Bonn – Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) richtet sieben neue Graduiertenkollegs ein. Mit ihnen erhalten Doktorandinnen und Doktoranden weitere Möglichkeiten, auf hohem fachlichen Niveau zu promovieren. In einem strukturierten Forschungsprogramm befassen sie sich in den verschiedenen Graduiertenkollegs unter anderem mit Aidsforschung, Sozialordnungen im internationalen Vergleich oder Produktionsoptimierung. Weitere Themen sind die semantische Integration von Geoinformationen sowie die Verbesserung des Zusammenspiels elektrischer Implantate mit dem menschlichen Körper. Vier der neuen Einrichtungen sind Internationale Graduiertenkollegs, in denen die Geförderten direkt mit ausländischen Forschungspartnern zusammenarbeiten.
Die Einrichtung der neuen Graduiertenkollegs wurde vom zuständigen Bewilligungsausschuss auf seiner Frühjahrssitzung in Bonn beschlossen. Die sieben Einrichtungen nehmen ihre Arbeit im Laufe des Jahres 2008 beziehungsweise Anfang 2009 auf. Sie werden zunächst für viereinhalb Jahre mit insgesamt 21,6 Millionen Euro gefördert. Vier von ihnen sind Internationale Graduiertenkollegs, die von ausländischen Forschungspartnern mitfinanziert werden.
Zusätzlich zu den sieben Neueinrichtungen stimmte der Bewilligungsausschuss auch der Verlängerung von sieben Graduiertenkollegs für eine weitere Periode zu. Damit fördert die DFG nun insgesamt 248 Graduiertenkollegs, darunter 56 Internationale Kollegs.
Der Bewilligungsausschuss beschloss zudem wichtige Neuerungen für Antragsteller: Ab sofort fallen die Fristen für Einrichtungsanträge weg. Somit wird ebenso wie bei den Antragsskizzen, der ersten Stufe des Verfahrens, auch in der zweiten Stufe die Antragstellung für ein Graduiertenkolleg nun jederzeit möglich. Außerdem können Hochschulen künftig auch die sogenannten Koordinationsmittel für die allgemeine Organisation nach eigenem Ermessen beantragen.
Die neuen Graduiertenkollegs im Einzelnen (in alphabetischer Reihenfolge der Sprecherhochschulen):
Wie kann Produktentwicklung vom virtuellen Prototypen bis zum fertigen Serienmodell möglichst schnell und kostengünstig umgesetzt werden? Insbesondere für die Automobilzulieferindustrie stellt diese Optimierung des Produktionsanlaufs eine besondere Herausforderung dar. Das Graduiertenkolleg Anlaufmanagement verfolgt das Ziel, bisherige entscheidungstheoretische Defizite im Umgang mit dem Produktionsanlauf mittels eines interdisziplinären Entscheidungsmodells zu beseitigen. Dieses soll als Grundlage der wissenschaftlichen Expertise der Doktorandinnen und Doktoranden in den Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften dienen. Zugleich hilft das Entscheidungsmodell Unternehmen bei der Orientierung. (Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen; Sprecher: Professor Dr.-Ing. Robert Schmitt)
Herz- und Gefäßerkrankungen betreffen immer mehr Menschen und haben damit auch zunehmend Auswirkungen auf die Gesundheitsökonomie. Das Internationale Graduiertenkolleg Arterielle Umbauprozesse konzentriert sich vor diesem Hintergrund auf die biologischen und physiologischen Ursachen solcher Erkrankungen. Themen sind unter anderem Arteriosklerose und andere arterielle Umbauprozesse sowie damit verbundene Begleiterscheinungen wie Entzündungen. Neue zelluläre und molekulare Zielstrukturen sollen identifiziert und damit neue Ansätze für eine interdisziplinäre Gefäßforschung entwickelt werden. Die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen sucht hierbei gemeinsam mit ihrem Euregio-Nachbarn, der University of Maastricht, nach neuen Erkenntnissen. (Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen; Sprecher: Professor Dr. Christian Weber; Kooperationspartner: University of Maastricht, Niederlande)
