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240 Hamburger Schüler in Wiederbelebung trainiert
Drücken fürs Leben: 240 Hamburger Schüler setzen ein Zeichen und üben gemeinsam die Laienreanimation. Experten fordern, dieses Training deutschlandweit ab Klasse 7 in allen Schulen verpflichtend einzuführen. Durch besser geschulte Laien könnten bundesweit pro im Jahr rund 10.000 Menschenleben zusätzlich gerettet werden. Foto: Mike Auerbach

240 Hamburger Schüler in Wiederbelebung trainiert

„Du brauchst nur zwei Hände, um ein Menschenleben zu retten!“

Hamburg – Es ist super einfach, ein Leben zu retten! Man muss nur wissen, wie. Dieses Signal senden heute 240 Schülerinnen und Schüler aus Hamburg hinaus in die Welt. Denn Wiederbelebung ist kinderleicht! Das wissen die Siebt- bis Zehntklässler nun. Gemeinsam mit ihren Lehrerinnen und Lehrern waren sie in die Messehalle gekommen, um sich im Rahmen des aktuell stattfindenden Intensiv- und Notfallmedizin-Kongresses der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) von den Experten vor Ort zeigen zu lassen, wie im absoluten Notfall zu reagieren ist. Was man braucht: Zwei Hände und vollen Körpereinsatz. Und dann heißt es: Drücken, bis der Notarzt kommt! Experten fordern seit Jahren, deutschlandweit Reanimationsunterricht ab der 7. Schulklasse einzuführen – bislang ist dies nirgends verpflichtend.

Wenn plötzlich ein Mensch zu Hause, im Zug oder auf der Straße umfällt und keine Lebenszeichen mehr zeigt, ist jeder gefragt. Es gilt, zu handeln. So viel wissen die 240 Schülerinnen und Schüler in der Hamburger Messehalle bereits. Artig sitzen sie in Reih und Glied auf dem Fußboden, vor sich eine Übungspuppe bestehend aus Kopf und Brust. Dr. Malte Issleib, Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)sowie Reanimationsbeauftragter des UKE, läuft mit einem Mikrofon durch die Reihen. „Was macht ihr jetzt? Da liegt jemand und rührt sich nicht.“ Vereinzelte Vorschläge. Getuschel. Dann ist das Statement der Schüler formuliert: „Ich muss was tun. Ich sollte kein Glotzefrosch sein!“

Regel Nummer 1: Prüfen!

Nein, Glotzefrösche kann man ganz und gar nicht gebrauchen, wenn ein Menschenleben in Gefahr schwebt. Zupackende Hände. Mutige Kinder. Ruhige Helfer. Beherzte Passanten. Das entscheidet im Notfall über Leben und Tod. So lernen die Kinder und Judendlichen an diesem Vormittag: Hauptsache, ich tue etwas. „Aber zunächst prüft ihr, ob es sich wirklich um einen Notfall handelt. Schaut, ob der Mensch vor euch normal atmet“, erklärt Issleib. „Es wäre komisch, wenn der sich nur auf der Wiese sonnt, und ihr gleich mit Herzdruckmassage beginnt.“ Ja, selbst bei so ernsten Themen wie der Wiederbelebung darf gelacht werden.

Regel Nummer 2: Rufen!

Wenn aber klar ist, ja, der Mensch atmet nicht normal, sein Herz hat aufgehört zu schlagen, ist der nächste Schritt ebenfalls kinderleicht: Rufen! „Mach andere Leute darauf aufmerksam, dass hier jemand Hilfe braucht. Handel nicht alleine“, lernen die Schüler. Und dann, ganz klar: Den Notarzt rufen. Also die 112 wählen.

Regel Nummer 3: Drücken!

Jetzt kommt der Moment, in dem die Schüler vollen Körpereinsatz zeigen müssen. Denn nach Prüfen und Rufen folgt in der Notfallkette das „Drücken“. Das bedeutet: Die Brust des Menschen frei machen, zwischen den Brustwarzen eine imaginäre Linie ziehen und genau in der Mitte mit ineinandergreifenden Händen anfangen, zu drücken. „Ihr seid jetzt das Herz dieses Menschen. Ihr müsst für ihn das Blut zum Gehirn pumpen, bis der Notarzt kommt und übernimmt“, ruft Issleib den konzentrierten Schülern zu. „100-120 Mal pro Minute. 1-2-3 … Kommt, schneller! Fester!“ Die Kids kommen schnell ins Schwitzen: „Boah, voll anstrengend! Aber echt cool!“

