Hannover – Die stationäre Patientenversorgung in Niedersachsen ist in Gefahr, wenn die regionalen Vertragspartner nicht rasch eine Bundesempfehlung zur Finanzierung des Belegarztwesens umsetzen. Der Vorsitzende des Landesverbandes Niedersächsischer Belegärzte Dr. Ryszard van Rhee erklärt hierzu: “Im Flächenland Niedersachsen funktioniert die stationäre Versorgung vielerorts nur, weil Vertragsärzte in den Belegabteilungen der Kliniken operieren oder andere stationäre Leistungen erbringen. Dennoch erhalten wir Belegärzte zurzeit nur 3,2 Cent pro Punkt für unsere operativen Leistungen. Bei einem derart niedrigen Punktwert ist unsere Arbeit ein Verlustgeschäft.” Ungerecht ist aber auch die unterschiedliche Bezahlung der Belegärzte von Bundesland zu Bundesland: “Es kann doch nicht sein, dass ein Belegarzt in Niedersachsen für die gleiche Operation nur die Hälfte von dem erwirtschaftet, was ein Belegarzt in Bayern für seine Leistungen erhält”, kritisiert van Rhee.
Die vor wenigen Wochen veröffentlichte Empfehlung der Bundesspitzenverbände der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sieht van Rhee daher als Rettungsanker für seine belegärztlichen Kollegen: Künftig sollen belegärztliche Leistungen bundesweit einheitlich extrabudgetär vergütet werden, als Kalkulationsbasis gilt ein Punktwert von 5,11 Cent für operative Leistungen. Die Kostenträger haben hierfür insgesamt 74 Millionen Euro bereitgestellt. Van Rhee meint: “Die Bundesempfehlung ist ein klarer Auftrag an die Landesverbände der Krankenkassen und die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN), belegärztliche Leistungen ohne Honorarverschiebung extrabudgetär zu einem Punktwert von 5,11 Cent zu vergüten.” Van Rhee erklärt, wie die Vertragspartner der Honorarverteilungsverträge die Bundesempfehlung auf Landesebene umsetzen müssen: “Im ersten Schritt müssen die KVen mit den Landesverbänden der Kostenträger die Gesamtvergütung, also die Summe des Honorars aller niedergelassenen Ärzte, um die bislang an Belegärzte ausgezahlte Geldsumme bereinigen.” Zusammen mit den zusätzlichen Geldmitteln ergibt sich daraus das neue Honorarvolumen für Belegärzte in der jeweiligen KV. “Wie groß dieses Volumen ist, hängt aber davon ab, ob die Vertragspartner tatsächlich die bisherigen belegärztlichen Honorare aus der Gesamtvergütung ausgliedern. Hier gibt es eine gewisse Unsicherheit, zumal die betroffenen Belegärzte in den Entscheidungsgremien der ärztlichen Selbstverwaltung meist nicht vertreten sind”, warnt van Rhee.
Seit Ende 2005 beteiligen sich die niedersächsischen Belegärzte an den Protesten der ambulanten Operateure gegen die Unterfinanzierung ambulanter und belegärztlicher Leistungen in Niedersachsen. Bislang allerdings konnten weder der Landes- oder der Bundesschiedsamtsspruch zum ambulanten Operieren, noch eine extrabudgetäre Finanzspritze in Höhe von knapp fünf Millionen Euro den desolaten Zustand in Niedersachsen beseitigen: Während immer mehr ambulant und belegärztlich operierende Vertragsärzte von der Insolvenz bedroht sind, streiten Kostenträger und KVN weiter über die Verteilung des Honorars. Van Rhee drängt daher auf eine rasche Einigung: “Kostenträger und KVen haben die historische Gelegenheit, das massiv unter Druck geratene Belegarztwesen nachhaltig zu stützen. Damit würde dieses kostengünstige, patientennahe, ambulant und stationär eng verzahnte Behandlungssystem auch in Niedersachsen sichergestellt. Außerdem würde endlich die je nach Bundesland grotesk unterschiedlichen Bewertung ein und derselben Leistung vereinheitlicht. Die Rahmenbedingungen sind eindeutig, die Partner des Honorarverteilungsvertrages müssen sie aber auch eins zu eins umzusetzen. Sollten einzelne Länder vom kalkulatorischen Punktwert abweichen, ist das ein Hinweis darauf, dass das Geld, das auf Bundesebene für die Belegärzte bereitgestellt wurde, regional in andere Bereiche verschoben wurde!”