Berlin – Der Bundesverband Managed Care e.V. (BMC) begrüßt das Vorhaben der Bundesregierung, die Krankenhäuser mit dem Versorgungsstrukturgesetz zu einem verbindlichen Entlassmanagement zu verpflichten. Für die Sicherstellung einer strukturierten nachstationären Versorgung reicht die Etablierung eines rechtlichen Anspruchs jedoch nicht aus, glaubt der BMC. Um ein reibungsloses Ineinandergreifen der unterschiedlichen Behandlungsstufen zu erreichen und Behandlungsbrüche zu vermeiden, müssten Medizin, Pflege, Rehabilitation und Sozialwesen besser koordiniert sein. Die Projektgruppe “Entlassmanagement” des BMC bestehend aus Mitgliedsunternehmen aus den Bereichen der Krankenhäuser und Kostenträger sowie weiteren Akteuren der Gesundheitsversorgung hat zur Lösung dieser komplexen Herausforderung einen umfassenden Empfehlungskatalog entwickelt.
“Die Praxis hat gezeigt, dass insbesondere bei Patienten mit chronisch entgleisten Grund- und Nebenerkrankungen das Zusammenspiel der Akteure im Entlassmanagement noch nicht reibungslos funktioniert”, sagt Prof. Dr. Volker Amelung, Vorstandsvorsitzender des BMC. “Deshalb ist es richtig, dass die Bundesregierung das Thema Entlassmanagement im Krankenhaus nun erneut auf die politische Agenda setzt.” Das Versorgungsstrukturgesetz bleibe jedoch zu unkonkret. Um die bestehenden Schwachstellen zu beseitigen, müssten die entscheidenden Fragen der Organisation und der Finanzierung geklärt werden, fordert Amelung.
“Beim Entlassmanagement handelt es sich um eine multiprofessionelle Aufgabe, die eine enge Kooperation des Krankenhauses mit allen Bereichen der Nachversorgung erfordert. Wir benötigen hier mehr Teamorientierung, Ansprechpartner mit klar definierten Zuständigkeiten, einen lückenlosen Informationsfluss sowie einheitliche Qualitäts- und Beurteilungskriterien”, ergänzt Dr. Dominik Deimel, Geschäftsführer der com2health, der die Projektgruppe “Entlassmanagement im Krankenhaus” des BMC leitet. Zudem komme es darauf an, die Eigenverantwortung von Patienten und Angehörigen durch mehr Unterstützung und Beratung zu stärken, so das kooptierte Mitglied im BMC-Vorstand.
Um diese Ziele zu erreichen, hält die Projektgruppe folgende Schritte für erforderlich:
· Etablierung eines “definierten Ansprechpartners” im Krankenhaus:
Die Qualifikation eines “Patientenkoordinators” sollte die medizinische, pflegerische und soziale Beurteilung des Patienten in Abstimmung mit dem Ärzte- und Pflegeteam ermöglichen und ein patientenorientiertes Handeln unterstützen.
· Schaffung von übergreifenden Assessment-Instrumenten:
Die ganzheitliche Beurteilung des Patienten sollte innerhalb der ersten 48 Stunden nach Aufnahme im Krankenhaus durch eine hierfür qualifizierte Fachkraft proaktiv durchgeführt werden und dient der frühzeitigen Abschätzung der Notwendigkeit eines möglichen Nachsorgebedarfs sowie der Abstimmung mit nachgelagerten Versorgungseinrichtungen und Kostenträgern.
Verbesserung der Kommunikation zwischen den Leistungserbringern untereinander und mit den Kostenträgern:
Die Kommunikation und Abstimmung von Krankenhaus, ambulanten Ärzten und Pflegdiensten sowie weiteren Versorgungseinrichtungen im Rahmen der Nachsorge-Organisation und Überleitung in weiterführende Versorgungsstufen muss deutlich gefördert werden. Eine verbindliche standardisierte Datenübertragung und Nutzung von Informationstechnologien auch unter Einbeziehung der Kostenträger ist hierzu erforderlich.
Förderung des “Empowerment” von Patienten und Angehörigen:
Ziel ist es, Patienten und Angehörige durch Beratung und Schulung zu befähigen, vorhandene Ressourcen im Umgang mit Ihrer Krankheit bzw. ihrer pflegerischen Situation besser zu nutzen.
Verpflichtende Nachverfolgung der eingeleiteten Maßnahmen nach der Entlassung:
Das Entlassmanagement ist erfolgreich abgeschlossen, wenn sichergestellt ist, dass die nachversorgende Stelle die Behandlung qualitätsgerecht fortführen kann und alle eingeleiteten Maßnahmen eine gute Weiterversorgung gewährleisten. Hierfür ist durch das Krankenhaus eine Überprüfung nach Entlassung durchzuführen.
Etablierung ambulanter “Ankerpunkte”:
Die Übernahme und weitere Koordinierung der Versorgung sollte durch ebenfalls im ambulanten Bereich befindliche definierte Ansprechpartner erfolgen. Diese stellen die Weiterversorgung der im stationären Bereich eingeleiteten Maßnahmen sicher. Hierzu bieten sich entsprechend qualifizierte ambulante Patientenkoordinatoren im Umfeld niedergelassener Ärzte, eine Pflegeberatung oder auch durch die Kostenträger gestellte Patientenbegleiter an.
Aufbau von spezifischen interprofessionellen Behandlungspfaden:
Indikationsspezifische Versorgungspfade unterstützen die Leistungserbringer, eine strukturierte, koordinierte und einheitliche Patientenversorgung über die Sektorengrenzen hinweg zu erbringen und hiermit z.B. ein übergreifendes Medikationsmanagement sicherzustellen.
Einführung von standardisierten Qualitätssicherungsinstrumenten:
Um bestehende Qualitätsunterschiede zu beseitigen, sind die geforderten standardisierten Prozesse und Instrumente im Entlassmanagement in die verpflichtende Qualitätssicherung in den Krankenhäusern und im ambulanten Bereich einzubetten.
Vergütung des Zusatzaufwands von Krankenhäusern und ambulanten Koordinatoren:
Gemessen an den derzeit im Krankenhaus erbrachten Assessment-, Informations- und Koordinationsleistungen ist für ein gutes Entlassmanagement sicher ein Zusatzaufwand erforderlich. Dies betrifft insbesondere Patienten mit entgleisten Grund-/Begleiterkrankungen. Sofern dieser Mehraufwand gegenüber den in den DRG verhandelten Leistungen von den Krankenhäusern erbracht wird, sollte hierfür auch eine zusätzliche Vergütung angestrebt werden. Dann wäre aber auch eine Refinanzierung innerhalb des Morbi-RSA von Nöten.
Eine Kurzversion des Positionspapiers des BMC kann unter http://www.bmcev.de abgerufen werden. Sollten Sie Interesse an weiteren Informationen zum Entlassmanagement haben, wenden Sie sich bitte an die BMC-Geschäftsstelle.
Der BMC ist ein pluralistischer Verein für innovative Systementwicklung im Gesundheitswesen. Er ist das Forum für zukunftsfähige, qualitätsgesicherte und patientenorientierte Konzeptionen. Der BMC vertraut auf die Kräfte eines freiheitlichen und wettbewerbsorientierten, gleichwohl auch solidarischen Systems. Seine Mitglieder repräsentieren die gesamte Bandbreite aller Akteure des Gesundheitswesens. Der BMC wurde 1997 gegründet und zählt rund 160 Mitglieder.