Berlin – Ärzt*innen im vertragsärztlichen und im stationären Sektor sollten endlich die Möglichkeit haben, im Interesse und zum Wohl ihrer Patient:innen zusammenzuarbeiten. „Was aus der Perspektive von Patient:innen und aus dem ärztlichem Selbstverständnis heraus eine Selbstverständlichkeit sein sollte, ist es aus Sicht der Gesundheitspolitik und der Kostenträger allerdings noch lange nicht“, mahnt Dr. Christian Deindl, Präsident des Bundesverbands Ambulantes Operieren (BAO). Seit Jahrzehnten wird eine Sektorengrenze zwischen Praxen und Kliniken kostenintensiv aufrechterhalten. „Und statt sie endlich abzubauen, wird sie von Reformgesetz zu Reformgesetz noch ein Stück weit mehr hochgezogen. Gegenteilige Aussagen sind bloße politisches Lippenbekenntnisse. Diesen Luxus, das eine zu sagen und das andere zu lassen, sollte sich grundsätzlich keine Gesellschaft leisten!“, so Dr. Deindl.
In Zeiten des wachsenden Fachkräftemangels – insbesondere im Gesundheitswesen – wird hieraus eine konkrete Existenzbedrohung. Um Fehler und Versäumnisse aus der Vergangenheit zu korrigieren und in der Gegenwart tunlichst zu unterlassen, bedarf es nach Einschätzung des BAO über Parteigrenzen hinweg Weitsicht und Einsicht, „eine leider nicht selbstverständliche Kombination“, meint der BAO-Präsident und ergänzt: „Ideologische Scheuklappen und der eigenen Sozialisation geschuldete Vorurteile sind immer schon Gift für demokratische Gesellschaftsformen und der Nährboden für Krisen. Man kann sich nicht des Eindruckes erwehren, dass nach fast einem Jahr Stillstand das Jahr 2022 sich zu Ende neigt und nun politisches Handeln von Hektik und Torschlusspanik begleitet wird.“
Dabei liegen drei perfekt ausgearbeitete, sich inhaltlich und in ihrer Praktikabilität ergänzende Expertisen vor, deren Empfehlungen und vorgeschlagenen Lösungsansätze es nur umzusetzen gilt:
- ein vom Bundesgesundheitsministerium in Auftrag gegebenes und bereits im März 2021 veröffentlichtes Gutachten des Hamburg Center for Health Economics zur Identifizierung einer initialen Auswahl von Leistungsbereichen für eine sektorengleiche Vergütung,
- das im Frühjahr 2022 vorgelegte IGES-Gutachten zur Ambulantisierung und zum Ambulanten Operieren nach § 1115b SGB V
- und schließlich das erst im September 2022 publizierte und durch den G-BA-Innovationsfonds geförderte Projekt zur einheitlichen, sektorengleichen Vergütung.
Dr. Deindl erklärt: „Bürger*innen haben diese unabhängigen Expertengutachten für ein besser koordiniertes und bezahlbares, weil endlich sektorenfreies Gesundheitssystem, mit ihren Steuern finanziert. Sie haben ein Anrecht darauf, dass dieses Expertenwissen Eingang in politische Entscheidungsprozesse findet und nicht durch nachgeschobene pseudowissenschaftliche Auftragsarbeiten hintergangen wird.“ Für den BAO ist die Zeit überreif für verantwortungsvolle Schritte, die Ärzt*innen in Praxen und Kliniken endlich erlauben, im Interesse und zum Wohl ihrer Patient*innen zusammenzuarbeiten: „Es fehlt nur noch der politische Startschuss“, betont der BAO-Präsident.
Der BAO vertritt mit den assoziierten Verbänden der Zukunftsgruppe Ambulantes Operieren 2022 zirka 3.000 Fachärzt*innen.