Berlin – Sogenannte BRCA1 oder BRCA2 Genmutationen – verantwortlich für Brust- oder Eierstockkrebs, sind spätestens durch Angelina Jolie in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Die amerikanische Schauspielerin, selbst Trägerin einer BRCA1 Genmutation, ließ sich vorsorglich zunächst beide Brustdrüsen und zwei Jahre später dann auch die Eierstöcke entfernen, um ihr erblich bedingtes Risiko zu minimieren. Seit dem öffentlichen Auftritt des Hollywoodstars sind die Ängste und Fragen zu BRCA bei Frauen nicht weniger geworden. Was es aber im Speziellen mit den Hochrisikogenen auf sich hat – und im Besonderen, wenn eine Frau bereits an Eierstockkrebs erkrankt ist – erläutert seit einem Jahr die in Berlin gegründete Deutsche Stiftung Eierstockkrebs im Rahmen der „BRCA Infotour“.
Gemeinsam mit bundesweiten universitären Krebszentren organisierte die Stiftung die Infotour bereits in Mainz, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und Kiel und beleuchtete mit einem Expertenteam die wichtigsten Themen, die mit der BRCA Genveränderung bei Eierstockkrebs verbunden sind. Eierstockkrebs ist eine eher seltene Krebserkrankung. Dieses Veranstaltungsformat bietet jedoch den Patientinnen und Teilnehmern, das Thema inhaltlich intensiv zu behandeln und die drängenden Fragen Top-Experten zu stellen sowie Informationen aus erster Hand durch Betroffene oder Selbsthilfenetzwerke zu erhalten.
Gestern fand nun die letzte BRCA Infotour für das Jahr 2017 statt. Schwerpunkte der Veranstaltung in Berlin waren unter anderem „Die Schwerpunktsprechstunde bei BRCA und Eierstockkrebs“, „Krankheitsbewältigung durch Mal- und Schreibtherapie“ sowie „Fatique oder Depressionen bei Krebs“.
Prof. Dr. med. Jalid Sehouli, stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Stiftung Eierstockkrebs und Direktor der Charité- Frauenkliniken Campus Virchow-Klinikum und Benjamin Franklin, gilt international als Experte bei der Behandlung von Eierstockkrebs, an dem jährlich etwa 7.500 Frauen erkranken: „Aktuell gilt die Operation beim Zeitpunkt der Erstdiagnose gefolgt von einer Chemotherapie als Therapie der Wahl, sagt der Experte und räumt gleichzeitig ein: Ist eine Frau bereits an Eierstockkrebs erkrankt, kann das Testergebnis bei Vorliegen einer bestimmten BRCA-Mutation auch für die Therapieauswahl von großer Bedeutung sein. Dann kommen ganz spezielle Therapien zum Einsatz, die einen zielgerichteten Krebszelltod unterstützen. In dieser Richtung gibt es eine zügige Entwicklung und berechtigte Hoffnungen“, sagt Sehouli.
Die Veranstaltung bot der Deutsche Stiftung Eierstockkrebs Anlass, nach einem Jahr nun eine erste Bilanz zu ziehen. Das Themen- und Fragenspektrum ist vielfältig und endet bei weitem nicht bei der Frage nach einem Gentest.
„Ich war vollkommen ahnungslos. Kein Arzt hat mir bisher zu einer BRCA Gentestung geraten, um ein erhöhtes Krebsrisiko oder eine weitere Behandlungsoption zu prüfen. Davon hat mir keiner erzählt.“, berichtet eine Eierstockkrebspatientin auf der Veranstaltung in Frankfurt.
