Berlin – „Testurteil: Nicht so geil (6,0) – Quatsch“, lautet das Urteil von IT-Experte Flüpke, Mitglied im Chaos Computer Club, zum E-Rezept. Denn in der bisherigen Form gebe es deutliche Schwachstellen, vor allem bei der Fernentgegennahme. Genau diese ist für gematik-CEO Dr. med. Markus Leyck-Dieken der Hauptvorteil. Man vertraue auf die Apotheken, dass keine kriminellen Handlungen damit betrieben werden, hieß es im Rahmen der Zukunftskonferenz VISION.A powered by APOTHEKE ADHOC.
„Für mich als Patient begeht der Arzt beim Ausstellen des E-Rezepts einen Vertrauensbruch“, so IT-Experte Flüpke. Das Hauptproblem für ihn: Die zentrale Speicherung der Daten, die über den Server der gematik erfolgt, und die anschließende Übermittlung. Denn jede/r mit dem Code könne Zugriff auf die sensiblen Patientendaten erhalten – auch unberechtigt. „Ich als Patient möchte nicht, dass jemand außer mir und den dafür verantwortlichen Personen meine Daten einliest.“
Zwar habe die gematik eine sogenannte „Vertrauenswürdige Ausführungsumgebung (VAU)“ geschaffen, Patient:innen haben jedoch keine Kontrolle darüber. Außerdem genüge zum Abruf der übermittelten E-Rezept-Daten in der Apotheke die Krankenversichertennummer des/der Patient:in. Doch niemand könne verifizieren, ob der Prüfungsnachweis echt ist. Die Apotheke könne folglich selbst nach dem Verlassen des/der Kund:in kriminelle Handlungen mit den Patientendaten betreiben. „Eine Form der Identifizierung in der Apotheke fände ich sinnvoll.“ Der Datenschutz dürfe nicht nur als „nerviges Ding“ betrachtet werden.
Hinzu kommt: E-Rezepte werden nicht Ende-zu-Ende verschlüsselt. Genau dies brauche es jedoch, um sie bei der Fernübermittlung sicherer zu machen. Laut gematik-Chef Leyck-Dieken war es jedoch eine bewusste Entscheidung gewesen, keine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zu schaffen. Denn nur so sei es möglich, nochmals Zugriff auf die Rezeptdaten zu erhalten. „Wir sind uns bewusst, dass kriminelle Vorgehen möglich sind“, so Leyck-Dieken. Dafür gebe es auch erhebliche Strafen. Man vertraue jedoch auf die Apotheker:innen, dass dies nicht nötig sei.
Er sieht in der Möglichkeit der Fernentgegennahme des E-Rezept den Hauptvorteil. Außerdem sei es ein zentrales Ziel des E-Rezepts und weiterer digitaler Gesundheitsanwendungen, strukturierte Daten zu sammeln. Wer A sagt, müsse dann auch B sagen. Das Problem für ihn: „Wir sind in Deutschland ganz weit hinten, wenn es um digitale Gesundheitsanwendungen geht. Wir verniedlichen die Länder, die es besser können als wir und das bringt uns nicht weiter“, mahnt der gematik-CEO.
Außerdem mangele es an Aufklärung für Patient:innen über das E-Rezept. „Dies wäre eine interessante pharmazeutische Dienstleistung“, betont Anike Oleski Apothekerin und Inhaberin MediosApotheke Berlin in der Diskussionsrunde bei VISION.A. „Jeder, der mit einem E-Rezept zu uns in die Apotheke kommt, bekommt dann eine intensive Beratung dazu“, so die Idee.
Die gesamte Veranstaltung steht in Kürze auf der VISION.A-Website als Video on demand zur Verfügung.