Frechen – Gespräch zwischen IAAF und Markus Rehm: DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher und Vizepräsident Dr. Karl Quade sehen den Leichtathletik-Weltverband weiter in der Pflicht und fordern erneut die Abschaffung der aktuellen Regel 144.3 d
Am vergangenen Freitag hat zwischen dem Internationalen Leichtathletik-Verband (IAAF) und dem unterschenkelamputierten Weitspringer Markus Rehm ein Treffen in Monaco stattgefunden. Das Gespräch, das von beiden Seiten als konstruktiv und positiv bezeichnet wurde, hatte ergeben, dass Markus Rehm einen Start bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro nicht mehr anstreben wird. Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes, und Vizepräsident Leistungssport Dr. Karl Quade erklären dazu:
„Wir respektieren die Entscheidung von Markus Rehm, dass er eine Teilnahme an den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro nicht weiter verfolgen wird. Dass es endlich ein gemeinsames Treffen zwischen der IAAF und dem Athleten gegeben hat, begrüßen wir – es war längst überfällig. Daher kritisieren wir auch, dass dieses Gespräch nicht schon vor Monaten stattgefunden hat und sich der Leichtathletik-Weltverband lange vor einer seriösen Auseinandersetzung mit der Angelegenheit gedrückt und damit in Kauf genommen hat, dass es mit den Meldefristen zur Nominierung praktisch unmöglich geworden ist. Anstatt eine gemeinsame Lösung anzustreben und beim Versuch einer wissenschaftlichen Antwort auf die Frage, ob Markus Rehm beim Weitsprung einen Vor- oder Nachteil gegenüber Weitspringern ohne Behinderung hat, miteinander zu kooperieren, hat der IAAF hohe Hürden aufgebaut. Diese Hürden, und damit besonders die Regel 144.3 d in der vorliegenden Form, gehören aus dem Weg geräumt, wenn man sich künftig glaubhaft und konstruktiv mit einem möglichen Start von Athleten mit Behinderung bei Wettkämpfen von Athleten ohne Behinderung auseinandersetzen möchte.
Wir fordern erneut die Abschaffung der Regel 144.3 d in der vorliegenden Form, wonach Leichtathleten mit „mechanischer Hilfe“ von einer Teilnahme bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaft ausgeschlossen werden, sofern sie nicht nachweisen können, dass ihnen diese „mechanische Hilfe“ keinen Vorteil verschafft – nicht nur mit Blick auf Markus Rehm. Vielmehr geht es um Sportlerinnen und Sportler mit ,mechanischen Hilfen‘ auch in anderen Disziplinen und auf internationaler Ebene. Dies werden auch künftig mit großer Wahrscheinlichkeit immer nur Einzelfälle bleiben. Einerseits können nur absolute Ausnahmeathleten in den Bereich von Sportlern ohne Handicap gelangen, andererseits sind solche Leistungen mit einer Vielzahl der verschiedenen Behinderungen schlichtweg nicht möglich. So kann beispielsweise ein oberschenkelamputierter Weitspringer längst nicht die Weiten eines unterschenkelamputierten Athleten erzielen. Dass Markus Rehm von der IAAF in die Arbeitsgruppe berufen wurde, ist ein Fortschritt.
Die Paralympischen Spiele als das große Highlight für unsere Sportlerinnen und Sportler verlieren durch solche Diskussionen keineswegs an Bedeutung und Strahlkraft. Das Gegenteil ist der Fall. Je mehr die Öffentlichkeit mit den faszinierenden und beeindruckenden Leistungen von Menschen mit Behinderung konfrontiert wird, desto größer werden auch die Aufmerksamkeit und das Interesse für den Behindertensport insgesamt. Die paralympische Bewegung kann von ihren Aushängeschildern nur profitieren.
Unerlässlich ist ein gerechter und fairer Umgang miteinander – sowohl hinsichtlich der Athletinnen und Athleten mit als auch ohne Behinderung. Dabei kommt es künftig auch auf die Sportwissenschaft an sowie auf eine konstruktive Kooperation der Verbände. Ein erster, kleiner Schritt der Annäherung ist gemacht worden – endlich. Weitere müssen nun folgen.“