Berlin – Die Finanzentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung verläuft deutlich besser als im vergangenen Jahr. Nach einem Plus von 235 Mio. Euro im 1. Quartal 2010. haben die Krankenkassen im 1. Quartal 2011 einen Überschuss von 1,468 Mrd. Euro erzielt. In den Monaten Januar bis März 2011 standen bei sämtlichen Krankenkassen Einnahmen in Höhe von rd. 45,85 Mrd. Euro Ausgaben in Höhe von rd. 44,38 Mrd. Euro gegenüber.
Bei der Betrachtung der Finanzentwicklung im Jahresverlauf ist zu beachten, dass die Ausgaben in den Monaten Januar bis März regelmäßig niedriger sind als im Durchschnitt der folgenden drei Quartale, während die Auszahlungen der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds in monatlich gleichen Teilbeträgen erfolgen. Vor diesem Hintergrund kann im weiteren Jahresverlauf 2011 nicht mit entsprechenden Überschüssen der Krankenkassen gerechnet werden wie im 1. Quartal. So wurde aus dem Überschuss im 1. Quartal des vergangenen Jahres im Gesamtjahr noch ein Defizit von rd. 445 Mio. Euro.
Bei einer differenzierten Betrachtung der Kassenarten verbuchten die AOKen einen Überschuss von rd. 627 Mio. Euro, die Ersatzkassen von 518 Mio. Euro, die Betriebskrankenkassen von 113 Mio. Euro, die Innungskrankenkassen von 121 Mio. Euro und die Knappschaft Bahn-See von 78 Mio. Euro. Für eine Reihe von Krankenkassen, die bislang noch keine ausreichenden Finanzreserven hatten, ergeben sich Spielräume zur Verbesserung ihrer Finanzsituation.
Saisonbedingtes Defizit im Gesundheitsfonds
Der Gesundheitsfonds zahlte für das erste Quartal Zuweisungen in Höhe von insgesamt rd. 44,74 Mrd. Euro an die Krankenkassen aus. Die Einnahmen des Gesundheitsfonds aus Beiträgen und Bundeszuschüssen lagen bei 44,22 Mrd. Euro. In der zeitlichen Abgrenzung für das 1. Quartal 2011 weist der Gesundheitsfonds damit ein rechnerisches Defizit von 0,52 Mrd. Euro aus. Ein unterjähriges Defizit des Gesundheitsfonds ist nichts Unerwartetes: Der Fonds muss in jedem Monat ein Zwölftel der den Krankenkassen zugesagten Zuweisungen auszahlen, unabhängig von seinen laufenden Einnahmen. Die Beitragseinnahmen sind regelmäßig zum Ende eines Jahres (“Weihnachtsgeldeffekt”) höher als in den Monaten zuvor. Liquiditätsprobleme sind dadurch jedoch nicht entstanden, da auch für saisonale Einnahmeschwankungen auf die beim Gesundheitsfonds vorhandene Liquiditäts-reserve zurückgegriffen werden kann.
In der Summe der Überschüsse der gesetzlichen Krankenkassen und des Defizits des Gesundheitsfonds ergibt sich somit für die GKV insgesamt im 1. Quartal ein Plus von rd. 0,95 Mrd. Euro.
Liquiditätsreserve größtenteils gebunden
Nach den derzeitigen Annahmen des GKV-Schätzerkreises wird der Gesundheitsfonds Ende 2011 über eine Liquiditätsreserve von etwa 6,9 Mrd. Euro verfügen. Davon sind wesentliche Teile bereits gebunden, nämlich derzeit rund 3 Mrd. Euro durch die zwingend vorzuhaltende Mindestreserve in Höhe von 20 v.H. einer durchschnittlichen Monatsausgabe, deren Höhe bei steigendem Ausgabenvolumen in den nächsten Jahren noch anwachsen wird, und 2 Mrd. Euro für Mittel, die in den Jahren 2012 bis 2014 für Zwecke des Sozialausgleichs und der Finanzierung der Zusatzbeiträge von ALG-2-Empfängern vorgesehen sind. Die derzeitige maßvolle Überschreitung der Mindestgrenze der Liquiditätsreserve ist für ein nachhaltig finanziertes Gesundheitssystem unter den derzeitigen Bedingungen ökonomisch sinnvoll und zugleich im Interesse der Versicherten. Zu bedenken ist hierbei auch, dass die gegenwärtige erfreuliche konjunkturelle Entwicklung nach wie vor mit Risiken behaftet ist.
