Berlin – Der Beschluss der Bundesregierung und der Regierungschefs der Länder vom 12. März 2020 schränkt die Regelversorgung in den Krankenhäusern stark ein. Der Fokus der Krankenhäuser liegt nun darauf, sich auf die Behandlung von Patienten mit einer Corona-Virus-Infektion vorzubereiten und die dafür erforderlichen Intensiv- und Beatmungskapazitäten zu schaffen. Planbare Operationen und andere nicht dringend notwendige Behandlungen sollen bis auf Weiteres nicht durchgeführt werden. Der wirtschaftliche Schaden durch diese Einschränkungen geht für die Krankenhäuser mit dem sofortigen Wegfall von Erlösen aus Wahlleistungen, ambulanten Leistungen und Nutzungsentgelten der Ärzte einher. Eine Modellrechnung verschiedener Mitgliedskrankenhäuser des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbandes (DEKV) zeigt die finanziellen Folgen für die Krankenhäuser auf: Fallen nur 25 Prozent der nicht dringend behandlungsbedürftigen Patienten weg, bedeutet dies einen Ausfall von rund 10 Prozent der Erlöse. Dem gegenüber stehen Kosteneinsparungen von nur 2 bis 3 Prozent. Für ein Krankenhaus mit ca. 300 bis 400 Betten mit einem Jahresumsatz von rund 80 Millionen Euro bedeutet dies einen Verlust von rund 500.000 Euro im Monat beziehungsweise von 6 Millionen Euro im Jahr. Bei einem Rückgang der nicht dringend behandlungsbedürftigen Patienten um 50 Prozent ergibt sich ein jährlicher Verlust von 12 Millionen Euro.
„Dieser Erlösausfall trifft viele Krankenhäuser in einer bereits wirtschaftlich geschwächten Position. Die Mehrbelastungen durch Kostensenkungen an anderer Stelle aufzufangen, ist nicht möglich, da die Krankenhäuser die Versorgung der Patientinnen und Patienten sicherstellen und ihren Versorgungsauftrag erfüllen wollen. Voraussetzung dafür ist es, die Liquidität der Krankenhäuser sicherzustellen. Ein Wegbrechen von Krankenhauskapazitäten aufgrund von Liquiditätsschwierigkeiten würde die Bewältigung der Corona-Pandemie erheblich erschweren. Die Diakonie Deutschland und der DEKV fordern zur Liquiditätssicherung und zur wirtschaftlichen Sicherung ein Corona-Sofortprogramm für die Krankenhäuser und Rehakliniken. Die wesentlichen Kernpunkte haben wir in vier Forderungen zusammengestellt“, erklärt Christoph Radbruch, Vorstandsvorsitzender des DEKV.
Forderungen der Diakonie Deutschland und des DEKV zur Liquiditätsstützung und zur Sicherung der wirtschaftlichen Ergebnisse für die Krankenhäuser und Rehakliniken:
1. Zahlungsfrist für Krankenhausrechnungen gesetzlich auf drei Tage verkürzen
Um die Liquidität der Krankenhäuser und Rehakliniken in der aktuellen Situation kurzfristig sicherzustellen, wird das Zahlungsziel für Krankenhausrechnungen ab sofort bis auf Weiteres auf drei Kalendertage festgelegt. Die Gesetzlichen Krankenkassen werden verpflichtet, die Rechnungen in dieser Frist an das Krankenhaus zu zahlen. Bisher sind in den Landesverträgen nach § 112 SGBV unterschiedliche Zahlungsfristen von bis zu 30 Tagen geregelt. In der jetzigen Lage muss ein schnellerer Zahlungsfluss gewährleistet werden, damit die Zahlungsfähigkeit der Krankenhäuser sichergestellt wird.
