) nach einer erfolgreichen Psychotherapie bewirken. Forschungsergebnisse von Prof. Kalisch geben allerdings Grund zur Hoffnung: L-Dopa, ein Wirkstoff zur Behandlung der Parkinsonkrankheit, hilft, diesen Effekt vorzubeugen. Das Gehirn nimmt L-Dopa auf und wandelt es in Dopamin um. Dopamin steuert das Belohnungssystem im Gehirn, es beeinflusst den Bewegungsapparat des Menschen und es wirkt sich darauf aus, ob Erinnerungen im Gedächtnis festgehalten werden. Ein Mensch, der nach einer Exposition L-Dopa einnimmt, wird eine stärkere sekundäre positive Erinnerung an die Expositionsphase entwickeln und so leichter die negativen Erinnerungen ersetzen können. Daher wird L-Dopa möglicherweise zukünftig auch zur Prävention von Rezidiven bei PTSD- oder Phobiepatienten eingesetzt.

Die hier beschriebenen Forschungsergebnisse von Prof. Kalisch und seinen Kollegen werfen neue Fragen über die Rolle der primären Angsterinnerungen und die Sekundärprävention mittels L-Dopa auf. „Ziel ist es, die Langzeiteffekte einer Psychotherapie durch die Kombination mit L-Dopa zu verbessern“, sagte Prof. Kalisch. Vor diesem Hintergrund hat er auch eine klinische Studie über Spinnenangst gestartet. Sie soll u. a. dazu dienen, die Auswirkungen von L-Dopa auf den Therapieerfolg festzustellen.

„Auf der Grundlage des Expositionsprozesses ist die Manipulation des Gehirns mit Dopamin ein vielversprechender Weg, um primäre und sekundäre Präventionsstrategien zu verbessern“, resümierte Prof. Kalisch.

Weitere Informationen:

Abstract Reference R10221: Fear extinction as a key human resilience mechanism: dopaminergic contributions.
Symposia S30: Ramping up resilience: from (epi) genetics, to optogenetics and imaging

Single dose of L-dopa makes extinction memories context-independent and prevents the return of fear. J Haaker, S Gaburro, A Sah, N Gartmann, TB Lonsdorf, K Meier, N Singewald, H-C Pape, F Morellini, R Kalisch. PNAS Plus – Biological Sciences – Psychological and Cognitive Sciences. 2013; 110 (26): E2428-36. DOI: 10.1073/pnas.1303061110

Empirical support for an involvement of the mesostriatal dopamine system in human fear extinction. K A Raczka, A Reif; J Deckert, N Gartmann, M-L Mechias, M Pessiglione, R Kalisch. Translational Psychiatry. 2011; 1: e12. DOI:10.1038/tp.2011.10

Über die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die einzige medizinische Einrichtung der Supramaximalversorgung in Rheinland-Pfalz und ein international anerkannter Wissenschaftsstandort. Sie umfasst mehr als 60 Kliniken, Institute und Abteilungen, die fächerübergreifend zusammenarbeiten. Hochspezialisierte Patientenversorgung, Forschung und Lehre bilden in der Universitätsmedizin Mainz eine untrennbare Einheit. Rund 3.500 Studierende der Medizin und Zahnmedizin werden in Mainz ausgebildet. Mit rund 7.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist die Universitätsmedizin zudem einer der größten Arbeitgeber der Region und ein wichtiger Wachstums- und Innovationsmotor. Weitere Informationen im Internet unter www.unimedizin-mainz.de