Hamburg – Die Problemlage ist bekannt, doch nun gibt es erstmalig belastbare Zahlen: In einer SCHULBUS-Sondererhebung wurden in Hamburg Daten zur Computer- oder Glücksspielnutzung von Jugendlichen erhoben. Die Befragungen bestätigen die erwartete Verbreitung von PC-Spielen bei Jugendlichen, so Familien- und Gesundheitssenator Dietrich Wersich. Bemerkenswert sind aber u.a. die genannten Motive zum Spielen: Neben der Langeweile wurden der Neid anderer wie auch das Mitreden-Können auffallend häufig genannt. Die Erhebung bestätigt auch die Vermutung, dass Jugendliche vielfach länger spielen, als sie es sich vorgenommen haben. Nach ihrer Selbsteinschätzung leiden darunter auch ihre schulischen Leistungen. Bemerkenswert ist zudem, dass manche Jugendliche unter 18 Jahren, für die das Glücksspiel verboten ist, einen bemerkenswerten Teil ihres Taschengeldes für genau diese Spiele einsetzen.
In einer Sondererhebung der Schüler- und Lehrerbefragung zum Umgang mit Suchtmitteln (SCHULBUS) hat das Büro für Suchtprävention der Landesstelle für Suchtfragen e.V. im Auftrag der Stadt Hamburg im vergangenen Jahr erstmalig rund 3.500 Hamburger Schülerinnen und Schüler aller Schulformen zwischen 14 und 18 Jahren zum Thema Glücks- und Computerspiel befragt.
Theo Baumgärtner, Autor der Studie und Leiter des Büros für Suchtprävention: Unser Ziel war es, die sich häufenden Hinweise von Eltern, Schulen und Beratungseinrichtungen zum problematischen Spielverhalten von Jugendlichen systematisch auf eine empirische Grundlage zu stellen. Die SCHULBUS-Sondererhebung zeigt uns, dass der überwiegende Teil von Jugendlichen zwar nicht täglich am PC spielt. Dennoch weist eine relevante Zahl von jungen Menschen eine erhöhte Affinität zu riskanteren Verhaltensmustern auf, die sich nachhaltig auf ihren Alltag auswirken. Vor diesem Hintergrund haben das Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung, das Büro für Suchtprävention und das SuchtPräventionsZentrum ein Kooperationsprojekt ins Leben gerufen, in dem es um die Entwicklung, Erprobung und Evaluation von Maßnahmen der Spielsuchtprävention im schulischen Setting geht.
Etwa ein Viertel der Jugendlichen berichtet, durchschnittlich rund 20 Stunden pro Woche spielend vor dem PC zu verbringen und häufig nicht aufhören zu können, so Senator Wersich. Bedenklich ist dabei, dass dies nach eigener Aussage der Jugendlichen ihre schulischen Leistungen wie auch ihr körperliches Wohlbefinden beeinträchtigt.
Auszüge aus der SCHULBUS-Sondererhebung 2009
Glücksspiel um Geld
Obwohl die Teilnahme an Glücksspiele erst ab 18 Jahren erlaubt ist, gaben neun Prozent der Minderjährigen die regelmäßige Spielteilnahme zu. Insgesamt antworteten rund 80 Prozent der befragten Jugendlichen, dass sie mindestens einmal an einem Glücksspiel teilgenommen haben. Bei rund 20 Prozent liegt dies nicht länger als 30 Tage zurück. Jeder Zehnte der insgesamt Befragten kann nach der Erhebung als regelmäßiger Spieler bezeichnet werden. Am weitesten verbreitet sind das regelmäßige Pokern sowie die Teilnahme an Sportwetten. Von den männlichen Befragten geben sogar rund 17 Prozent an, mehrmals monatlich eines oder mehrere Glücksspiele um Geld zu spielen.
Dass so viele Minderjährige trotz des gesetzlichen Verbotes bereits Erfahrungen mit dem Glücksspiel haben und dass 14- oder 15-Jährige angeben, gut die Hälfte ihres Taschengeldes für Glücksspiele auszugeben, ist alarmierend, so Familiensenator Wersich. Diese Zahlen sollten Eltern, Beratungsstellen und Lehrer aufmerksamer machen um problematische Verhaltensweisen anzusprechen. Durchschnittlich setzen die regelmäßigen Spieler aller Altersgruppen rund 50 Euro im Monat für Glücksspiele ein.
Computerspiele
Die Ergebnisse zu der Nutzung von PC-Spielen belegen gängige Einschätzungen: Rund 75 Prozent der Befragten gaben an, in den vergangenen 30 Tagen ein Computerspiel genutzt zu haben. Etwa die Hälfte der Jugendlichen nutzt Computerspiele dabei mehrfach wöchentlich. Die männlichen Nutzer sind auch hier, ähnlich wie beim Glücksspiel, in der Überzahl. Jüngere bevorzugen dabei so genannte Ego-Shooter- oder Rollen-Spiele. Durchschnittlich verbringen regelmäßige Spielerinnen und Spieler rund 19 Stunden pro Woche mit Computerspielen.
Zwar ist die quantitative Dimension kein hinreichendes Kriterium für Sucht oder Abhängigkeit. Es zeigt sich aber, dass die Vielspielerinnen signifikant häufiger als Gelegenheitsspieler über schulische und gesundheitliche Probleme berichten, die sich auch aus der Intensität ihrer PC-Spiele-Nutzung ergeben, so Baumgärtner.
Die Ergebnisse der SCHULBUS-Studie stehen in Auszügen als PDF-Dateien unter http://www.suchthh.de zur Verfügung.