2. Erhöhung des übergangsweisen Pflegeentgeltwertes in 2020
Das Pflegebudget wird durch den übergangsweise festgelegten krankenhausindividuellen Pflegeentgeltwert in Höhe von 146,55 Euro für das Jahr 2020 berechnet. Um die Liquidität der Krankenhäuser in der Corona-Krise (geringere Belegung der Krankenhäuser, um freie Kapazitäten zu schaffen) zu sichern muss der Übergangsbetrag gemäß § 15 Abs. 2a KHEntgG auf 200 Euro erhöht werden.
3. Aussetzen von MDK-Prüfungen
In der jetzigen Krisensituation müssen die Krankenhäuser von den sehr zeitaufwändigen MDK-Prüfungen entlastet und das MDK-Reformgesetz bis auf Weiteres ausgesetzt werden. Für April/Mai 2020 werden mehrere Zehntausend MDK-Anfragen in den evangelischen Krankenhäusern eintreffen, die enormen Bearbeitungsaufwand bei medizinischem und pflegerischem Personal nach sich ziehen werden. Diese Mitarbeitenden stünden dann nicht für die Corona-bedingte Patientenversorgung zur Verfügung.
4. Wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser
Neben den vorgenannten kurzfristigen Liquiditätsthemen zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit der Krankenhäuser und zusätzlichen administrativen Belastungen muss zeitnah auch die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser in dieser Krisensituation stehen. Hilfreich wäre eine Garantie der durch die Häuser vereinbarten Budgeterlöse von 2019 (bereinigt um das Pflegebudget) inklusive Steigerungsraten. Die zusätzlichen Corona-bedingten Kosten sind den Häusern gesondert zu erstatten.
Um die sonstigen Erlösausfälle (z.B. ambulante Erlöse, Wahlleistungserlöse etc.), die den Krankenhäusern durch diese außergewöhnliche Lage entstehen, auszugleichen, sollte der mit dem Faire-Kassenwahl-Gesetz eingeführte Rechnungszuschlag von 0,42 % auf 2 % erhöht werden.
„Die evangelischen Krankenhäuser und die Diakonie Deutschland setzen auf die Zusage von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, dass die Bundesregierung durch gesetzliche Maßnahmen zügig sicherstellen wird, dass die durch die Krise entstehenden wirtschaftlichen Folgen für die Krankenhäuser ausgeglichen werden und kein Krankenhaus dadurch ins Defizit kommt. Bei unseren Forderungen ist es uns wichtig hervorzuheben, dass es den evangelischen Krankenhäusern, der Diakonie Deutschland und dem DEKV e.V. um die Sicherstellung der Versorgung unserer Patientinnen und Patienten und die Erfüllung unseres Versorgungsauftrags in diesen außergewöhnlichen Zeiten der Corona-Krise geht und nicht um eine Bereicherung zu Lasten der Solidargemeinschaft“, betont Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik Diakonie Deutschland.
Der Deutsche Evangelische Krankenhausverband e.V. (DEKV) vertritt mit 201 evangelischen Kliniken an über 270 Standorten jedes achte deutsche Krankenhaus. Die evangelischen Krankenhäuser versorgen jährlich mehr als 2,5 Mio. Patientinnen und Patienten stationär und mehr als 3 Mio. ambulant. Mit über 120.000 Beschäftigten und einem Umsatz von 10 Mrd. € sind sie ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Der DEKV ist Branchenverband der evangelischen Krankenhäuser und Mitglied im Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. Der DEKV setzt sich insbesondere für eine zukunftsorientierte und innovative Krankenhauspolitik mit Trägervielfalt, verlässliche Rahmenbedingungen für die Krankenhausfinanzierung, eine Modernisierung der Gesundheitsberufe und für eine zukunftsorientierte konsequente Patientenorientierung in der Versorgung ein.
Vorsitzender: Vorsteher Christoph Radbruch, Magdeburg, stellvertr. Vorsitzende: Andrea Trenner, Berlin, Schatzmeister: Dr. Holger Stiller, Düsseldorf, Verbandsdirektorin: Melanie Kanzler, Berlin.