Jeder kann ein Menschenleben retten – es ist kinderleicht

Professor Dr. Bernd W. Böttiger beobachtet die pumpenden und fokussierten Kinder im Raum mit einem stolzen Lächeln. Er hat als Kongresspräsident der DIVI den heutigen Trainingstag ermöglicht und alle zusammengetrommelt. Laienreanimation, wie es in Fachkreisen heißt, ist seine ganz persönliche Herzensangelegenheit. „All diese Kinder werden im Notfall ein Leben retten können. Denn wenn ein Patient mit Herz-Kreislauf-Stillstand erst vom Rettungsdienst mit Herzdruckmassage wiederbelebt wird, ist es in der Regel für das Gehirn zu spät, falls niemand vor Eintreffen des Notarztes reagiert hat.“ Er macht deutlich: Das Gehirn ist nach drei bis fünf Minuten ohne Sauerstoff unwiederbringlich geschädigt. Das gilt es, durch Herzdruckmassage zu verhindern. Bei einem Patienten mit Herz-Kreislauf-Stillstand ist noch genug Sauerstoff im Blut. Es muss lediglich zum Gehirn gepumpt werden. Und ab der 7. Klasse hat jeder genug Kraft, diese Pumpleistung des Herzens kurzfristig zu übernehmen – und auch jüngere Kinder können zum Beispiel auch durch Prüfen und Rufen viel dazu beitragen, dass ein Leben gerettet wird.

Deshalb fordert Böttiger, Direktor der Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin des Universitätsklinikums Köln sowie Vorsitzender des Deutschen Rates für Wiederbelebung (GRC), seit Jahren eine verpflichtende Einführung von zwei Schulstunden Reanimationsunterricht pro Jahr ab der siebten Klasse in Deutschland. Die Kultusministerkonferenz empfiehlt dies seit 2014. Verpflichtend ist das Thema Laienreanimation in noch keinem einzigen Bundesland. „Das geniale ist, dass wirklich nur zwei Hände gebraucht werden“, sagt Böttiger. „Kein Gerät. Kein Medikament. Und deshalb hat das Thema auch keine Lobby. Es verdient niemand Geld daran.“ Aktionen wie diese – unter dem globalen Begriff „KIDS SAVE LIVES“ – schulen weltweit mit ehrenamtlichen Helfern unzählige Kinder. „Und es ginge noch so viel mehr!“

10.000 Menschenleben pro Jahr retten – die Politik ist gefragt

Seine Argumente trägt Böttiger an diesem Vormittag auch der Hamburger Senatorin für Gesundheit und Verbraucherschutz, Cornelia Prüfer-Storcks, vor. Morgen kommt Bundesgesundheits-minister Jens Spahn. Böttiger zählt auf:

  1. Von 100.000 Einwohnern erleiden jedes Jahr rund 30 bis 90 Menschen außerhalb eines Krankenhauses einen Herz-Kreislauf-Stillstand. Das sind in Deutschland mindestens 50.000 Menschen pro Jahr.
  2. Nur 10 Prozent der Betroffenen überleben derzeit.
  3. Die Patienten sind in der Regel jünger: Nahezu 50 Prozent sind im erwerbsfähigen Alter.
  4. Wenn häufiger unverzüglich Wiederbelebungsmaßnahmen eingeleitet werden würden, könnten sich die Überlebenschancen verdoppeln bis verdreifachen. Das heißt: Jedes Jahr könnten 10.000 Leben in Deutschland zusätzlich gerettet werden.
  5. In Dänemark wurde die Laienreanimationsquote u.a. durch die Einführung von Wiederbelebungsunterricht in Schulen und Informationskampagnen von 20 Prozent im Jahr 2000 auf mehr als 45 Prozent im Jahr 2010 gesteigert. Die Überlebensrate konnte dadurch verdreifacht werden.

So schickt Böttiger die jungen Menschen an diesem Vormittag mit einer Hausaufgabe hinaus ins nassgraue Hamburg: „Zeigt zehn anderen Personen, die ihr kennt – Mama, Papa, Bruder, Schwester, Onkel und Tante, Oma und Opa – was ihr gelernt habt!“ Zwei Wochen haben die Kinder Zeit. Die schwierigste Aufgabe für heute: Im Kopf auszurechnen, wie viele Personen dann wissen, wie man reanimiert, wenn 240 Kinder jeweils zehn weitere Personen anleiten. Wiederbelebung ist kinderleicht.

„KIDS SAVE LIVES“ ist eine internationale Initiative und wird seit 2015 auch von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterstützt.

Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e.V. (DIVI)

Die 1977 gegründete Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) ist ein weltweit einzigartiger Zusammenschluss von mehr als 2.500 persönlichen Mitgliedern und entsprechenden Fachgesellschaften. Ihre fächer- und berufsübergreifende Zusammenarbeit und ihr Wissensaustausch machen im Alltag den Erfolg der Intensiv- und Notfallmedizin aus.

Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der Gemeinnützigkeitsverordnung vom 24.12.1953 und ist damit ein nicht-wirtschaftlicher Verein gemäß § 21 ff BGB.

Mehr über die DIVI im Internet: www.divi.de