Mainz – Der heute vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzentwurf zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung, wie er sich nennt, ist der Einstieg in den Ausstieg aus dem Solidarsystem, wie Gesundheitsministerin Malu Dreyer heute in Mainz kritisierte. Schon der Titel grenzt an Zynismus, denn die im Gesetzentwurf enthaltenen Maßnahmen sind alles andere als nachhaltig und sozial ausgewogen. Sie sind ein Schlag ins Gesicht der Versicherten in der Gesetzlichen Krankenversicherung, so die Ministerin.
Der Entwurf sehe letztlich die Einführung einer unsozialen Kopfpauschale vor, erklärte die Ministerin. Damit wird Axt an die solidarische Finanzierung der Krankenversicherung gelegt. Zukünftige Kostensteigerungen müssen allein die Versicherten tragen. Diese Belastungen werden über die Jahre dramatisch steigen. Die im Entwurf für die kommenden zwei Jahre vorgesehenen schlichten Kostendämpfungsmaßnahmen helfen da auch nicht weiter, zumal strukturelle Maßnahmen fehlen. Die Sparmaßnahmen gehen unter anderem zu Lasten der Versorgung in den Krankenhäusern und werden auch nicht ohne Folgen für die hausärztliche Versorgung bleiben, so Malu Dreyer.
Der vorgesehene Sozialausgleich werde seinem Namen nicht gerecht. Bis dieser wirksam werde, müssten die Versicherten erst einmal bis zu zwei Prozent ihres Einkommens aus eigener Tasche tragen und als Kopfpauschale an die Krankenversicherung abführen. Vor allem Geringverdiener werden damit geschröpft. Sie zahlen im Verhältnis zu ihrem Einkommen zukünftig einen deutlich höheren Beitrag an die Krankenkassen als Gutverdiener. Das ist zutiefst ungerecht, so Malu Dreyer. Zugleich sei der Sozialausgleich alles andere als einfach zu handhaben. Der Ausgleich führe trotz gegenteiliger Beteuerungen des Bundesgesundheitsministers zu einem hohen bürokratischen Aufwand für Arbeitgeber, Krankenkassen und in vielen Fällen auch für die Versicherten. Außerdem sei die Finanzierung des so genannten Sozialausgleichs, für den von Jahr zu Jahr mehr Mittel bereitgestellt werden müssten, vollkommen unklar. Offensichtlich sei es Absicht der Bundesregierung, mit diesem Blindflug das System an die Wand zu fahren.
Zugleich zeige sich, dass die Klientelpolitik der Bundesregierung nahtlos fortgesetzt werde. So würden die Wünsche der privaten Krankenversicherung zum Beispiel durch die erleichterten Wechselmöglichkeiten von Gutverdienern in die private Krankenversicherung erfüllt. Dieser Schritt gehe zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung und der dort versicherten Bürgerinnen und Bürger und führe zu einer Entsolidarisierung. Wir brauchen aber nicht weniger, sondern mehr Solidarität, so Malu Dreyer. Die strikte Trennung zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung ist zwar tatsächlich historisch gewachsen, was oft als Erklärung für den Fortbestand dient, sie hat aber keine Zukunft und gehört abgeschafft. Nur eine Bürgerversicherung sorgt für eine gerechte Lastenverteilung und sichert damit das solidarische Krankenversicherungssystem für die Zukunft, sagte die Ministerin.