Oberursel/München – Bei der Formulierung einers Gesetzesentwurfs, der die Approbationsordnung für Ärzte ändert, wurde offenkundig vergessen, die Schmerzmedizin in die Liste der verbindlichen Lehr- und Prüfungsfächer für Ärzte aufzunehmen. »Dies ist ein Skandal und ein Affront gegen Millionen von Menschen in Deutschland, die unter chronischen Schmerzen leiden«, erklärt Dr. med. Marianne Koch, Präsidentin der Deutschen Schmerzliga. Die Patientenorganisation appelliert daher an den Deutschen Bundesrat, diesem Gesetz in der vorliegenden Form die Zustimmung zu verweigern.
Am 5. Juli 2009 wird im Deutschen Bundesrat das »Gesetz zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs« beraten. Es sieht unter anderem vor, die Palliativmedizin als Pflichtlehr- und Prüfungsfach im Rahmen des Medizinstudiums in die Approbationsordnung für Ärzte aufzunehmen. Dies ist nach Meinung der Deutschen Schmerzliga e.V. ein wichtiger Schritt.
Als Skandal bezeichnet es die Patientenorganisation jedoch, dass die Schmerzmedizin bei dieser Änderung nicht berücksichtigt wurde. »Nicht nur die Palliativmedizin, sondern auch die Schmerzmedizin gehört unabdingbar in die Approbationsordnung für Ärzte«, erklärt Dr. med. Marianne Koch, Präsidentin der Deutschen Schmerzliga. Würde das Gesetz um dieses eine Wort Schmerzmedizin ergänzt, könnte dies die Zukunft von Millionen Patienten mit chronischen Schmerzen entscheidend verbessern. Koch: »Eine gute Schmerzmedizin kann Leiden lindern, Lebensqualität verbessern und in vielen Fällen verhindern, dass wiederkehrende Schmerzen zu einer eigenständigen Erkrankung werden, der Schmerzkrankheit.« Obwohl sich die Deutsche Schmerzliga zusammen mit anderen Schmerzorganisationen auch in der Koalition gegen den Schmerz seit nunmehr 20 Jahren für das inzwischen unbestrittene Recht von Schmerzpatienten auf eine adäquate Behandlung einsetzt, wird dieses Recht zwar in Sonntagsreden gerne betont, aber letztendlich nicht durchgesetzt, da die Ausbildung der Ärzte auf diesem Gebiet mangelhaft ist.
Die fatalen Folgen: Eine aktuelle wissenschaftliche Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass alleine Rückenschmerzen die deutsche Volkswirtschaft mit jährlich 48 Milliarden Euro belasten. Das sind 2,2 Prozent des Bruttosozialprodukts. »Der Preis ist hoch, den Gesellschaft und Wirtschaft für eine mangelhafte Ärzteausbildung in Schmerzmedizin und die daraus resultierende Unter- und Fehlbehandlung zu bezahlen haben«, sagt Koch. »Und nicht in Euro und Cent bemessen lassen sich Schmerzen und Beeinträchtigung der betroffenen Patienten.« Darum appelliert die Deutsche Schmerzliga an die Ministerpräsidenten der Länder, sich bei den bevorstehenden Beratungen des Gesetzes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs dafür einzusetzen, dass im § 27 Absatz 1 der Approbationsordnung für Ärzte nicht nur die Palliativmedizin, sondern auch die Schmerzmedizin in die Liste jener Fächer aufgenommen wird, die im Rahmen eines Medizinstudiums gelehrt und geprüft werden müssen. Zwei Drittel der medizinischen Fakultäten bieten unzwischen ein Curriculum Schmerztherapie für Studenten an. Es ist allerdings nur ein Wahlfach. Es darf nicht sein, dass angehende Ärzte ihr Studium absolvieren können, ohne zu lernen, wie sie chronische Schmerzen verhindern und behandeln können, erklärt Marianne Koch. Die Bundesländer haben es jetzt in der Hand, die Weichen richtig zu stellen.
Mitglieder der Koalition gegen den Schmerz sind neben der Deutschen Schmerzliga e.V.: Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie e.V. (DGS), Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes e.V. (DGSS), Interdisziplinären Gesellschaft für orthopädische und unfallchirurgische Schmerztherapie (IGOST), Berufsverband der Schmerztherapeuten in Deutschland (BVSD), Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin e.V. (DGP), und die Deutsche Gesellschaft für Versicherte und Patienten.