Die Simulation von Produktionsprozessen ist für die heutige Wirtschaft essenziell. Simulationen einzelner Prozessschritte der Fertigung gibt es längst, neuartig hingegen ist die Simulation einer Verknüpfung solcher Schritte zu ganzen Prozessketten. Das Graduiertenkolleg Prozessketten in der Fertigung Wechselwirkung, Modellbildung und Bewertung von Prozesszonen widmet sich diesen Aufgaben während der nächsten viereinhalb Jahre. Das Graduiertenkolleg ist im interdisziplinären Forschungs- und Entwicklungsfeld Computational Engineering Werkstoffwissenschaft Produktionstechnik” angesiedelt und soll Doktorandinnen und Doktoranden ermöglichen, mit ihrer Forschung langfristig Produktionsprozesse zu optimieren. Dabei bündelt es die technischen und fachlichen Stärken von Universität und Fachhochschule. Als bislang erst zweite Fachhochschule ist die Hochschule Karlsruhe Technik und Wirtschaft an einem Graduiertenkolleg beteiligt. (Universität Karlsruhe, Sprecherin: Professor Dr. Britta Nestler)
Mit innovativem Einsatz der Mehrebenenanalyse arbeitet das Graduiertenkolleg Sozialordnungen und Lebenschancen im internationalen Vergleich. Viele internationale Vergleiche in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften betrachten meistens entweder Personen innerhalb mehrerer Länder oder aber globale Kennziffern für Länder. Da diese Vorgehensweisen jedoch unterschiedliche Probleme aufwerfen, will das geplante Graduiertenkolleg beide Ansätze neuartig verbinden. Betrachtet wird der Einfluss von Lebenschancen auf Einstellungen und Handlungen natürlicher und korporativer Akteure im Rahmen der Sozialordnung der Politik, der Wirtschaft, der Zivilgesellschaft und der Kultur von Ländern. (Universität zu Köln; Sprecher: Professor Dr. Heiner Meulemann)
Das Internationale Graduiertenkolleg Semantische Integration raumbezogener Information richtet seinen Blick auf Probleme, die entstehen, wenn Geoinformationen von Quellen verschiedenen Alters und Kultur integriert werden, um Entscheidungen für die menschliche Umwelt zu erörtern und zu untermauern. Die Westfälische Wilhelms-Universität Münster und die Universität Bremen wollen gemeinsam mit der University at Buffalo und der State University of New York rechenintensiv lenkbare Lösungen zu diesen Problemen semantischer Integration finden. Dazu kooperieren neun Studiengänge fachübergreifend, um den Fortschritt bei semantischer Modellierung, Informationsbeschaffung und semantischer Übersetzung zu beschleunigen sowie Systeme für Informationsverarbeitung zu entwickeln. (Westfälische Wilhelms-Universität Münster; Sprecher: Professor Dr. Werner Kuhn; Universität Bremen; Kooperationspartner: University at Buffalo, USA, The State University of New York, USA)
Technische Systeme zur Unterstützung von Körperfunktionen, die durch Krankheit, Unfall oder Alter eingeschränkt sind, werden bereits erfolgreich eingesetzt. Im Graduiertenkolleg Analyse und Simulation elektrischer Wechselwirkungen zwischen Implantaten und Biosystemen stehen die Zielstellungen verbesserter Funktion, höherer Verträglichkeit und längerer Haltbarkeit von Implantaten im Mittelpunkt des Forschungsprogramms. Besonders wichtig ist ein möglichst tiefgehendes Verständnis der Prozesse an der Grenzfläche zwischen Implantat und dem umgebenden Gewebe. Medizin, Biologie, Informatik und Elektrotechnik arbeiten in diesem Graduiertenkolleg Hand in Hand. (Universität Rostock; Sprecherin: Professor Dr. Ursula van Rienen)
Im Kampf gegen tödliche Infektionskrankheiten arbeiten Würzburg und Südafrika in den nächsten viereinhalb Jahren intensiv zusammen. Das Internationale Graduiertenkolleg HIV/AIDS und assoziierte Infektionserkrankungen im südlichen Afrika ermöglicht fruchtbare Synergien der beiden in biomedizinischer Forschung hochkarätigen Partner. Das Programm erlaubt die Arbeit mit klinischem Material und Analysemethoden in wechselseitiger Ergänzung der Kompetenzen beider Partner. Junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden zudem sowohl in der Grundlagenforschung als auch in der medizinisch-klinischen Forschung an wichtigen Infektionskrankheiten ausgebildet. (Julius-Maximilians-Universität Würzburg; Sprecher: Professor Dr. Axel Rethwilm; Kooperationspartner: University of Cape Town, Südafrika; University of Stellenbosch, Südafrika)
Weiterführende Informationen
Ansprechpartnerin in der DFG-Geschäftsstelle ist
Dr. Annette Schmidtmann, Leiterin der Gruppe Graduiertenschulen, Graduiertenkollegs, Nachwuchsförderung, Tel. +49 228 885-2424, Annette.Schmidtmann@dfg.de. Mehr zu den Graduiertenkollegs unter http://www.dfg.de