Berlin, 25. Februar 2019 – Der Berufsverband der Akkreditierten Labore in der Medizin – ALM e.V. hat eine erste Auswertung zum im April 2017 eingeführten iFOBT-Darmkrebstest erstellt. Der immunologische fäkale okkulte Bluttest (iFOBT) im Stuhl ist eine Laboruntersuchung zur Früherkennung von Darmkrebs, wenn bei Patienten ≥ 50 Jahre der Goldstandard Koloskopie zunächst nicht durchgeführt werden kann oder abgelehnt wird. Der iFOBT ist somit ein kritischer Bestandteil der Früherkennung von Darmkrebs. Mit Darmkrebs werden in Deutschland insgesamt in etwa 61.000 Menschen p. a. neu diagnostiziert (Krebsregister, 2014).
Wesentliche Ergebnisse aus der ALM-Studie: Mit nur 62 % (n=2.725.849) war die Rücklaufquote der Teste in die Labore nur sehr gering. Auch wird nach der Auswertung der teilnehmenden ALM-Labore im Vergleich zu den ehemals 4,7 Millionen Testen gFOBT pro Jahr der iFOBT im Sinne einer bestmöglichen Präventionsstrategie noch nicht ausreichend eingesetzt. Die Auswertung ist ein Projekt der Arbeitsgruppe Versorgungsforschung des ALM. „Diese Arbeitsgruppe verfolgt u. a. die Aufgabe, anonymisiert Daten der ALM-Mitgliedslabore zu aktuellen Fragen in der Patientenversorgung wissenschaftlich auszuwerten, um so den Einsatz von Labordiagnostik sinnvoll zu gestalten und Unter- bzw. Überversorgung von Patienten laborärztlich aufzuzeigen“, sagt Prof. Dr. Jan Kramer, Internist und Laborarzt und als Vorstandsmitglied des ALM Sprecher der AG Versorgungsforschung.
In einem in der Fachzeitschrift „Prävention und Gesundheitsförderung“ (PUGE) veröffentlichten Artikel wird durch die AG Versorgungsforschung eine Übersicht über den Hintergrund der Einführung des iFOBT für gesetzlich krankenversicherte Patienten im Rahmen der Früherkennung von Darmkrebs in Deutschland zum 1. April 2017 gegeben. Diese beinhaltet einen aktuellen Bericht der medizinischen Labore zum Einsatz dieser Laboranalytik in der Patientenversorgung in Deutschland.
Kramer und Früh, 2019 in PUGE, Springer Verlag
Zum Hintergrund
Der iFOBT im Stuhl ist eine präventive Leistung zur Darmkrebsfrüherkennung. Am Patienten tätige Ärzte, die den iFOBT präventiv bei ihren Patienten ≥ 50. Lebensjahr veranlassen, können die GOP 01737 (57 Punkte, 6 €) abrechnen. Die Leistung umfasst die Patientenberatung, Ausgabe, Rücknahme und Weiterleitung des Stuhlproben-Entnahmesystems an das Labor. Wichtig ist dabei der Vermerk „präventiv“ auf dem Laboranforderungsmuster 10.
Ergebnisse der ALM-Datenauswertung
Die wissenschaftliche Auswertung basiert auf anonymisierten Daten der ALM-Mitgliedslabore vom 1. April 2017 bis 30. Juni 2018 und beinhaltet 4.423.795 von den ALM-Laboren ausgegebene iFOBT. Im Sinne der Patientensicherheit kann zwar festgehalten werden, dass die Durchführung der iFOBT gemäß den geltenden Qualitätsvorgaben in den akkreditierten medizinischen Laboren für die Routine in der Darmkrebsfrüherkennung etabliert ist. Beispielsweise liegt der Anteil positiver Befunde mit 10 % aller der in ALM-Mitgliedslaboren zurückerhaltenden iFOBT innerhalb der Qualitätsvorgaben. Ein wesentliches Ergebnis: Mit nur 62 % (n=2.725.849) war die Rücklaufquote der Teste in die Labore nur sehr gering.
Zudem waren 4 % (n=110.514) der ins Labor zurückgesendeten iFOBT dort überhaupt nicht auswertbar. Dieses war im Wesentlichen durch eine nicht sachgerechte Handhabung der Probeentnahmesets durch die Patienten im Rahmen der Präanalytik begründet. Hierbei gibt es offenbar auch Unterschiede in der Handhabbarkeit der je nach Testhersteller unterschiedlichen Probenentnahmesets durch die Patienten.
Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Untersuchung: Die Laboruntersuchung iFOBT wird im Vergleich zu den ehemals 4,7 Millionen Testen pro Jahr des heute nicht mehr erstatteten Guajak-basierten fäkalen okkulten Bluttest (gFOBT) im Stuhl, der in der Arztpraxis durchgeführt wurde, nicht ausreichend eingesetzt. Kumulativ erhielten die an diesem Bericht teilnehmenden ALM-Mitgliedslabore über das ausgewertete Jahr nur 2.536.096 iFOBT zurück.
