Berlin – Heute präsentierte der Verband Pro Generika in Berlin zwei von ihm in Auftrag gegebene Studien zum Thema Versorgungssicherheit bei Antibiotika. Während die Studie des Berliner IGES Instituts die essenzielle Rolle von Generika für die Antibiotikaversorgung im stationären und ambulanten Bereich herausarbeitet und jüngste Engpässe analysiert, beleuchtet die Unternehmensberatung Roland Berger die Abhängigkeit Deutschlands von ausländischen Antibiotikaherstellern und untersucht, ob bzw. unter welchen Umständen die heimische Antibiotikaproduktion gestärkt werden könnte.
Dr. Martin Albrecht, Geschäftsführer Gesundheitspolitik beim IGES Institut, machte in der Pressekonferenz deutlich, dass entgegen der Wahrnehmung Vieler der tatsächliche Verbrauch von Antibiotika in den vergangenen Jahren nicht gestiegen, sondern weitgehend konstant geblieben ist. Die essenzielle Rolle der Generika für die Versorgung in Deutschland ergebe sich aus der Tatsache, dass sie im ambulanten Bereich 84 % und im stationären Bereich sogar 87 % der gesamten Versorgung sichern (nach Tagestherapiedosen, DDD). Allerdings wären generische Antibiotika in Deutschland generell einem sehr hohen Preis- und Rabattdruck ausgesetzt. In der ambulanten Versorgung gehe dies vor allem mit einer steigenden Marktkonzentration einher, in der stationären Versorgung auch mit dem Auftreten von Lieferengpässen, so Albrecht abschließend.
Dr. Morris Hosseini, Senior Partner bei Roland Berger, zeigte in seinem Vortrag die sehr hohe Abhängigkeit der Antibiotikaversorgung vor allem von Herstellern in China, die bereits wesentliche Teile der gesamten Weltmarktproduktion auf sich vereinigten. Teilweise gäbe es nur zwei oder drei relevante Produzenten von Wirkstoffen bzw. von für die Produktion wichtigen sogenannten „Intermediates“. Falle eines dieser Unternehmen aus, seien Versorgungsengpässe die logische Folge – wie am aktuellen Beispiel Piperacillin/Tazobactam deutlich werde. Als die größten Hürden bezeichnete der Experte von Roland Berger die sehr hohen Investitions- und Produktionskosten und das sehr niedrige Preisniveau für Antibiotika in Deutschland, die einer vermehrten Produktion wichtiger Antibiotika in Deutschland bzw. der EU im Wege stehen.
Dr. med. Markus Leyck Dieken, stellv. Vorstandsvorsitzender von Pro Generika und Geschäftsführer von Teva/ratiopharm, stellte klar: „Die Gutachten zeigen uns: Der Weg zu einer Stärkung der heimischen Antibiotikaproduktion ist alles andere als trivial. Die aktuellen Engpässe bei Antibiotika müssen aber dennoch ein Weckruf sein. Wir brauchen einen ‚New Deal für Versorgungssicherheit‘ in Deutschland. Die Ergebnisse der Studie zeigen klar auf, wie sehr die Antibiotikaversorgung in Deutschland bereits am Tropf Chinas hängt. Angesichts weltweit zunehmender geopolitischer Spannungen sollten wir sicher stellen, dass der Erste Hilfe Koffer im Ernstfall in Europa steht“, so Leyck Dieken.
Im Pharmadialog der Bundesregierung habe Pro Generika bereits auf das drängende Problem des Kostendrucks bei lebenswichtigen Arzneimitteln hingewiesen. Allerdings sei der Abschlussbericht der Bundesregierung in dieser Hinsicht in Absichtserklärungen stecken geblieben.
„Mit dem Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (AMVSG) hat die Politik noch die Option, erste konkrete Schritte gegen Engpässe einzuleiten. So muss die Verantwortung für Versorgung auf mehrere Schultern verteilt werden. Die generelle Mehrfachvergabe bei Generikarabattverträgen ist hier das Mittel der Wahl und leicht im Gesetz zu verankern. Zudem darf es für lebenswichtige Generika wie etwa zur Behandlung von Krebs oder eben auch für Antibiotika nicht auch noch zusätzlich Rabattverträge geben. Lebenswichtige Generika sind zu wichtig zum Feilschen“, so Leyck Dieken abschließend.
Die Studien sowie die Unterlagen der Pressemappe können hier www.progenerika.de/presse/ abgerufen werden.