Heidelberg – Beim Internationalen Krebsgenomprojekt wird das komplette Erbgut von Tausenden Krebspatienten analysiert. Dabei fallen enorme Datenmengen an. Um die für die Krebsentstehung und -therapie entscheidenden Genabschnitte zu finden, bedarf es intelligenter IT-Systeme. Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg und IBM haben heute auf der CeBIT 2011 einen strategischen Rahmenvertrag unterzeichnet. Ziel der Vereinbarung ist es, die Sequenzdaten für die Krebsmedizin nutzbar zu machen.
“In den nächsten Jahren wird die Sequenzierung von Krebsgenomen erhebliche Mengen an Daten hervorbringen. Das wird die Diagnose und die Therapie von Krebspatienten grundlegend verbessern”, sagt Professor Otmar D. Wiestler, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Krebsforschungszentrums. “Doch um die Erkenntnisse aus der enormen Datenflut auch wirklich nutzen zu können, benötigen wir eine intelligente Informationstechnologie. Sie hilft uns dabei, die wirklich entscheidenden Abschnitte zu erkennen und zu verwerten. Mit IBM haben wir einen idealen Partner für diese große Aufgabe gefunden.”
Krebs ist eine Krankheit der Gene. In jeder Krebszelle sind im Vergleich zu gesunden Zellen viele Gene verändert. Doch es sind keineswegs immer dieselben Gene mutiert, sie unterscheiden sich von Krebsart zu Krebsart und sogar von Patient zu Patient. Doch welche Mutationen wirklich entscheidend zum Krebsgeschehen beitragen und welche eher zufällig sind, ist vielfach noch nicht erforscht. Das internationale Krebsgenomprojekt soll genau dies herausfinden: Bei 50 Krebsarten wird das Erbgut von jeweils 500 Krebspatienten Buchstabe für Buchstabe entschlüsselt. Pro Erbgut fallen dabei 2,4 Terabyte an, 2400 Gigabyte. Zum Vergleich: Ein handelsüblicher Laptop hat derzeit etwa 100 Gigabyte Speicherplatz.
Das Deutsche Krebsforschungszentrum ist an drei Projekten des “International Cancer Genome Consortium” (ICGC) beteiligt: Es koordiniert den “PedBrain-Verbund”, der das Erbgut kindlicher Hirntumoren analysiert, sowie die Erforschung der genetischen Ursachen von Prostatakrebs bei jüngeren Patienten und ist Partner im deutschen ICGC-Verbund zur Analyse bösartiger Lymphome.
Der Rahmenvertrag zwischen dem Deutschen Krebsforschungszentrum und IBM umfasst drei Aspekte des Umgangs mit den riesigen Datenmengen.
1)Zum einen sollen die Daten komprimiert werden, ähnlich wie bei MP3 Files in der Musikbranche. Dazu sollen neue Strategien entwickelt werden, die speziell für Genomdaten zugeschnitten sind. 2)Zweitens suchen die Partner nach Lösungen, um die riesigen Datenmengen aus den Speichern in die Rechner zu transferieren und miteinander zu vergleichen, etwa um häufig veränderte Gene zu identifizieren. 3)Schließlich ist es das Ziel der Genomanalyse, die Ergebnisse für maßgeschneiderte Krebstherapien zu nutzen. Dazu müssen Verfahren entwickelt werden, die Genomdaten mit klinischen Parametern wie dem Fortschreiten der Erkrankung oder dem Ansprechen auf zielgerichtete Medikamente abzugleichen. Eine effiziente Verarbeitung der Daten, die Watson-Technologie, soll dafür sorgen, dass Krebsmediziner die zunächst unstrukturierten Forschungsdaten für therapeutische Entscheidungen verwenden können.
Alle Daten der deutschen ICGC-Projekte laufen bei Professor Roland Eils zusammen, der am Deutschen Krebsforschungszentrum die Abteilung Theoretische Bioinformatik leitet. Professor Eils baut dazu am BioQuant-Zentrum der Universität Heidelberg eine der weltweit größten Datenspeichereinheiten für die Lebenswissenschaften auf. Die Kollegen rechnen damit, für die Speicherung der Genomsequenzen Datenspeicher im Umfang von sechs Petabyte in Betrieb zu nehmen.
Ein Bild zur Vertragsunterzeichnung steht im Internet zur Verfügung unter: http://www.dkfz.de
Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 2.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Ansätze, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Daneben klären die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs auf. Das Zentrum wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren.
Diese Pressemitteilung ist abrufbar unter http://www.dkfz.de