Zusammenfassend kann resümiert werden:
- Große Aufklärungslücken in der Basisberatung bei Eierstockkrebspatientinnen –
Liegt eine familiäre Vorbelastung durch eine BRCA1 oder BRCA2 Genmutation vor oder nicht? Viele Frauen wussten nichts von einem möglichen Zusammenhang von BRCA und Eierstockkrebs. - Verunsicherung der Frauen hinsichtlich Prophylaxe und Therapieoptionen –
Soll und muss ich mich frühzeitig operieren lassen? Wann macht welche Therapie Sinn? Viele Frauen und deren Familien sind sehr verunsichert, über eine optimale und passende Prophylaxe, wenn ein positives Testergebnis vorliegt und/ oder eine zusätzliche Therapieoption - Familienplanung bei BRCA & Eierstockkrebs –
Spielt es eine große Rolle für meinen Kinderwunsch, wenn ich eine BRCA Genmutation in mir trage? Welche Optionen der Familienplanung gibt es, wenn ich als junge Eierstockkrebspatientin noch einen Kinderwunsch habe? Viele junge Frauen besuchten die BRCA Infotour, um gezielte Informationen zur Familienplanung zu erhalten. - Genmutation als Therapiechance –
Was bedeutet es, eine BRCA-Genveränderung im Blut oder im Tumorgewebe zu haben? Warum gibt es genau für Patientinnen mit BRCA Genveränderung zusätzliche Behandlungsoptionen? Die aktuellen Entwicklungen im Therapiefeld für Eierstockkrebs (und ggf. auch Brustkrebs) bieten neue Möglichkeiten; rasante, wissenschaftliche Fortschritte sollten da unbedingt vermittelt und genutzt werden - Empfehlungen zum Erhalt von Lebensqualität bei Eierstockkrebs bis hin zu Langzeitüberleben –
Wie kann ich weiterhin gut und lang leben? Brauche ich psychologische Unterstützung? Gibt es zusätzliche Hilfsangebote? Viele Frauen sind dankbar, für Empfehlungen zu einer gutes Lebensqualität trotz ihrer Erkrankung, ob geeignete Hormontherapien, Nebenwirkungsmanagement, medizinische Betreuung nach Therapieabschluss bis hin zum Ziel des Langzeitüberlebens
Andrea Krull, Leiterin der Selbsthilfegruppe OvarSH-Kiel /Schleswig-Holstein und Teilnehmerin der Infotour in Kiel unterstreicht ebenfalls die Notwendigkeit einer besseren Aufklärung. „Es wird häufig zu wenig zwischen Arzt und Patientin geredet. Oft bieten die Sprechstunden zu wenig Zeit für einen intensiveren Austausch. Deshalb ist es wichtig, dass Informationen zu aktuellen Studienergebnissen oder eben zum BRCA Hochrisikogen an die Selbsthilfegruppen gelangen, so dass wir auch dort die Informationen an Patientinnen weitergeben und einen bessere Aufklärung unterstützen können.“
Alle Schwerpunktthemen der Experten der BRCA Infotouren werden zudem im Nachgang durch Videoclip Interessierten und Patientinnen zur Verfügung gestellt und sind auf dem youtube-Kanal der Deutschen Stiftung Eierstockkrebs abrufbar.
Alle Informationen zur BRCA Infotour, allen Veranstaltungen und nächsten Veranstaltungsorten entnehmen Sie bitte unter www.brca-infotour.de
Über die Deutsche Stiftung Eierstockkrebs
Die Deutsche Stiftung Eierstockkrebs wurde 2010 durch Initiative von Professor Dr. Jalid Sehouli, Leiter des Europäischen Kompetenzzentrums Eierstockkrebs, gegründet. Ziel der Stiftungsarbeit ist eine umfangreiche Informationsarbeit und umfassende Aufklärung über Eierstockkrebs sowie eine weitreichende Forschungsarbeit zu dieser Krebserkrankung. Deshalb erarbeitet die Stiftung spezielles Informationsmaterial wie Broschüren und Aufklärungsfilme, bietet Austausch- und Infoplattformen im Social Network wie „DIWA“ an, veranstaltet regelmäßig Informationsevents für Betroffene und Fortbildungsveranstaltungen für Ärzte und unterstützt Studien bspw. zum Thema Lebensqualität und Langzeitüberleben bei Eierstockkrebs.