Ausgabenzuwächse bislang unterhalb der Erwartungen für das Gesamtjahr 2011
Die Leistungsausgaben der Krankenkassen sind im 1. Quartal 2011 um 3,1 Prozent je Versicherten gestiegen. Der Schätzerkreis ist bei seiner letzten Jahresprognose von einem Anstieg von rd. 4,3 v.H. ausgegangen. Damit bewegen sich die aktuellen Ausgabensteigerungen unterhalb der bisherigen Erwartungen.
Während die Einnahmenentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung – wie auch in den anderen Sozialversicherungszweigen – in erheblichem Umfang von der positiven konjunkturellen Entwicklung profitiert, wird die Ausgabenseite maßgeblich von der günstigen Entwicklung bei den Ausgaben für Medikamente geprägt.
Das Arzneimittel-Sparpaket, das die Bundesregierung im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht hat, wirkt: Nach Jahren des ungebremsten Ausgabenanstiegs können hier in diesem Jahr erstmals Ausgabensenkungen verzeichnet werden. Der Rückgang der Arzneimittelausgaben um minus 4,8 Prozent zeichnete sich bereits seit August 2010 ab, als die Krankenkassen durch die Anhebung des Pharmarabatts für Nicht-Festbetragsarzneimittel jeden Monat um mehr als 100 Mio. Euro entlastet wurden. Mit den weiteren ausgabenbegrenzenden Maßnahmen des Arznei-mittelmarkt-Neuordnungsgesetzes, die ab Anfang des Jahres 2011 in Kraft traten, wurden die Voraussetzungen für mehr Wirtschaftlichkeit und Preiswettbewerb in der Arzneimittelversorgung und bei der Versorgung mit Impfstoffen dauerhaft verbessert. Durch die Vereinbarungen neuer Festbeträge wurden die Krankenkassen in diesem Marktsegment zudem deutlich entlastet. Außerdem wurden zusätzliche Einsparungen durch die Rabatt-Vereinbarungen der Kassen mit pharmazeutischen Unternehmen realisiert. In den anderen größeren Leistungsbereichen ist die Entwicklung der Ausgaben sehr unterschiedlich verlaufen:
Der Zuwachs von 1,2 v.H. je Versicherten bei den Ausgaben für ambulante ärztliche Behandlung und von 4,1 v.H. bei ärztlichen Früherkennungs-massnahmen lässt noch keine validen Schlüsse auf die Ausgabenentwicklung im Gesamtjahr zu, da für das 1. Quartal noch keinerlei Abrechnungsdaten der Kassen vorliegen.
Der Anstieg bei den Ausgaben für die Krankenhausbehandlung lag je Versicherten bei 4,8 v.H.. Trotz moderater Preisentwicklung bei den Vereinbarungen über die Landesbasisfallwerte haben hier offensichtlich Zuwächse bei den Leistungsmengen zu einem deutlichen Anstieg der Ausgaben der Krankenkassen geführt. Der Ausgabenzuwachs beim Krankengeld hat sich mit einem erneuten Plus von 11,2 v.H. nach den zweistelligen Zuwachsraten in den letzten Jahren auch in 2011 unverändert fortgesetzt. Massgebliche Ursachen für diesen Anstieg sind insbeson-dere eine Zunahme der Krankengeldberechtigten in höheren Altersgruppen vor der Verrentung sowie der Anstieg von lang andauernden psychischen Erkrankungen. Die Netto-Verwaltungskosten der Kassen sind um 2,4 Prozent je Versicherten gestiegen. Hier muss es im weiteren Jahresverlauf noch zu einer Abflachung der Ausgabenentwicklung kommen, da die Verwaltungskosten nach den Regelungen des GKV-Finanzierungsgesetzes in den Jahren 2011 und 2012 im Vergleich zu 2010 nicht steigen dürfen.