Die Verteilung der iFOBT-Einsendungen im Labor nach Fachgruppen war wie folgt: 34 % hausärztlich tätige Internisten und Allgemeinmediziner, 27 % Fachärzte für Gynäkologie, 10 % Fachärzte für Innere Medizin, 4 % Fachärzte für Urologie und < 1 % Fachärzte für Chirurgie. 25 % der Anforderungen erfolgen durch sonstige, nicht für die präventive Testanforderung berechtigte Fachgruppen. Weiterführende Untersuchungen müssen bestätigen, ob Frauen und Männer gleichmäßig in die Früherkennungsmaßnahme einbezogen werden. Das Anforderungsverhalten durch Fachärzte für Urologie ist beispielsweise ausbaufähig. Da ein hoher Anteil der Anforderung auch durch bisher nicht berechtigte Fachgruppen erfolgt, ist eine Aufhebung einer fachgebietsbezogenen Begrenzung zu diskutieren.
Fazit für die Optimierung des iFOBT-Einsatzes
Für die methodische Fortentwicklung des iFOBT ist es entscheidend, die Qualitätsindikatoren aus den Laborquartalsberichten an die Kassenärztlichen Vereinigungen transparent testbezogen und im Hinblick auf die Labore pseudoanonym von zentraler Stelle zeitnah nach Übermittlung zu veröffentlichen. Insbesondere gilt dies auch für die sogenannten frühen Performance-Indikatoren. Dabei sollte u. a. herausgearbeitet werden, welche Entnahmesysteme nicht so gut für den Patientengebrauch geeignet sind, um entsprechende Verbesserungen zu erwirken. Ebenfalls an zentraler Stelle sollten ggf. vorgenommene Anpassungen von Schwellenwerten durch Hersteller oder Anwender publiziert werden.
Um die Rücklaufquote der Tests zur Laboranalytik nach Ausgabe an den Patienten für die Zukunft zu optimieren, sollte diskutiert werden, ob eine direkte Kostenbeteiligung des Patienten am Entnahmesystem sinnvoll ist. Aktuelle Praxis ist, dass die medizinischen Labore die Entnahme- und Transportmaterialien des iFOBT kostenfrei für die Patienten der einsendenden Arztpraxen zur Verfügung stellen müssen. Bezüglich der Diskrepanz zwischen den von den Laboren ausgegebenen und zurückerhaltenen Entnahmesystemen bleibt es aktuell unklar, ob ein Test nicht vom Patienten zurückgebracht oder von der Arztpraxis nicht ins Labor weitergeleitet wurde.
Im Rahmen der aktuellen Regelung der ausschließlichen Kostenübernahme für die Entnahmesysteme und Transportkosten durch die ALM-Labore entstanden allein mindestens 3 Millionen Euro Kosten ohne Deckungsbeitrag über den einjährigen Berichtszeitraum durch nicht zurückerhaltene Entnahmesysteme. Offen bleibt somit grundsätzlich auch, ob die Bewertung des Entnahmesystems im Rahmen der präventiven Laboruntersuchung GOP 01738 (75 Punkte, 7,99 €) bzw. kurativen Laboruntersuchung 32457 (5,52 € nach Abzug der Laborquote Q) ausreichend vorgenommen wurde oder hierzu eine Anpassung der Vergütung der Laborleistungen vorgenommen werden muss.
„Im Interesse einer verbesserten Krebsprävention muss die Durchführung dieser wichtigen und politisch gewollten Früherkennungsmaßnahme in jedem Fall verbessert werden“, schlussfolgert Prof. Jan Kramer. „Die Akkreditierten Labore in der Medizin sollten in diese Weiterentwicklungen auf jeden Fall einbezogen werden“, so der Sprecher der AG Versorgungsforschung des ALM e.V.
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Über den ALM e.V.
ALM e.V. ist der Berufsverband der Akkreditierten Medizinischen Labore in Deutschland. Der Verband vertritt derzeit über 200 medizinische Labore mit 900 Fachärzten, rund 500 Naturwissenschaftlern und etwa 25.000 qualifizierten Mitarbeitern. Der Zweck des Vereins ist die Förderung und Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen labormedizinischen Patientenversorgung in Deutschland. Die Mitglieder des Verbandes sichern eine flächendeckende Patientenversorgung, auch in strukturschwachen Gebieten. Die Mitgliedslabore sind nach der höchsten Qualitätsnorm für medizinische Laboratorien (DIN ISO EN 15189) akkreditiert und erfüllen uneingeschränkt die Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung labormedizinischer Untersuchungen (RiliBÄK). Die Aus- und Weiterbildung des ärztlichen und technischen Personals ist ein wesentlicher Aspekt ihrer täglichen Arbeit, um langfristig die zuverlässige Versorgung von Millionen von Patienten sicherstellen zu können. Der Verein strebt eine kollegiale Zusammenarbeit mit der gemeinsamen Selbstverwaltung, den medizinischen Fachgesellschaften, Berufsverbänden und Vereinen an, um gemeinschaftlich die Zukunft der Labore in der medizinischen Diagnostik in Deutschland zu gestalten.